Emotion oder Information?

Warum Emotionen in der Kommunikation so wichtig sind

Angenommen Sie brauchen einen Staubsauger. Vielleicht haben Sie sich schon einen ausgeguckt, der einen soliden Eindruck macht und zu Ihren Anforderungen passt. Bevor Sie ihn bestellen, werden Sie aber weitere Informationen einholen.
Das machen heute fast alle Käufer. Sie durchsuchen das Internet, sie vergleichen Preise, technische Daten und Lieferbedingungen – und entscheiden sich in den meisten Fällen doch für das erste Angebot. Die Recherche war notwendig, um das spontane Gefühl mit objektiven Argumenten zu untermauern. Denn jeder Käufer möchte Fehler vermeiden. Allerdings dauert der Entscheidungsprozess dadurch deutlich länger, als wenn dem Bauchgefühl sofort gefolgt worden wäre.
Wir leben heute angeblich im Informationszeitalter, dabei waren Informationen noch nie so unwichtig wie heute. Sie werden nur als Vorwand benutzt, um emotionale Entscheidungen zu begründen.
Denn täglich strömen eher zu viele, als zu wenige Informationen auf die Menschen ein. Was verloren geht, ist das Miteinander im Alltag – und das Mitgefühl.
Früher lud man potentielle Geschäftspartner ins Unternehmen ein, ging mit ihnen essen, lernte sie kennen. Man holte ein paar Empfehlungen ein, und traf am Ende, aus dem Bauch heraus, eine Entscheidung. Diese Zeiten habe ich selbst noch miterlebt. Inzwischen haben sich die Gebräuche im Geschäftsleben stark verändert. Viele Konzerne verbitten sich von vornherein den Vertreterbesuch. Mittelständler akzeptieren diese Form der Akquise noch, begrenzen sie aber auf einige wenige Besuche pro Jahr. Der Grund ist ganz einfach: Die Zeit wird immer knapper.
Eine der Konsequenzen, die ich daraus ziehe: Ich muss versuchen, die Emotionen auch über verschiedene andere Kanäle zu transportieren. Das ist eine echte Herausforderungen – oder haben Sie schon einmal eine einfühlsame Twitter-Nachricht erhalten?
Für den Verkäufer heißt es, dass es reicht, wenn er seine Kunden zwei oder drei Mal im Jahr besucht. Würden alle Vertreter darauf bestehen, jeden Monat bei ihren Kunden vorbeizuschauen, hätten diese gar keine Zeit mehr. Und das wäre reichlich kontraproduktiv. Denn der Kunde würde sofort auf die Informationsstrategie umschwenken: Statt sich emotional auf die Vertreter einzulassen, würde er im stillen Kämmerlein selbst nach Informationen suchen und lediglich auf deren Basis entscheiden. Und das wäre für die Vertreter ein herber Verlust.

Informationen sind alles, Gefühle nichts

Wer Gefühle als Basis für Entscheidungen anführt, gilt heutzutage schnell als „Weichei“. Deshalb glauben immer mehr Menschen, sich nicht auf ihre Gefühle verlassen zu dürfen. Die neuen technischen Möglichkeiten machen eine Fülle an Informationen verfügbar und befördern dadurch den Trend, Informationen als Entscheidungsgrundlage zu vertrauen.
Früher engagierte man den Handwerker vor Ort aufgrund seines guten Rufs. Heute beauftragt kaum jemand einen Handwerker, ohne sich mehrere Angebote einzuholen. Vertrauen oder eine jahrelange Kundenbeziehung zählen nicht. Wer sich bei der Vergabe eines Auftrags allein darauf bezieht, wird für verrückt gehalten.
Wenn ein unbekannter Handwerker 20 Prozent billiger anbietet als mein angestammter Dienstleister, werde ich denken, dass mich der Handwerker vor Ort bisher über den Tisch gezogen hat, auch wenn mir der günstigere Anbieter völlig unbekannt ist. Dieses Denken setzt eine Spirale in Gang: Man beginnt, sich immer mehr auf Informationen zu verlassen und immer weniger auf seine Gefühle.

Den Kunden emotional abholen

Wer die Preise nicht vergleicht, dem fällt es schwer, einen Auftrag zu vergeben. Das mag erschreckend klingen, birgt für Verkäufer aber auch eine Chance: Wenn er sich dieses Entscheidungsmechanismus bewusst ist, kann er seine Kunden emotional abholen – und zwar genau an dem Punkt, wo sie stehen.
Eines Tages lud mich ein Kunde ein, wies auf einen Haufen Angebote auf seinem Schreibtisch und sagte: „Herr Nabenhauer, Sie sind leider der Zweitteuerste.“
Warum hat er mich eingeladen? Um mir mitzuteilen, dass ich der zweitteuerste Anbieter bin? Sicher nicht. Im Grunde war der Kunde hilflos. Er wollte mit mir Geschäfte machen, sah aber keine Möglichkeit dazu, weil er Informationen eingeholt hatte, die bewiesen, dass ich ihm ungünstige Konditionen anbot.
Ich wies ihn daraufhin ganz direkt auf sein widersprüchliches Verhalten hin, um ihm dies bewusst zu machen: „Warum laden Sie mich dann ein?“
Der Kunde war in seinen Emotionen gefangen. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich den günstigsten Anbieter beauftragen sollte. Würde dieser Qualität liefern? Waren die Angebote wirklich vergleichbar? Manche Anbieter versprechen vor dem Auftrag das Blaue vom Himmel, schränken aber nachher ihre Leistungen ein. Der Kunde stand vor einem Dilemma.
Nun ging es darum, ihn zu überzeugen, dass es okay wäre, wenn er seinem Wunsch folgen würde: nämlich bei seinem Stammlieferanten, also bei mir, zu kaufen. Völlig falsch wäre es gewesen, jetzt mit Informationen zu argumentieren, etwa mit der technischen Ausstattung oder ähnlichem. Stattdessen stellte ich mich emotional an die Seite des Kunden und baute ihm eine Goldene Brücke: „Lassen Sie uns die Sache mal gemeinsam betrachten. Worauf kommt es Ihnen bei diesem Auftrag am meisten an?“
Ich identifizierte mich mit der Position des Kunden und es gelang mir, den Auftrag zu erhalten, obwohl ich einer der teuersten Anbieter war.
In einem anderen Fall konnte ich mich der Preisargumentation des Kunden nicht verschließen. Als er mir sagte: „Sie sind zehn Prozent teurer als Ihr Mitbewerber“, räumte ich ein: „Ja, es ist uns nicht gelungen, die Preise zu drücken. In dieser Situation rate ich Ihnen, beim Mitbewerber zu kaufen.“ Auch damit hatte ich den Kunden auf meiner Seite. Statt mich seinem Argument zu verschließen, bin ich emotional auf ihn eingegangen. In einer späteren Situation wird er sich daran erinnern und wieder auf mich zukommen: „Herr Nabenhauer, Sie haben mir doch damals einen uneigennützigen Rat gegeben. Der war genau richtig. Heute aber habe ich einen Auftrag, der mir gut zu Ihrem Angebot zu passen scheint…“

Bewertungen als emotionale Entscheidungshilfe

Es gab Jahre, in denen es schick war, den kühlen Geschäftspartner zu spielen. Man versuchte, ohne Emotionen im Geschäftsleben auszukommen, bis man merkte, dass man damit nicht glücklich wurde.
Heute ist die Bedeutung persönlicher Kontakte und der Emotionen, die damit verbunden sind, so groß wie eh und je: Niemand würde eine Stelle besetzen, ohne den Bewerber persönlich kennenzulernen. Niemand würde einen Millionenauftrag vergeben, ohne den Geschäftspartner vorher zu Gesicht zu bekommen.
Allerdings tendiert die Geschäftswelt verstärkt zu einem Weg in der Mitte. Man weiß, an wen man einen Auftrag vergeben möchte, holt aber dennoch Vergleichsangebote ein. Das Pendel wird vermutlich in beide Richtungen noch einmal stark ausschlagen: Ein Teil der Marktteilnehmer werden in den optimierten Suchmaschinen der Zukunft noch mehr Informationen einholen. Ein anderer Teil wird sich in Zeiten der Globalisierung, in der weltweit ähnliche Produkte zu vergleichbaren Preisen und annähernd der gleichen Qualität auf dem Markt sind, bei seinen Entscheidungen auf die Emotionen stützen.
Dabei geht es meist um ganz banale Entscheidungen. Ich zum Beispiel weiß nicht, welches Gerät für mich am besten wäre: ein Blackberry, ein iPod oder ein anderer mobiler Computer? Wenn mir aber ein Bekannter sagt: „So, wie ich Deine Gewohnheiten kenne, würde ich Dir dieses Gerät empfehlen“, wäre für mich die Entscheidung schon gefallen. Wenn ich mit Informationen überflutet werde, stützte ich mich auf Empfehlungen und Bewertungen, die den Informationen ein emotionale Komponente hinzufügen. Denn Empfehlungen sind nichts anderes als subjektiv gewertete Fakten.
Zu dem Emotionen bei der Kommunikation im Internet zählt auch die nonverbale Kommunikation, etwa die Fotos, mit denen die XING-Mitglieder ihre Profile ausstatten. Wer auf dem Foto lächelt, signalisiert Freundlichkeit und Verbindlichkeit. Wer sich ernst gibt, betont seine Seriosität. Und beide senden emotionale Botschaften aus.
Dies ist auch in der nicht-virtuellen Geschäftswelt so. Ein Imbiss-Verkäufer mit schmutziger Schürze signalisiert unbewusst eine Botschaft. Vielleicht lautet seine Werbung: „Heute frische Hähnchen.“ Der Käufer aber denkt: „Heute frische Schürze wäre auch schön gewesen.“ Eventuell kauft er in der Eile dennoch hier. Wenn ihm aber später der Bauch grummelt – und dies kann Zufall sein – wird er die Schuld auf das Essen vom Imbiss schieben. Der Kunde verknüpft sofort die dreckige Schürze des Verkäufers mit der Qualität des Brathähnchens. Das ist eine Form der emotionalen Bewertung.
Neben den Fotos in sozialen Netzwerken können auch Mails versteckte Botschaften enthalten. Eine Mail kann informativ oder emotional wirken. Um den richtigen Ton zu treffen, braucht man ein wenig Fingerspitzengefühl. „Wow“ ist als Antwort auf ein Angebot etwa nicht zu empfehlen. Jüngere werden diesen Ton verstehen, Ältere ihn vielleicht ablehnen. Eine Ablehnung entspräche einer Abbuchung vom Beziehungskonto.
Deshalb ist es ratsam, bevor man eine Mail verfasst, Informationen über den Empfänger einzuholen. Stellt sich heraus, dass der Adressat ein 60-jähriger Geschäftsführer ist, kommt eine Anrede wie „Hallo, Herr Müller“ meist nicht in Frage. Und aus dem „Wow“ wird dann ein „vielen Dank, ich habe Ihr Angebot gerne gelesen und es hat mir sehr gut gefallen.“ Dafür muss man Herrn Müller nicht persönlich kennen. Ohne ihn je gesehen zu haben, entwickelt jeder, der recherchiert, eine bestimmte Vorstellung vom Geschäftspartner. Und diese Vorstellung wird meistens nicht allzu fern der Wirklichkeit sein.

Warum Emotionen wirksamer sind als Informationen

Die Gefühle eines Verkäufers spiegeln sich in seinem Verkaufsverhalten. Wer für sein Produkt glüht, wird erfolgreich sein. Lässt die Freude des Verkäufers an seinem Produkt nach, werden seine Verkaufszahlen sinken. Nach 15 erfolgreichen Jahren im Verkauf habe ich gemerkt, dass meine Euphorie für das Thema Verpackung verlorenging. Daraus habe ich die Konsequenzen gezogen und mich neu orientiert, indem ich ein Consulting-Unternehmen gegründet habe.
Wie wichtig Emotionen sind, zeigt die BILD-Zeitung jeden Tag. Offiziell Informationsmedium, arbeitet die Boulevard-Zeitung mit den Gefühlen ihrer Leser. Jede Information wird mit einer Emotion verknüpft – ob durch erschreckende Fotos oder durch polarisierende Schlagzeilen. Mit dieser Methode ist die BILD eine der wenigen Zeitungen, die von der Medienkrise nahezu unberührt bleibt. Mit einer Auflage von über drei Millionen Exemplaren ist sie weiterhin die meistverkaufte Tageszeitung Deutschlands.
Doch im Geschäftsleben gilt wie im Zeitungsgewerbe: Wer Emotionen einsetzt, braucht Mut. Es fällt schwer, einem bisherigen Kunden zu sagen: „Herr Mayer, es schmerzt mich, dass Sie nach zehn Jahren der Zusammenarbeit wegen einem Euro den Zulieferer wechseln.“ Mit dieser Bemerkung öffnet man sich emotional und wird deshalb verletzlich. Die Antwort könnte lauten: „Ich kann nicht ändern, dass Ihnen das weh tut, ich musste den Anbieter wechseln.“ Aber die Erfahrung zeigt, dass der andere in der Regel reagiert, indem er sich seinerseits emotional öffnet.
Umgekehrt habe ich schon erlebt, dass mich ein langjähriger Kunde verzeifelt anrief und sagte: „Lieber Herr Nabenhauer, es tut mir leid, aber ich muss den Anbieter wechseln, der andere ist um 40 Prozent billiger und der Chef setzt mir die Pistole auf die Brust.“ Der Mann war wirklich betroffen. Er weinte beinahe am Telefon.
Ich fing ihn emotional auf und sagte: „Das tut mir auch leid.“ Es hätte nicht gereicht, einfach nur zu sagen: „Ich kann Ihre Situation verstehen.“ Der Kunde hätte gedacht, der Anbieterwechsel sei mir völlig egal. Eine emotionale Handlung erfordert eine emotionale Reaktion. Denn nur eine emotionale Reaktion zeigt Verbundenheit – und dies ist die Basis für gute Geschäftsbeziehungen.

Ich bin wichtig – Du bist wichtig

Warum Wertschätzung Geschäftsbeziehungen verbessert

Häufig lade ich Menschen in meine XING-Gruppe ein und bekomme daraufhin die Nachfrage: „Wieso sprechen Sie gerade mich an?“ Beim ersten Mal hat mich diese Reaktion noch überrascht. Inzwischen weiß ich: Dahinter steckt lediglich der unbewusste Wunsch, die eigene Wichtigkeit bescheinigt zu bekommen. Seitdem mir das klar ist, antworte ich immer: „Sie sind mir wichtig, weil …“
Aus vielen Kontakten, die ich auf diese Weise angebahnt habe, sind später enge Geschäftsbeziehungen geworden. Das hat mir gezeigt: Eine der elementarsten Grundregeln für den Umgang mit Kunden ist Wertschätzung. Jeder sollte im Geschäftsleben aktiv Signale aussenden, um dem Gegenüber seine Wertschätzung zu vermitteln.
In einem Restaurant kann ich der Bedienung sagen: „Vielen Dank, wir haben uns bei Ihnen wohl gefühlt.“ Das ist eine kleine Geste, die ehrlich gemeint ist, gut ankommt und nicht viel kostet. Völlig übertrieben wäre aber die Rückmeldung: „Noch nie habe ich erlebt, so perfekt bedient zu werden wie bei Ihnen, und ich bin schon viel rumgekommen.“ Übertriebenes Lob wirkt wenig glaubhaft und wird daher meist als unangenehm empfunden.
In der Wirtschaftswelt kommt aber gerade ein solches Verhalten häufig vor. Viele tun so, als sei der Kunde der Wichtigste auf der Welt – und vergessen dabei, wie wichtig der Selbstwert ist für eine faire, ausgeglichene Geschäftsbeziehung. So auch das Unternehmen, von dem ich folgende Mail bekam: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie als Kunde sind uns wichtig. Wir werden uns umgehend bei Ihnen melden. Sie können sich stets auf uns verlassen.“ Gut, der Kunde mag König sein. Aber viel Honig wollen nicht einmal Könige um den Bart geschmiert bekommen. Bei mir jedenfalls ist sofort der Eindruck entstanden: Dieser Verkäufer macht sich selber klein. Ganz davon abgesehen, dass die eigentlich nützliche Aussage – nämlich der Zeitpunkt, an dem ich mit einer Antwort rechnen kann – in dem Wust an Versprechungen untergeht. Dabei wäre es völlig ausreichend gewesen zu schreiben: „Danke für Ihre Anfrage. Wir kümmern uns darum und melden uns, sobald wir die Informationen haben.“ Jeder Kunde wäre damit absolut zufrieden und hätte das Gefühl, mit Seinesgleichen zu reden.
Aber wer andere bauchpinselt, wirkt unglaubhaft. Und wer gebauchpinselt wird, fühlt sich auf den Arm genommen. Was soll denn ein Kunde denken, dem ein Verkäufer vemittelt: “Auf Sie habe ich mein Leben lang gewartet..:”? Er weiß sehr wohl, dass diese übertriebene Wertschätzung nicht ehrlich sein kann. Und er kann vor allem nicht in gleicher Weise darauf antworten – jedenfalls nicht, wenn er selbst ehrlich auftritt.

Wertschätzung ja, aber bitte mit Maß

Häufig bekommen Einkäufer zu hören: „Schön, dass Sie entschieden haben, in Zukunft bei mir zu kaufen.“ Dieser Satz klingt zwar harmlos und ist sicherlich gut gemeint. Aber er setzt den Einkäufer völlig unter Druck. Denn ein Einkäufer entscheidet nie allein. Er steht immer im Dialog mit Kollegen aus anderen Abteilungen. Wird er in die Rolle des alleinigen Entscheiders gedrängt, so fühlt er sich in höchstem Maß unwohl.
Einen neuen Lehrling begrüßt ein Arbeitgeber auch nicht mit den Worten: „Schön, dass Du hier angefangen hast, in 15 Jahren sehe ich Dich als unseren Geschäftsführer.“ Mit einer solchen Erwartung wäre der junge Mann komplett überfordert. Augenmaß ist also das Gebot der Stunde. Jeder erhält die Wertschätzung, die ihm zukommt, nicht in übertriebenem Maße, aber auch nicht zu sparsam.
Doch immer wieder erlebe ich auch das andere Extrem: Dass Menschen ihren eigenen Wert überschätzen und ihr Gegenüber dadurch respektlos behandeln. Zum Beispiel kommt es häufiger vor, dass Menschen bei uns im Unternehmen anrufen und partout den Geschäftsführer sprechen wollen. Sie lassen sich einfach nicht darauf ein, der Sekretärin ihr Anliegen zu erklären. Ich als Geschäftsführer reagiere allergisch auf solche Anrufer, denn ich fühle mich nicht wertgeschätzt. Wer mich wirklich schätzen würde, würde mir nicht meine Zeit wegnehmen, sondern der Sekretärin den Grund seines Anrufs nennen. In diesen Fällen überschätzen die Anrufer ihren eigenen Wert und unterschätzen den Wert meiner Zeit.
Neulich aber erhielt ich eine Mail, in der es hieß: „Ich versuche schon seit August, Sie zu erreichen, komme aber an der Vorzimmerdame nicht vorbei. Es handelt sich um folgendes… Bitte rufen Sie mich zurück.“ In diesem Fall habe ich sofort zum Hörer gegriffen. Denn es blieb mir überlassen, ob ich den Anlass wichtig fand oder nicht. Der Ball wurde mir zugeworfen, ohne dass ich gezwungen wurde, mitzuspielen – und dadurch fühlte ich mich wertgeschätzt. Der Absender, der so lange vergeblich anrief, hatte nun einen erfolgversprechenderen Kanal benutzt: Bei einer Mail entscheide ich, ob ich antworte: „Danke, kein Interesse“ oder „Danke, lassen Sie uns nächste Woche telefonieren.“

Wertschätzung als allgemeine Grundhaltung

Alle Menschen verdienen Wertschätzung – ob Direktor oder Praktikant. Denn jeder ist es Wert, als Mensch und Geschäftspartner geschätzt zu werden, unabhängig davon, welche Position er innehat. Aber wenn ich Wertschätzung taktisch einsetze, kann dies ungewünschte Folgen haben, denn Menschen kommunizieren untereinander – auch über mich.
Wenn ich Kopierer warte und zu einem Kunden ins Unternehmen komme, weil das Gerät defekt ist, treffe ich in der Regel den Techniker des Betriebs. Nun habe ich zwei Möglichkeiten. Ich kann meinen Unmut darüber äußern, nach dem Motto: „Habt ihr’s mal wieder geschafft, dass der Kopierer streikt!“ Oder ich kann ihm aufmerksam zuhören, ihm ein Kundengeschenk überreichen und pünktlich und zuverlässig meinen Job machen. Sie ahnen schon, der zweite Weg ist der erfolgversprechende. Nicht selten passiert nämlich folgendes: Nachdem ich das Haus verlassen habe, fragt der Abteilungsleiter den Techniker: „Und, wie war der so, der Typ von der Kopiererfirma?“ Wenn ich den Techniker gut behandelt habe, wird er nun eine positive Wertung abgeben. Das ist mehr als nur Smalltalk – es ist eine Referenz für mich.
Wertschätzung ist eine Grundhaltung gegenüber allen Menschen. Wer diese Haltung lebt, muss sich auch nicht verstellen, wenn er Wertschätzung äußern möchte.
Als ich noch als Angestellter in einem Unternehmen arbeitete, kam einmal ein Kunde und fragte mich: „Sind Sie der Praktikant? Können Sie mir sagen, wo ich Herrn Nabenhauer finde?“
„Ich bin Robert Nabenhauer.“
Der Kunde wurde blass. Er war peinlich berührt, weil er mich, der ich damals noch recht jung war, unterschätzt hatte. Entsprechend schwierig lief dann das Gespräch: Der Kunde wollte kaufen, versuchte aber gleichzeitig seinen Lapsus wieder auszugleichen. Als Verkäufer hatte ich dadurch den Vorteil, dass er mit weniger günstigen Konditionen zufrieden war und in der Verhandlung nachgab.
Nachdem das Geschäft abgeschlossen war, ging ich jedoch wieder auf ihn zu und sagte: „Es passiert häufig, dass ich für jünger gehalten werde, als ich bin. Sie sind da nicht der einzige.“ So half ich ihm, sein Gesicht zu bewahren. Wäre ich nicht mehr auf die Situation zurückgekommen, hätte er sicherlich nie wieder ein Geschäft mit mir gemacht, da ihm die Erinnerung an unsere Begegnung peinlich gewesen wäre. Für mich war es extrem wichtig, diese Situation zu retten. Das gelang tatsächlich und seitdem sind wir beste Geschäftspartner.

Das richtige Level finden

Wertschätzung drückt sich darin aus, dass man sich auf eine Stufe mit dem Gegenüber begibt. Das kann auch bedeuten, den eigenen Status bewusst herunterzusetzen. Wer man mit jemandem Geschäfte machen möchte, sollte schauen, auf welcher Ebene sich der andere bewegt. Wie ist sein sozialer Status, seine Einkommensschicht, sein Bildungsniveau?
Einem jüngeren Geschäftspartner gegenüber würde man nicht mit der Mitgliedschaft im Golfclub oder mit einem teuren Auto protzen. Da der andere nicht mithalten kann, würde er sich definitiv überfahren fühlen. Und dieses Gefühl bildet keine gute Grundlage für eine Geschäftsbeziehung.
Das gleiche gilt für die Sprache. Drückt sich jemand eher umgangssprachlich aus, werde ich nicht mit Fremdwörtern um mich werfen, sondern mich möglichst einfach und klar ausdrücken. Andernfalls würde ich arrogant wirken. Und dann bestünde die Gefahr, dass der andere sich nicht wertgeschätzt fühlt, nach dem Motto: „Du bist unwichtig, und mir ist egal, ob du mich verstehst oder nicht.“
Sich auf das Niveau des anderen zu begeben, ist keine reine Taktik, sondern drückt Wertschätzung aus. Genauso wichtig ist es übrigens, auch den eigenen Wert richtig einzuschätzen. Zum Beispiel wäre es sinnlos, als 23jähriger zu einem 60jährigen Geschäftsführer zu sagen: „Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung …“ Der Geschäftsführer würde schallend lachen. Allerdings spricht nichts gegen eine Bemerkung wie: „In den letzten drei Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass …“ oder „In der kurzen Zeit, in der ich in der Branche tätig bin, habe ich die Erfahrung gemacht, dass …“ Damit relativiere ich den Wert meiner Erfahrung im Vergleich zur jahrzehntelangen Erfahrung des anderen. Der Gesprächspartner wird automatisch Achtung spüren und gleichzeitig zu schätzen wissen, dass der Geschäftspartner seine Erfahrungen zur Diskussion stellt, ohne den Wert seiner Kenntnisse einzuschränken.
Auch das Internet bietet Wege und Möglichkeiten, den Geschäftspartner Wertschätzung spüren zu lassen. Wenn in einem Autoresponder steht: „Danke für Ihre Anfrage, wir melden uns umgehend bei Ihnen“, macht es einen schlechten Eindruck, wenn einige Wochen lang nichts geschieht. Folgt der Anruf hingegen schon nach einer Stunde, wird der Kunde mehr als zufrieden sein. Denn das Versprechen, das der Autoresponder gab, wurde eingehalten – und möglicherweise sogar seine Erwartungen übertroffen.
Ich selbst stelle mein Wissen über Verpackungen kostenlos auf meiner Homepage zur Verfügung. Die Kunden erhalten also die wichtigsten Informationen, die für einen Abschluss in meiner Branche nötig sind, vorab. Ich überfahre sie nicht mit Fachbegriffen, sondern biete ihnen die Möglichkeit, sich auf ein Gespräch vorzubereiten. Damit signalisiere ich Wertschätzung, denn meine Kunden erkennen: Ich will mit ihnen auf Augenhöhe verhandeln und sie nicht über den Tisch ziehen.

10.000 Follower oder: Sich selbst wichtig sein

Für den Verkäufer ist der potentielle Kunde immer interessant. Deshalb ist die Wertschätzung des Kunden im Grunde programmiert. Was die meisten Verkäufer aber aus den Augen verlieren, ist dass die Wertschätzung der anderen bei ihnen selbst anfängt. Bei dem sogenannten Selbstwert, dem Von-Sich-Selbst-Überzeugt-Sein.
Bei XING sind unzählige Anbieter registriert, deren Anzahl an Kontakten monatelang stagniert. Jeder, der nur ein bisschen Geduld und Beharrlichkeit mitbringt, kann das beobachten. Das mag von außen so aussehen, als seien diese Anbieter im “richtigen Leben” über die Maße beschäftigt und als hätten sie keine Zeit für Networking-Spielchen im Social Web. Aber ich gehe jede Wette ein: Die meisten trauen sich schlicht nicht zu, ihren Freundeskreis auszuweiten. Der Grund ist ganz einfach: Deren Selbstbild suggeriert ihnen: „Ich bin ein kleiner Krauter, der mit 30 Kunden schon gut beschäftigt ist.“
Wer sich so gering schätzt, setzt sich selber Grenzen. Denn die Zahl der möglichen Kunden ist grundsätzlich unbegrenzt. Und egal wieviele Kontakte ein Geschäftsmann bereits hat: Wenn er sich selbst wirklich schätzt, wird er stets über neue Zielgruppen und Möglichkeiten der Expansion nachdenken. Denn ein Unternehmer mit Selbstwertgefühl ist der festen Überzeugung: Ich bin es wert, 10.000 Follower zu haben! Und wer sich das wert ist, der ist auch dazu in der Lage. Weil er nicht nur sich, sondern auch seine Kunden wichtig nimmt.
Dass der Sender sich selbst wichtig ist, ist nämlich die Voraussetzung für eine wertschätzende Kundenbeziehung. Das bedeutet aber nicht – und darin liegt eine große Gefahr – dass er sich für wichtiger halten darf, als er wirklich ist. Wer heute eine Homepage hat und sich deshalb enstpannt zurücklehnt und auf Aufträge wartet, leidet an völliger Selbstüberschätzung. Denn heute gehören neben einer Website ein aussagekräftiger Newsletter und andere Aktivitäten im Internet zur Mindestausstattung eines Unternehmens. Eine realistische Selbsteinschätzung ist die Basis für eine gesunde Selbstwertschätzung. Und dazu reicht ein Vergleich mit ähnlichen Unternehmen der gleichen Branche.
Wer sich selbst wichtig ist, der macht nämlich seine Hausaufgaben – und vermittelt seinem Gegenüber automatisch, dass er ihn wertschätzt. Denn Selbstwertschätzung und Wertschätzung der anderen sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Wer sich vor einem Gespräch über seinen potentiellen Kunden, dessen Interessen und Aufgaben informiert und genau die Unterlagen mitbringt, die der Kunde braucht, lässt ihn ehrliche Wertschätzung spüren. Ist der Verkäufer auf diese Weise in Vorleistung gegangen, kann er problemlos auch für sich Respekt einfordern. Und damit zeigen, dass er sich selbst wichtig ist.
Ein Verkäufer, der sich selbst schätzt, ich auch für den Kunden ein Segen. Einmal habe ich einem Geschäftspartner gesagt: „Wissen Sie, ich versuche seit fünf Jahren, Sie als Kunden zu gewinnen, aber entweder gefalle ich Ihnen als Person nicht oder Sie haben kein Interesse an meinem Produkt – lassen wir es doch einfach.“ Dieser Unternehmer nahm mir meine Worte nicht übel. Im Gegenteil, er war erleichtert, dass ich verstanden hatte, dass er kein Geschäft mit mir abschließen wollte. Ich hatte seine Einstellung wahrgenommen und respektiert, und er fühlte sich wertgeschätzt.
Nur wer auf sich selbst hört, nimmt unangenehme Situationen in Kauf und hat den Mut, unproduktive Geschäftsbeziehungen abzubrechen – zur Erleichterung beider Parteien. Hätte ich weiterhin diesen Geschäftspartner mit Informationsmaterial zugeballert, hätte er irgendwann selbst entnervt das Weite gesucht. So habe ich ihm eine goldene Brücke gebaut: Sollte er jemals ein Produkt benötigen, das ich anbiete, kann er jederzeit ohne Gesichtsverlust auf mich zukommen.
“Ich bin nicht für alles zu haben.” Dieser Satz mag erstmal eigennützig klingen. Aber wer die Souveränität besitzt, seinen Geschäftspartnern dies auf eine wertschätzende Weise zu signalisieren, der ist sich nicht nur selbst wichtig – der schätzt in gleichem Maße auch seine Geschäftspartner.

Willst du mit mir gehen?

Warum nur bewusst gelebte Beziehungen lebendig bleiben

„Willst du mit mir gehen?“, fragen verliebte Jungs und Mädchen in der Schule. Anna hat Jan heute „Ja“ gesagt, weshalb sie nun Hand in Hand über den Schulhof gehen. Jetzt können alle sehen, dass die beiden ein Paar sind. Da wird Jessica aber vor Wut schnauben, dass ihr der Coolste der Klasse vor der Nase weggeschnappt wurde! Und Luis ist am Boden zerstört, dass seine Flamme einen anderen vorgezogen hat. Und wenn Jan und Anna sich in den folgenden Jahren nicht trennen, heiraten sie vielleicht sogar. Ein weiteres, öffentlich sichtbares Zeichen, das diese Beziehung besiegelt: Zwei Menschen tauschen Ringe aus und bekunden vor Zeugen, dass sie zusammenbleiben möchten.
Und wie ist das mit den Auto-Aufklebern mit den Umrissen der Insel Sylt? Für jeden erkennbar teilen sie mit, dass hier einer unterwegs ist, der seinen Urlaub auf der exklusiven Nordseeinsel verbringt. Oder es zumindest gerne tun würde. Menschen möchten sich nun mal offenbaren, sie wollen anderen zeigen, wie es um sie steht.
Das öffentliche Händchenhalten festigt die Beziehung. Jetzt muss Anna schon einen guten Grund haben, um Jan abzuservieren. Und der Fahrer des Autos mit dem Sylt-Aufkleber wird gar nicht mehr auf die Idee kommen, nach Rügen zu fahren, denn er hat sich ja bereits für Sylt entschieden und das öffentlich gemacht.

Heute genügt ein Mausklick, um eine Beziehung einzugehen. Ein kleiner Druck mit dem Finger und schon sind wir befreundet. Neben den Freunden, mit denen wir uns treffen, zusammen einen Kaffee trinken und ins Kino gehen, haben wir auch jede Menge Freunde, Fans oder Kontakte bei Facebook, XING oder StudiVZ. Egal, ob auf Neuseeland oder im Nachbardorf.
Fans einer Fußballmannschaft erkannte man früher nur an Spieltagen: Dann zogen sie Trikots in Vereinsfarben an, hängten sich einen Schal mit dem Vereinslogo um und zogen Schlachtgesänge rufend ins Stadion. Heute ist es angesagt, mit einem Trikot der Lieblingsmannschaft in die Schule oder zum Einkaufen zu gehen – und man kann online Fan seiner Mannschaft werden.
Ein Schalke-Fan muss schon lange nicht mehr im Ruhrgebiet wohnen. Ganz gleich, ob von München, Cottbus oder Buenos Aires aus: Heute kann er sich bei Facebook ganz offiziell als Fan seiner Lieblingsmannschaft eintragen, und bei Twitter als Schalkes Follower. Wenn er zusätzlich Sylt-Fan ist, wird auch diese Fangruppe in seinem Profil angezeigt. Und wenn er bei Siemens arbeitet, ist er höchstwahrscheinlich auch bei Facebook Siemens-Fan.
Seit dem Siegeszug der sozialen Netzwerke scheint sich nichts Grundlegendes verändert zu haben. Fans bleiben Fans – ob in der Realität oder am Bildschirm. Mit einem einzigen Unterschied: Früher konnten wir unsere Freundeskreise nach Wunsch miteinander bekannt machen, es aber auch lassen. Die Kollegen aus der Firma wurden nicht unbedingt den Freunden aus dem Handballverein vorgestellt und umgekehrt. Der knochentrockene Buchhalter, der am Tag über endlosen Bilanzen brütete, tobte sich abends mit seinen früheren Studienfreunden bei einem Death-Metal-Konzert aus, ohne dass es sein Chef jemals erfuhr. Bei Facebook hingegen sieht jeder, wer mit wem befreundet ist und zu welcher Fangruppe er gehört. Wer so unvorsichtig ist, Fotos vom letzten Konzert auf seiner Seite zu posten, muss damit rechnen, dass sein Chef diese sieht. Denn eines hat sich seit der Entstehung der sozialen Netzwerke geändert: Die strikte Trennung zwischen privat und öffentlich wurde aufgehoben.

Aus Kunden werden Fans – und aus Fans werden Kunden

Unsere Kunden sehen im Netz, mit wem wir geschäftlich und privat verbunden sind. Und danach beurteilen sie uns. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten.
Menschen, die sich bei Facebook als Fan eines Unternehmens eingetragen haben, sind ihm automatisch stärker verbunden als diejenigen, die sich nicht geoutet haben. Sie kaufen dort deutlich mehr als Nicht-Fans. Das Ziel eines Unternehmens ist deshalb, möglichst viele Fans in sozialen Netzwerken zu gewinnen. Denn mit den Fans an unserer Seite ist das Spiel so gut wie gewonnen: Fans halten zu ihren Vorbildern, egal, wie es läuft. Fans sind treu. Sie wechseln nicht einfach ihren Partner, ihren Fußballclub – und auch nicht ihre Marke.
Ein Unternehmen mit einer Facebook-Seite bietet seinen Kunden daher an, seine Fans zu werden und sich für dessen Angebot an Waren oder Dienstleistungen zu begeistern. Oder noch besser: sich mit dem Angebot zu identifizieren. Die Kunden können sich zum Unternehmen bekennen. Dafür ebnen die Firmen ihnen den Weg. Doch gleichzeitig müssen diese wissen, was genau die potentiellen Fans für das Unternehmen begeistert.
Siemens hat keinen Fanclub. Das traditionelle Unternehmen stammt aus der Gründerzeit der Industriegeschichte und arbeitet noch nicht mit Beziehungen in sozialen Medien. Schade eigentlich. Denn der Vorteil von Fangemeinden liegt auf der Hand: Wenn Siemens 10.000 Fans hätte, hätte er automatisch 10.000 Multiplikatoren, die die Produkte von Siemens weiterempfehlen. Und der Geräte-Hersteller hätte noch viel mehr Kunden, als es ohnehin schon hat.
Hat Siemens Angst, dass es keine Fans geben könnte, sondern nur Nörgler? – Auch das wäre gut für die Firma, denn dann könnte sie zumindest offen darauf reagieren. Sie hätte Gelegenheit, mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen und könnte an Profil gewinnen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass das Unternehmen den Trend bislang verschlafen hat.
Vorbildlich in dieser Hinsicht agiert Apple. Die Waren des kalifornischen Unternehmens haben den Charakter von Statussymbolen. Die Anfänge des Unternehmens als Garagengründung, die visionären Auftritte von Steve Jobs, das Design der Produkte – dies alles macht Apple zu einem Unternehmen mit emotionaler Ausstrahlung, mit Millionen von Fans in aller Welt. Fans, die bereit sind, eine Nacht im Schlafsack vor einem Laden zu campieren, nur um als Erste ein neues Produkt ihres Lieblingsherstellers zu erwerben.
Warum Menschen Fans sein wollen, erschließt sich nicht immer auf den ersten Blick. Die Musik bei einem Konzert ist schlechter abgemischt als bei der Studio-Aufnahme, das Fußballspiel ist im Stadion nicht so gut zu verfolgen wie im Fernsehen, und trotzdem strömen die Menschen in Scharen zu den Live-Ereignissen. Der Grund: Sie möchten Teil einer Menge sein, die sich mit der gleichen Sache identifiziert. Sie möchten das erhebende Gefühl erleben, sich gemeinsam mit vielen anderen für einen Musiker oder eine Fußballmannschaft zu begeistern. Sie möchten sich mit ihren Idolen identifizieren können. Und Identifikation erfordert, die Regeln zu kennen. Niemand würde sich mit einem Schalke-Schal in die Fankurve der Borussia Dortmund stellen.
Dazu ein aktuelles Beispiel: Vor kurzem musste das Dach der Schalke Arena ausgebessert werden. Einer der Handwerker hat sich bei dieser Gelegenheit einen Scherz erlaubt, und auf der Schalke Arena eine Dortmund Fahne gehisst! Sofort haben sich viele Fans bei der Geschäftsführung von Schalke beschwert, und der Handwerker wurde umgehend von der Baustelle abgezogen.
Wenn Ihnen also Kunden Dinge über Ihre Mitbewerber erzählen, dann haben Sie auch Fans. Das Wissen über die wichtige Funktion von Fans und Fanclubs machen sich Unternehmen in der neuen Wirtschaft zunutze, um ihre Kunden an sich zu binden. Denn aus Fans werden Kunden – und zwar schneller als man denkt.

Fans stehen uns auch in schlechten Zeiten bei

Der Normalfall in der Wirtschaft sieht so aus: Unternehmen informieren über ihre Produkte, die Käufer entscheiden dann, ob sie sich damit identifizieren wollen oder nicht. Diese Entscheidung erfolgt sehr schnell und nahezu unbewusst. Um diesen Prozess zu erleichtern, laden Leuchtturm-Unternehmen ihre Kunden aktiv ein, sich mit ihnen zu identifizieren. Zum Beispiel mit den Worten: „Wussten Sie, dass wir der größte Lieferant von Schrauben in Europa sind?“ Damit fühlt sich der Kunde angesprochen als Mitglied einer riesigen Käufergemeinschaft.
Noch direkter laden Werbegeschenke mit Logos, Siegel oder Markenkleidung zur Identifikation ein. Wenn ein Kunde den Werbekuli mit der Aufschrift des Leuchtturm-Unternehmens benutzt, ist er Fan des Unternehmens geworden – und Teil einer emotionalen Gemeinschaft.
Die Fans werden natürlich nicht trötend durch die Firma laufen und lauthals ihr Laptop preisen, aber sie werden sich outen, wenn es darauf ankommt. Und wenn der Fan es für richtig hält, denn das ist seine Entscheidung.
Natürlich fällt es einem jungen Unternehmen schwerer, die ersten Fans zu gewinnen, denn es kann noch keine große Gemeinschaft bieten. Doch zu Anfang genügen ganz kleine Dinge wie ein Werbekuli als Geschenk. Je erfolgreicher ein Unternehmen wird, desto attraktiver wird es und desto mehr Fans gewinnt es. Und jetzt kommt der springende Punkt: Wenn ein Unternehmen einmal eine Menge Fans gewonnen hat, werden diese grundsätzlich zu ihm halten, auch wenn es dem Unternehmen schlechter geht. Denn aus dem einst kleinen, unbekannten Namen ist ein großer, standhafter Leuchtturm gewonnen.
Ich habe selbst solche Fälle erlebt. Ich wollte neue Kunden gewinnen und zählte ihnen die Vorteile eines Geschäftes auf. Meine Firma bot bessere Qualität, einen günstigeren Preis und eine schnellere Lieferzeit als die Konkurrenz. Trotzdem wollte ein bestimmter Interessent nicht zu mir wechseln, sondern blieb bei seinem Stammlieferanten. Ich hatte zwar zig Referenzen vorzuweisen, aber der Kunde wollte das gewohnte Terrain partout nicht verlassen – einfach aus emotionalen Gründen. Wie der Begriff schon besagt: Ein Stamm-Kunde ist bei seinem Lieferanten irgendwie verwurzelt. Nach einiger Zeit gelang es mir doch, den Kunden zu gewinnen. Und jetzt geht es meinen Mitbewerbern so wie mir damals.
Der gleiche Effekt lässt sich auch bei den Fans berühmter Sportler beobachten. Sie halten zu dem Sportler, auch wenn er mal auf einen schlechteren Rang zurückfällt. Misserfolge werden ihm verziehen. Genauso verzeihen Kunden ihrem Leuchtturm-Unternehmen Fehler, da eine emotionale Beziehung entstanden ist.

Der Absprung ist schwer

Fans sind treu. Sie abzuschrecken ist für Unternehmen deshalb gar nicht so einfach. Damit ein Kunde, der Fan eines Leuchtturm-Unternehmens ist, abspringt, braucht es eine ganze Reihe schlechter Erfahrungen. Und es kommt noch dicker: Schlechte Erfahrungen alleine reichen gar nicht aus, damit ein Kunde das Unternehmen wechselt. Ein anderes Unternehmen mit einer ähnlich attraktiven Ausstrahlung, also ein anderer Leuchtturm, muss die vakante Stelle des ersten Unternehmens einnehmen. Wenn sich kein anderer Leuchtturm als Alternative anbietet, werden die Kunden weiterhin bei dem angestammten Unternehmen einkaufen, obwohl sie enttäuscht wurden.
Eine Frau, die stets Markenjeans trägt, wird nicht zu einer billigen Alternative greifen, wenn ihre angestammte Marke einmal ihre Erwartungen nicht erfüllt. Sie wird eine andere Hose der gleichen Marke suchen, oder allenfalls von Levi’s zu Pierre Cardin wechseln. Ein BMW-Fahrer, der von seinem Wagen in Stich gelassen wurde, steigt nicht auf Lancia um – sondern wenn es schon sein muss, dann auf Audi oder Mercedes. Aber auch das nur zähneknirschend. Am allerliebsten arrangiert er sich mit der BMW-Werkstatt.
Ein Fan ist aus vielerlei Gründen hilfreich: er unterbreitet mir oftmals Lösungsvorschläge und gibt Tipps zur Verbesserung der Produkte, damit er weiterhin Kunde bleiben kann. Für ein anderes Unternehmen ist es oft sehr schwierig und teuer, treue Fans abzuwerben. Verständlich wird das mit einem einfachen Vergleich: War ich als Jugendlicher Fan von Madonna, höre ich wahrscheinlich noch heute gerne ihre alten Songs. Und bin ich ein Fan von Schalke, werde ich sauer sein, wenn ein wichtiger Spieler just zum Erzrivalen wechselt.
Umgekehrt bedeutet dies, dass ein Leuchtturm-Unternehmen seine Kunden langfristig bindet, wenn es ihre Erwartungen im Allgemeinen erfüllt. Die Kunden sind zufrieden und schauen sich nicht nach anderen Anbietern um. Und wenn das Unternehmen hin und wieder die Erwartungen der Kunden sogar übertrifft, dann steigt die Zufriedenheit der Kunden noch mehr, und damit auch die Identifikation mit dem Unternehmen und die Kundenloyalität. Wenn dieser Zustand erst einmal erreicht ist, muss das Unternehmen ganz dicke Minuspunkte sammeln, damit ein Kunde abspringt.
Eine Geschäftsbeziehung funktioniert dabei nicht anders als eine persönliche Beziehung. Wer ein Geschäft miteinander macht, geht auch eine persönliche Beziehung ein. Dies gilt sogar für den Kauf von Brötchen beim Bäcker. Man kauft beim Bäcker um die Ecke, weil man den schon immer kennt – und begründet dies mit dem Argument, dass die Brötchen dort eben am besten schmecken. Auch wenn dieses Argument einem genauen Test, zum Beispiel einer Blindverkostung, nicht standhalten würde.

Auf das Beziehungskonto einzahlen

Wer hohe Qualität, gute Betreuung und anständigen Service bietet, kann ziemlich sicher sein, seine Kunden zu halten. Denn Menschen leben in Beziehungen und verändern diese ungern. Sie scheuen jeglichen Aufwand, der nicht unbedingt sein muss. Nur bei Produkten, die absolut vergleichbar sind, sinkt die Schwelle, den Anbieter zu wechseln.
Einmal angenommen, Sie brauchen Gewürzgurken. Ob Sie diese bei Discounter A oder bei Discounter B kaufen, ist ziemlich egal. Die meisten Käufer erwarten, dass die Gurken sich geschmacklich und von der Qualität her nicht unterscheiden und kaufen beim preisgünstigsten Anbieter. Aber angenommen, ein wichtiger Gesprächspartner samt Ehefrau werden zum Abendessen erwartet. Dann kaufen Sie wahrscheinlich die Gurken dort, wo Sie beim letzten Einkauf zufrieden waren. Sie gehen kein Risiko ein. Die meisten Menschen zumindest ticken so. Und je komplexer das Produkt oder die Dienstleistung ist, die ein Kunde bezieht, desto eher scheut er den Wechsel.
Wenn ein Unternehmen eine Beziehung zu einem Kunden aufgebaut hat, besteht der nächste Schritt darin, dem Kunden diese Beziehung bewusst zu machen. Werbegeschenke mit Logos eignen sich dazu sehr gut. Sie besiegeln die Beziehung nach außen, zu der sich der Kunde nun aktiv bekennt.
Die Bindung zwischen Kunden und Unternehmen ist aber vor allem emotional. Und weil Emotionen flüchtig sind, müssen sie gefestigt werden. Versteht man die Beziehung als eine Art Konto, so ist das Ziel, dass das Unternehmen stets auf das Beziehungskonto einzahlt.
Stellen Sie sich vor, der Außendienstler eines Schraubengroßhandels besucht seinen Kunden.
„Ich habe Ihre Regale wieder aufgefüllt.“
„Ja, danke!“
„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
„Schön, dass Sie immer pünktlich liefern, aber mein Platz im Regal wird knapp. Ich bräuchte eigentlich neue Regale…“
Nun kommt der entscheidende Moment. In der Regel antwortet der Außendienstler:
„Tut mir leid, dafür bin ich nicht zuständig.“
Chance verpasst.
Der Außendienstler eines Leuchtturm-Unternehmens aber antwortet:
„Mal sehen, was sich machen lässt. Morgen schicke ich Ihnen die Adresse eines Regalbauers.“
Schon wurde auf das Beziehungskonto eingezahlt. Und womit habe ich denn bezahlt? Mit wenigen Minuten Zeit, die sich später als gut investiert zeigen werden. Ich bin in bestem Kontakt mit dem Kunden, muss weniger Mailings verschicken oder Anzeigen schalten. Und wenn ich gut organisiert bin, habe ich die Informationen sowieso parat. Denn die Fragen der Kunden wiederholen sich meist. Also ein guter Anlass, mich einmal wieder als Experte zu präsentieren.
Ziel einer guten Kundenbeziehung ist es, in der Summe stets auf das Konto einzuzahlen. Und zwar subtil. Völlig unproduktiv wäre es, dem Kunden durch Werbesprüche Zeit zu stehlen. Wer die Zeit seines Kunden klaut, bucht vom Beziehungskonto ab. Einzahlungen auf das Konto entstehen daher auch, wenn dem Kunden neue Argumente geliefert werden, um weiterhin Kunde zu bleiben.
Denn Kunden, Einkäufer zum Beispiel, stehen unter Rechtfertigungsdruck. Sie müssen sich legitimieren, wieso sie beim Leuchtturm-Unternehmen einkaufen und nicht bei der Konkurrenz. Eine Mail mit dem Hinweis „Bei Stiftung Warentest haben wir hervorragend abgeschnitten“ hilft dem Kunden, das eigene Einkaufsverhalten zu begründen. Eine solche Mail wird daher nicht als Werbung oder Belästigung wahrgenommen, sie zählt zur Beziehungspflege.
Besonders gute Beziehungen werden gerne nach außen dokumentiert. Erinnern wir uns: Das Paar läuft Händchen haltend über den Schulhof. Ehegatten legen ihre Trauringe nicht ab. Und ein begeisterter Kunde bekennt sich gerne zu einem Leuchtturm-Unternehmen.

Die Bilanz im Plus halten

Ein wirksames Bekenntnis zu einem Unternehmen bilden Referenzschreiben. Diejenigen, die bereitwillig ein solches Schreiben formulieren, bleiben in der Regel Kunden. Natürlich kann ich Ihnen die Arbeit auch abnehmen, indem ich ihnen bei der Schreibarbeit helfe. Denn manche tun sich damit enorm schwer oder haben schlicht keine Zeit zum Schreiben, obwohl sie gerne bereit zu einer Empfehlung sind.
Andere, die zögern oder ablehnen, eine Referenz auszustellen, könnten abwandern. Ein Referenzschreiben ist ein öffentliches Bekenntnis zu einem Unternehmen – und damit eine effektive Kundenbindung. Der Kunde outet sich als „Fan“ des Unternehmens und dokumentiert dies in aller Öffentlichkeit mit dem Referenzbrief.
Ein Leuchtturm-Unternehmen wird immer darauf achten, dass das Beziehungskonto zu den Kunden noch im Haben-Bereich ist. Hinweise, dass zuviel vom Konto abgebucht wurde, kommen stets vom Kunden selbst. Benutzt der Kunde einen Kuli mit dem Werbeaufdruck des Konkurrenten? Hier ist die Bilanz des Beziehungskontos nicht im Lot. Auch wenn ein ehemaliger Stammkunde zum Mitbewerber abwandert, weil dieser ein paar Euro preiswerter anbietet, hat die Beziehung nicht gestimmt. Der Kunde wurde vernachlässigt. Ein Leuchtturm-Unternehmen wird immer bemüht sein, den Kunden seine Wertschätzung spüren zu lassen. Denn Wertschätzung zahlt sich positiv auf das Beziehungskonto aus.
Eine Beziehung, die viele Jahrzehnte hält, beruht auf zwei Überzeugungen: „Ich bin wichtig“ und „Du bist mir wichtig“. Wer den anderen und sich selbst schätzt, hat große Chancen, mit seinem Partner die Torte zur Goldenen Hochzeit anzuschneiden.

Miteinander reden

Warum Märkte tatsächlich Gespräche sind

Willkommen im Zeitalter der Quasselstrippen: Mit dem Internet und seinen vielen neuen Kommunikationswegen hat eine Ära des Massengeplauders begonnen. Menschen schreiben E-Mails. Sie versenden Newsletter und die Erfolgsbotschaft des Tages. Über Skype wird nicht nur telefoniert, sondern auch gechattet und wer möchte, kann sich dabei via Bildschirm in die Augen sehen oder zunicken. Manche machen ihre Ideen über ihre Webseiten publik. Andere veröffentlichen ihre Ansichten in Blogs. Auf XING werden Steckbriefe formuliert, auf Facebook Statusmeldungen abgegeben. Es wird so viel kommuniziert wie nie zuvor. Und das ist gut so. Denn Kommunikation ist die Grundlage jeden Handels. Und der größte aller denkbaren Handelsplätze ist heute das Internet.
Als Anfang der 90er Jahre der Grundstein für das gelegt wurde, was wir heute unter dem Begriff „Internet“ kennen, da war es noch kein Handelsplatz und weit entfernt von allen Anwendungen des Web 2.0. Geläufig war es lediglich international arbeitenden Wissenschaftlern und einer Handvoll Nerds, also abgedrehten Computerfreaks. Dann wagten sich die ersten Privatleute hinaus in die virtuelle Weite. Anfangs dachte niemand daran, dort Dinge zu verkaufen. Es ging darum, sich mit anderen zu unterhalten – oder auch nur vor sich hinzureden, in der Hoffnung, dass jemand zuhört. Aus diesen Unterhaltungen, dem Wunsch, sich mitzuteilen, entwickelten sich erste Projekte: Newsgroups, Chatrooms, Foren. Boris Becker krähte im Werbespot, „Bin ich schon drin?“ und freute sich wie ein Schneekönig über seinen schnellen Erfolg. Sie erinnern sich? Menschen erstellten Websites, um andere über ihre Hobbys und Vorlieben zu informieren. Seht mal, ich bin interessant! Und fast immer fand sich jemand, der bereit war, dem zuzustimmen.
Aus dem Austausch entstanden Beziehungen. Menschen traten miteinander in Kontakt, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären. Das Netz bekam seinen Namen, weil es Menschen vernetzte. War es da nicht selbstverständlich, dass findige Köpfe auf die Idee kamen, es für ihre Marketingaktivitäten zu nutzen?

Back to the roots

Der Markt, das Handeln von Waren und die damit verbundene Kommunikation gehören zu den Grundlagen nahezu jeder Gesellschaft auf dieser Erde und das seit Jahrtausenden. Die Regeln des Marktes sind uns wortwörtlich in Fleisch und Blut übergegangen. Selbst zwei Menschen, die nicht dieselbe Sprache sprechen, können miteinander feilschen. Jeder, der schon einmal auf einer Reise nach Souvenirs Ausschau gehalten hat, weiß das. Mit Gesten und Mimik lässt sich sowohl der Preis eines Teegefäßes in Thailand ausmachen als auch der Wert einer Tüte Vanilleschoten in Mexiko. Kleines Beispiel gefällig? Was ist aus diesen Gesten herauszulesen?
Käufer: Auf die Tüte zeigen, beide Hände nach außen drehen und Kopf leicht schief legen. Augenbrauen hoch – lächeln.
Händler: Viele Finger heben.
Käufer: Die Hälfte der Finger heben.
Händler: Augen aufreißen, Kopf schütteln. Auf die Tüte zeigen. Mehr Finger heben.
Nun einigt man sich in der Mitte und besiegelt den Tausch von Geld und Ware mit einem Nicken oder gar mit einem Handschlag. Der Handel ist perfekt. Oder der Käufer schüttelt den Kopf und geht weiter.
Viele Gesten werden weltweit verstanden. Sie können aber auch missverstanden werden, wenn sie nur einen Deut abweichen von der Norm. Von dem, was in dieser Gesellschaft üblich ist. Ein Nicken kann in Asien bedeuten, dass der andere das Anliegen verstanden hat. Es muss nicht heißen, dass er einverstanden ist.
Selbst zwischen deutschen und Schweizer Geschäftsleuten kommt es häufig zu Irritationen, weil die Codes minimal abweichen. Zum Beispiel bei der Auftragsvergabe. Der Deutsche erkundigt sich, ob sein Angebot in Ordnung ist: „Passt alles?“ – Der Schweizer darauf: „Ja, das passt“. Damit ist für den Schweizer alles gesagt. Für den Deutschen noch lange nicht, er möchte nun den Knopf dran machen, denn noch scheint ihm der Auftrag nicht vergeben: „Also kann ich den Auftrag buchen?“ hakt er nach. Das irritiert den Schweizer, der ja bereits zugesagt hat. Umgekehrt sind die Deutschen nach einem solchen Gespräch und der Bemerkung „Ja, das passt!“ mehr als verwundert, wenn ihnen in der Folge bereits die Auftragsbestätigungen ins Haus flattern. Minimale Unterschiede, die zum Scheitern von Geschäftsbeziehungen führen können. Wenn nicht rechtzeitig über das Missverständnis gesprochen wird.
Missverständnisse kann es auch bei den Umgangsformen geben. Auf der Einladung zu einem Unternehmens-Treffen in der Schweiz war der Kleidungs-Code „casual“ angegeben, Start der Veranstaltung sollte um 18 Uhr sein. Doch ich war der einzige, der ohne Anzug erschienen ist – und peinlich berührt über seinen Fehler war. Ich hätte mich besser informieren müssen! Verbale und nonverbale Kommunikation. Was habe ich an diesem Abend mit meinem Pullover gesagt? Ich habe keine Ahnung, sorry!

Verpassen Sie nicht den Markttag!

Wer die Kunst der Kommunikation beherrscht, hat definitiv bessere Chancen, sich auf den internationalen Märkten durchzusetzen. Das war schon so, als es noch keine globalen, sondern nur lokale Märkte gab. Und das Internet noch nicht einmal als Idee existierte. Gehen wir noch ein Stück weiter zurück: als es noch nicht einmal Telefon gab.
In diesen düsteren Zeiten, in denen man nach einem langen Tag auf dem Feld keine Pizza bestellen konnte und das Entertainment nicht aus den Serien-Hits im Privatfernsehen bestand, sondern aus dem sonntäglichen Kirchgang, gehörten die Markttage zu den wichtigsten und aufregendsten Ereignissen des Jahres.
Christopher Locke beschreibt es im Bestseller „The Cluetrain Manifesto“ etwa so: „Vor 5.000 Jahren war der Marktplatz der Dreh- und Angelpunkt unserer Zivilisation. Ein Ort an dem Händler exotische Gewürze, Seide, Affen, Papageien, Juwelen feil boten, die sie aus fremden Ländern mitgebracht hatten – und fantastische Geschichten.“ Wer hätte da fehlen wollen?
Sicher ist: Wer den Markttag verpasste, hatte auf all diese begehrenswerten Dinge keinen Zugriff. Er war abgeschnitten. Nicht nur von den Waren, sondern auch vom Informationsfluss. Denn genauso wichtig wie die Güter, die auf den Märkten die Besitzer wechselten, waren die Nachrichten, die dort feilgeboten wurden. Und noch wichtiger waren die Beziehungen, die geknüpft werden konnten. Daran hat sich in 5.000 Jahren nichts geändert. Erster Satz des Cluetrain Manifestos: „Märkte sind Gespräche“.
Wer also beim jährlichen Markttag nicht dabei war, blieb außen vor. Da war nichts nachzulesen oder zu googeln. Nicht, wo es den billigsten Mais gab, nicht, wo gerade Arbeitskräfte gesucht wurden. Vor allem aber: keinen Tratsch, keine Neuigkeiten von den Nachbarn, keine Insider-Infos. Dieses wunderbare Grundrauschen eines geschäftigen Tages. Bei wem läuft der Laden gut? Wer hat drei Kunden in Folge verärgert und wer ist vertrauenswürdig? Darüber wurde nebenbei gesprochen, zwischen zwei Handschlägen. En passant.
Aber genau diese eigentlich nebensächlichen Gespräche sind es oft, die über einen erfolgreichen Deal entscheiden. Die letztlich dafür sorgen, dass der Kunde bei diesem und nur bei diesem Händler kauft. Warum? Weil Gespräche Beziehungen aufbauen und festigen. Beziehungen sind wertvoller als Waren. Zumindest dann, wenn die Waren bezahlbar und in identischer Qualität von mehreren Verkäufern angeboten werden. Womit wir uns wieder in der Jetztzeit befinden. In einer Welt der globalen Märkte. Und mit Internet.

Im Schraubenforum

Das Internet erlaubt uns nämlich nicht nur, weltweit mit anderen Menschen zu kommunizieren. Rein theoretisch könnten wir auch mit allen anderen handeln. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Herr Mutter will eine Schraube kaufen. Weil Herr Mutter das mit den globalen Märkten und der Informationsgesellschaft verstanden hat, geht er erst einmal online. Auf Wikipedia und in den Archiven diverser Nachrichtenseiten macht er sich schlau, welche Typen von Schrauben es gibt und welche Schraube für ihn optimal ist. Weil er Menschen mehr vertraut als Medien, liest er zusätzlich noch die Erfahrungsberichte in dem einen oder anderen Schraubenforum durch. Jetzt fühlt er sich gut informiert.
Über eine Seite zum Preisvergleich sucht er nach dem günstigsten Angebot. Es finden sich zwanzig Händler, die genau diese Schraube in ihrem Sortiment haben, für 1,99 Euro das Stück. Herr Mutter vergleicht die Kosten für die Verpackung und die Lieferzeiten und sortiert zehn Händler aus. Fünf weitere lassen in Sachen Serviceleistung zu wünschen übrig. Bleiben immer noch fünf, die drei Jahre Garantie geben, 24 Tage Rückgaberecht einräumen und ein rund um die Uhr erreichbares Servicetelefon anbieten. Wo kauft Herr Mutter nun seine Schraube?
Wenn es rational betrachtet keinen Unterschied macht, ob er bei Händler A oder Händler B kauft, wird er die Entscheidung nach emotionalen Gesichtspunkten treffen. Vielleicht ist es die Website, die den Ausschlag gibt: schöne Farben, angenehme Musik, das Foto auf der Startseite erinnert ihn an den letzten Urlaub, an Mamas Apfelkuchen, an die nächste Gehaltserhöhung. Vielleicht triggert der Name des Verkäufers etwas – bestenfalls, weil dieser Kommunikationsmittel genutzt hat, die einen guten Eindruck hinterlassen haben. Weil die Botschaft lustig war oder clever oder grundehrlich. Vielleicht hat Herr Mutter auch mal von jemandem gehört der von jemandem gehört hat der dort gekauft hat und zufrieden war. Der Schraubenanbieter hat jedenfalls alles richtig gemacht. Er könnte sich jetzt zurücklehnen und darauf warten, dass Herr Mutter bei ihm kauft.
Oder er könnte noch einmal an ein paar Stellschrauben drehen, um genau dieses positive Gefühl ins Spiel zu bringen, dass es für das entscheidende Ja braucht. Emotionen lassen sich nicht erzwingen. Aber befeuern lassen sie sich schon.

Emotion und neue Regeln 

Tatsächlich spielen Emotionen eine wachsende Rolle auf unseren Märkten. Das liegt zum einen daran, dass wir uns zu einer Gesellschaft entwickeln, die zunehmend mit Dienstleistungen handelt, mit Rechten und Ideen. Also mit gefühlten oder fühlbaren Werten, die sich jedoch nicht anfassen lassen. Zum anderen aber auch daran, dass das Netz unsere Art zu kommunizieren emotionalisiert hat. Am Anfang ging es im Internet eher darum, sich selbst auszudrücken, als sich zu vermarkten. Dabei wurden eine ganze Reihe neuer Regeln aufgestellt und einige alte über den Haufen geworfen. Ein Beispiel: Spontaneität. Diese gab es in der Fernkommunikation nämlich bis Anfang des letzten Jahrhunderts nicht.
Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass berittene Boten einst Wochen unterwegs waren, um eine Nachricht von A nach B zu bringen. Wie lange haben Menschen wohl gebraucht, um einen Brief zu schreiben? Es musste ja wirklich alles unmissverständlich und makellos aufgeführt sein, denn meist ging es um entscheidende Fragen: Welche von Ihren drei Töchtern soll ich jetzt zur Frau nehmen? Die Möglichkeit für eine Rückfrage bot sich oft erst Wochen später. Und wenn der Brief einmal unterwegs war, hieß es warten. Lange warten. Bis die Antwort kam. Die Zeit, die verging, war reine Wartezeit, sie zahlte nicht auf das Beziehungskonto ein.
Das Telefon hat die Kommunikation zwischen Geschäftspartnern deutlich erleichtert. Endlich konnten Gespräche mit weit entfernten Personen in Echtzeit ablaufen. Aber auch diese teuren Fernverbindungen wurden noch überlegt geplant und auf Ausnahmen beschränkt. Richtig spontan wurde die berufliche Kommunikation erst durch den Einsatz von E-Mails oder Chats. Und dadurch wurde sie zwar persönlich, schneller, direkter, aber auch – zugegebenermaßen – undeutlicher, unpräziser, schlicht: geschwätziger. Eine E-Mail mit drei ??? im Betreff ist genau so schnell zurück gefeuert, wie man „Hä?“ sagen kann. Und in diesem Moment etwa genauso höflich.
Während das Telefon noch in der Lage war, schlechte Laune oder einen Scherz zu transportieren, lieferte die Kommunikation via Mail in den ersten Jahren nur sachliche Information. Zwischentöne wurden kaum ausgedrückt, es war chic, möglichst sachlich, womöglich sogar nur in Stichworten zu kommunizieren. Freude oder ein Augenzwinkern wurden in winzige elementare Symbole gepackt. Doch dutzendweise Smileys in den Text einzubauen genügt schon längst nicht mehr.
E-Mails und andere Kanäle der neuen Medien bieten uns heute, was uns für einige Jahre zumindest im Berufsleben nicht mehr zugänglich war: die emotionale Kommunikation des Marktplatzes. Die Zeiten, in denen man sich hinter den kalten Methoden des klassischen Marketing verstecken konnte, sind vorbei.
Stattdessen werden Faktoren wie Vertrauen, Sympathie oder Transparenz immer wichtiger. Mit Werbung lassen sich zwar Emotionen wecken, aber nur bedingt steuern. Nur, weil jemand im Kino über einen brillanten Spot gelacht hat, heißt das nämlich noch lange nicht, dass er dem Hersteller auch vertraut.
Aber genau hier setzt PreSales Marketing an. Vertrauen entsteht, wenn man nicht nur am Markttag anwesend ist. Man muss die Runde machen. Hier eine Hand schütteln, da auf eine Schulter klopfen. Hören, worüber geredet wird. Seine Meinung sagen. Stellung beziehen. Gemeinsam lachen. Beziehungen aufbauen, die dann langfristig die Vorreiterstellung am Markt sichern.

Informationen filtern

Das Netz hat den Markt zu uns gebracht. Wer einen Computer hat oder auch nur ein Smartphone, kann Präsenz zeigen. Kommunikationsplattformen wie Twitter, Facebook oder XING ermöglichen es jedem, sich sofort in das Geschehen einzumischen. Nie war es einfacher, zu kommunizieren. Nie ließen sich so leicht Kontakte knüpfen, Kontakte vervielfachen und verbindliche Beziehungen pflegen. Und nie war es so kompliziert.
Die Ruhe, da müssen wir uns nichts vormachen, ist dahin. Arbeiten in Zeiten des Web 2.0 ist ein bisschen, als hätte man seinen Schreibtisch zwischen Gemüse-Heiner und Aale-Dieter aufgestellt: Es ist laut. Unruhig. Das macht es schwieriger sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Was genau war noch mal das Wesentliche? Ach ja – Informationen filtern. Sich nicht ablenken lassen. Wann muss ich agieren? Wann reagieren? Wie viele Gedanken muss ich durch die Kanäle jagen, um wahrgenommen zu werden? Das alles sind Fragen, die noch niemand klar beantworten kann. Und vermutlich auch nie beantworten können wird.
Der Umgang mit den neuen Medien ist ein Lernprozess, der viel mit Persönlichkeit zu tun hat. Mit der eigenen und der des Gegenübers. Der eine lässt sich am besten mit einem handgeschriebenen Brief milde stimmen. Der andere freut sich über einen Anruf. Und wieder ein anderer schätzt es, dass seine Gedanken via Twitter aufgegriffen und weitergegeben werden. Wer von den möglichen Handelspartnern jedoch welchen Kanal bevorzugt, wird man nur herausfinden, wenn man bereit ist, auf den Markt zu gehen und dort in Kontakt zu treten.
Die Mittel, um Beziehungen zu pflegen, sind vorhanden. Aber die Beziehungen aufzubauen ist eine Arbeit, die nicht einmal das Web 2.0 kann. Das können nach wie vor nur wir Menschen selbst. Allerdings: Die neuen Technologien und ihr cleverer Einsatz können uns dabei mächtig unter die Arme greifen!

Der Aufstieg der sozialen Netzwerke – Teil 1

Warum Menschen die Gemeinschaft in sozialen Netzwerken suchen

Niemand ist eine Insel – deshalb suchen Menschen die Gemeinschaft. Nur in der Gruppe fühlen wir uns sicher und aufgehoben. Die Familie stärkt uns, Freunde machen das Leben bunt. In Vereinen, Clubs und Selbsthilfegruppen finden wir Gleichgesinnte. Und auch im beruflichen Leben suchen wir Anschluss: So wie sich in früheren Zeiten Handwerker und Händler in Gilden und Zünften organisierten, schließen sich Berufstätige heute in Verbänden und branchenspezifischen Vereinigungenzusammen. Dem Einzelnen bringt das große Vorteile: er fühlt sich in der Gruppe geborgen und verstanden, er kann seinen Wünschen und Zielen mehr Gewicht verleihen – und kann reden.

Miteinander zu kommunizieren ist eines der dringendsten Bedürfnisse des Menschen überhaupt. Jeder möchte sich austauschen und sich ausdrücken, sich zeigen und präsentieren. Selbst das schüchternste Mauerblümchen möchte wahrgenommen werden. Doch nicht jedem ist es gegeben, sich dem Mitmenschen im persönlichen Gespräch interessant zu machen. Das ist mit dem Internet einfacher geworden.

Wie alles begann

In den Neunziger Jahren, den Anfängen des Internet-Zeitalters, diente das Netz als ein riesiger Speicher von Informationen. Wie ein gigantischer Karteikasten machte es dem Nutzer Auskünfte zugänglich. Auf der Suche nach einem dringend benötigten Buch musste er nun nicht mehr mühsam die ihm bekannten Bibliotheken per Brief oder Telefon abklappern. Ein bisschen Hintergrundwissen und ein paar Tastenkombinationen –und schon hatte er recherchiert, von wo er es sich zuschicken lassen konnte. Doch von einer umfassenden Kommunikation konnte nicht die Rede sein. Für den Großteil der Nutzer war das Internet eine Einbahnstraße: Sie konnten Unmengen von Daten in Sekundenbruchteilen abrufen, nicht mehr und nicht weniger. Nur wenige Institutionen speisten Daten ein, zumeist Wissenschaftszentren und Universitäten, später auch einzelne Unternehmen. Da die Programmierung der Webseiten aufwendig war und nur von Spezialisten durchgeführt werden konnte, wurden ihre Inhalte nur selten aktualisiert. Das Internet war im Grunde statisch.

Heute kann man sich kaum noch an die Zeiten erinnern, in denen das Internet das Laufen lernte. Die sozialen Netzwerke und ihre Möglichkeiten sind heute derart präsent, dass wir vergessen, wie neu sie eigentlich sind. Dabei ging Google erst 1998 online, Wikipedia startete 2001 und Twitter zwitschert grade mal seit März 2006. Praktisch über Nacht hat sich ein völlig neues Medien-Verhalten etabliert. Unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit die neuen Möglichkeiten der Kommunikation aufgesogen wurden! Alle Welt nutzt das Internet, aber kaum jemand ist sich darüber bewusst, was für ein Quantensprung damit verbunden ist. Kannte ein Kaufmann früher zwanzig Kumpels aus dem örtlichen Fußballclub, ist er heute in der Lage, sich über die sozialen Netzwerke mit Millionen potentieller Bekannter auszutauschen.

Manche Sätze werden so oft gebetsmühlenartig wiederholt – von Leuten, die Ahnung haben und von solchen, die sie nur nachplappern –, so dass man sie nicht mehr hören mag und sie auch nicht mehr ernst nimmt. Doch sie werden dadurch nicht falsch: Die Welt ist ein Dorf geworden.

Robert Nabenhauer 2 / 9 Teil 1: Marketing reloaded Tuesday, 31. October 2017 Kapitel 1: Der Aufstieg der sozialen Netzwerkebisschen Hintergrundwissen und ein paar Tastenkombinationen –und schon hatte er recherchiert, von wo er es sich zuschicken lassen konnte. Doch von einer umfassenden Kommunikation konnte nicht die Rede sein. Für den Großteil der Nutzer war das Internet eine Einbahnstraße: Sie konnten Unmengen von Daten in Sekundenbruchteilen abrufen, nicht mehr und nicht weniger. Nur wenige Institutionen speisten Daten ein, zumeist Wissenschaftszentren und Universitäten, später auch einzelne Unternehmen. Da die Programmierung der Webseiten aufwendig war und nur von Spezialisten durchgeführt werden konnte, wurden ihre Inhalte nur selten aktualisiert. Das Internet war im Grunde statisch. Heute kann man sich kaum noch an die Zeiten erinnern, in denen das Internet das Laufen lernte. Die sozialen Netzwerke und ihre Möglichkeiten sind heute derart präsent, dass wir vergessen, wie neu sie eigentlich sind. Dabei ging Google erst 1998 online, Wikipedia startete 2001 und Twitter zwitschert grade mal seit März 2006. Praktisch über Nacht hat sich ein völlig neues Medien-Verhalten etabliert. Unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit die neuen Möglichkeiten der Kommunikation aufgesogen wurden! Alle Welt nutzt das Internet, aber kaum jemand ist sich darüber bewusst, was für ein Quantensprung damit verbunden ist. Kannte ein Kaufmann früher zwanzig Kumpels aus dem örtlichen Fußballclub, ist er heute in der Lage, sich über die sozialen Netzwerke mit Millionen potentieller Bekannter auszutauschen. Manche Sätze werden so oft gebetsmühlenartig wiederholt – von Leuten, die Ahnung haben und von solchen, die sie nur nachplappern –, so dass man sie nicht mehr hören mag und sie auch nicht mehr ernst nimmt. Doch sie werden dadurch nicht falsch: Die Welt ist ein Dorf geworden.

Web 2.0 – eine neue Dimension

Mit 2.0 wird eigentlich eine zweite, komplett überarbeitete Version einer Software bezeichnet. Insofern spielt der Begriff „Web 2.0“, der übrigens erst Ende 2003 Eingang in den allgemeinen Sprachschatz fand, auf die radikal neuen Möglichkeiten des Internets an, die mit der Einführung interaktiver Software entstanden. Das beste daran: Diese Software wirdintuitiv genutzt und ist damit spielerisch leicht zu bedienen. Mit drei Klicks kann jeder seine eigene Webseite im Internet veröffentlichen. Kinderleicht auch, auf dieser Seite ein Internet-Tagebuch, also einen Blog zu führen. Dazu sind keinerlei Programmierkenntnisse nötig. Selbst technisch unbedarfte Menschen können problemlos einen Videofilm oder ein Foto von ihrem Handy ins Netz überspielen und der ganzen Welt bekannt machen.

Auch der Nachrichtendienst Twitter macht jeden zum Reporter und bietet ungefilterte Informationen aus allen Winkeln der Erde. Ein Erdbeben in Haiti? Auf Twitter informierten Haitianer wenige Minuten nach der Katastrophe über die Folgen. Ein Versprecher des amerikanischen Präsidenten? Auf Twitter wird berichtet und die ganze Welt lacht. Das Web 2.0 führt zudem Wissen zusammen. User aus aller Welt arbeiten am Online-Lexikon Wikipedia, das die Enzyklopädien in Buchform zu einem Schattendasein verdammt hat. Die unüberschaubare Anzahl an Foren, die es zu jedem erdenklichen Spezialthema gibt, ergänzt diese Informationsquelle.

Ein weiteres typisches Element des neuen Internet sind die Plattformen. Sie bieten Raum für den allgemeinen Austausch von Meinungen und Erfahrungen. Und damit die Gelegenheit, sich kennenzulernen. Die Mitglieder von Facebook, XING, StudiVZ und anderen Netzwerken betreiben Kommunikation pur! Das Web 2.0 ist das Mitmach-Netz. Es bietet ein riesiges Feld, um sich auszudrücken, sich zu präsentieren, mit anderen Menschen auszutauschen oder einfach nur zu spielen. Es stellt also genau das zur Verfügung, was der Mensch braucht.

Geschäftschancen im Mitmach-Netz

Fast alle sozialen Netzwerke können als Geschäftsbasis genutzt werden. Facebook wurde nicht gegründet, um berufliche Kontakte herzustellen, doch es wird inzwischen auch dazu genutzt – direkt und indirekt. Auch wenn es keinen direkten beruflichen Nutzen hat, in einem Forum für Hobby-Häklerinnen aktiv zu sein, können doch auch die dort entstandenen Kontakte irgendwann geschäftlich von Vorteil sein. Um mit potenziellen Geschäftspartnern ins Gespräch zu kommen, bietet sich das 2003 als openBC (open Business Club) gegründete und 2006 umbenannte berufliche XING-Netzwerk an. Mit mehr als zehn Millionen Mitgliedern weitweit (September 2010) ist diese Plattform inzwischen so groß geworden, dass es geradezu ein „Muss“ ist, Mitglied zu sein.

In einem solchen Netzwerk suchen die Mitglieder keine unverbindlichen Bekanntschaften, sondern sie sind explizit an Geschäften oder an ihremberuflichen Fortkommen interessiert. Es werden keine Geschäfte abgeschlossen, aber sie werden angebahnt – denn für diesen Zweck ist XING geradezu ideal. Doch aufgepasst! Es gelten strenge Regeln: Verkäufer, die die Plattform direkt als Handelsbasis nutzen wollen, werden unweigerlich ausgeschlossen. Dennoch bieten diese Plattformen auch und gerade Verkäufern ideale Möglichkeiten, wenn sie nur richtig genutzt werden. Denn Kontakte sind das A und O für Geschäfte jedr Art. Ohne Kontakte kein Verkauf. Die sozialen Netzwerke bieten gerade dies: Kontakte ohne Ende. Denn die Anzahl der erreichbaren Menschen ist enorm hoch und wächst mit jedem Tag.

Anders als in der realen Welt lassen sich im virtuellen Raum viel schneller Bekanntschaften schließen. Wenn sich zwei Menschen zufällig auf der Straße begegnen, laufen sie aneinander vorbei, ohne Kontakt miteinander aufzunehmen. Denn sie kennen sich nicht und eine spontane Ansprache wäre unhöflich, würde vermutlich falsch verstanden und zurück gewiesen werden. Anders im Netz: Hier können sich zwei Personen unverbindlich kennenlernen. Sie studieren zunächst das Profil des anderen und erfahren so, ob und welche Gemeinsamkeiten bestehen. Sie können Anknüpfungspunkte suchen und nutzen.

Im realen Leben müssen sich zwei Menschen zur gleichen Zeit am gleichen Platz einfinden, um miteinander Kontakt aufzunehmen. Und wenn sie miteinander telefonieren, braucht es immer noch die Gleichzeitigkeit. Im Netz sind dagegen Raum und Zeit sind nicht mehr maßgeblich: Heute wird eine Anfrage eingestellt, der Adressat antwortet morgen oder wenn er aus dem Urlaub wieder zurück ist. So entsteht eine Kommunikation ohne umständliche Verabredungen.

Die Phase des gegenseitigen „Beschnupperns“ entfällt oder wird kürzer. So hat sich im Netz eine neue Etikette der Kontaktanbahnung etabliert. Die Kommunikation wird direkter und ehrlicher. Die Nutzer kommen schneller auf den Punkt. Sie posten ihre Anliegen ins Profil oder stellen konkrete Anfragen ins Netz. „Ich sehe, Sie suchen dies – ich biete Ihnen das.“ Die Kommunikation reduziert sich auf die Inhalte.

Kontakte im Internet sind schnell hergestellt. Dies bedeutet auf der anderen Seite aber auch eine gewisse Unverbindlichkeit. Wer hundert Internetbekanntschaften zu einem realen Treffen einlädt, darf sich nicht wundern, wenn nicht ein einziger kommt. Wer im Internet erfolgreich Kontakte schließen und diese auch nutzen will, wird mit der Zeit seine Erfahrungen sammeln und bald herausbekommen, was geht und was nicht. All diese Veränderungen bringen neue Möglichkeiten für die geschäftliche Kontaktaufnahme und Kundenwerbung. Die sozialen Netzwerke bieten einen Ersatz für unpersönliche Mailings. In Form personalisierter Mailings, die die Anliegen klar kommunizieren, können die Empfänger zielgerichtet und persönlich angesprochen werden. Denn der Sender weiß vieles über den Empfänger – ein Blick in dessen Profil genügt. Wer einem Banker eine Druckmaschine zum Kauf anbietet, macht sich lächerlich – er hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Und noch einen weiteren Vorteil bietet die Kontaktaufnahme per Internet:In den sozialen Netzwerke werden automatisch alle Daten über die Kontaktaufnahme archiviert. Dies ist nützlich, etwa um zu erfahren, wann in der Vergangenheit bereits Mailings an den potenziellen Kunden versandt wurden. Diese Informationen sind jederzeit abrufbar – eine ideale Grundlage, um die Historie von Geschäften zu beobachten und daraus zu lernen.

Freiwillig oder gar nicht

Warum eine erfolgreiche Kommunikation die Einwilligung des Adressaten voraussetzt

Spam bedeutet nichts anderes als minderwertiges Dosenfleisch. Dieses Fleisch war in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs von der Rationierung der Lebensmittel ausgenommen und daher weit verbreitet. 1970 schrieben die Komiker von Monty Python einen Sketch rund um Spam. Eine Imbissbude bietet ausschließlich Gerichte mit Spam an: Spiegelei mit Spam, Würstchen mit Spam, Spam mit Spam …
Heute hat sich das Wort Spam eingebürgert als Bezeichnung für ungeliebte Mails, die genauso viel Widerwillen erregen wie das Dosenfleisch. Selbst in der Not möchte man nicht mehr darauf zurück greifen. Spam als Synonym für ungeliebte Massenmails zeigt, dass diese unwirksam sind. Spam funktioniert nicht, denn die Botschaft der Spam-Mails wird ignoriert. Die alten Methoden der Drückerkolonnen lassen sich nicht mehr durchsetzen, weder an der Haustür – noch im Internet.
Spam ist im Grunde nichts Neues. Lange vor der Erfindung des Internets quollen Spam-Nachrichten aus dem Faxgerät, bevorzugt nachts zu Zeiten niedriger Telefontarife. Die ungeliebten Spam-Faxe waren ein Ärgernis, denn sie verbrauchten Papier und Toner. Heute klickt man Spam-Nachrichten einfach weg oder lässt sie automatisch ausfiltern – ein vergleichsweise einfacher Weg, nicht behelligt zu werden.
Auch die Briefe mit der Anschrift “an alle Haushalte” sind nichts anderes als Spam. Heute nimmt Spam im Internet nur deshalb neue Dimensionen an, weil der Versand nichts kostet. Prospekte zu versenden ist hingegen teuer und lohnt sich nur noch für Einzelhandelsgeschäfte, die mit ihren Angeboten werben und auch die nicht-internetaffinen Verbraucher erreichen möchten.
Spam funktioniert also nicht mehr in Zeiten des Mitmachnetzes. Es geht nicht darum, Werbebotschaften im Akkord heraus zu schicken, sondern Kontakte auszubauen und zu kommunizieren. Es geht um Interaktion und Beziehungen, nicht um einseitige Informationskampagnen.

Newsletter, Mittel der Wahl

Den Newsletter halte ich heute für das Mittel der Wahl, um Informationen einem großen, aber ausgewählten Empfängerkreis bekannt zu machen. Die Kunst ist es, zu erreichen, dass meine Newsletter oder Mails gelesen werden. Dazu gibt es eine einfache Möglichkeit: Ich hole offiziell die Erlaubnis des potentiellen Empfängers ein. Wer aktiv einen Newsletter bestellt, wird diesen höchstwahrscheinlich auch lesen. Denn die Inhalte interessieren ihn, sonst hätte er ihn nicht angefordert.
Dies ist nicht nur ein Marketing-Trick, sondern im übrigen auch eine Vorgabe des Gesetzes. Man spricht vom Opt in-Prinzip oder von Permission Marketing. Es bedeutet: Der Empfänger stimmt ausdrücklich zu, dass er eine Werbebotschaft erhalten will. Typischerweise gilt dies für den Versand von Newslettern: Früher wurden sie wahllos an alle erreichbaren Adressen verschickt. Seit 2004 ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt, dass das nicht zulässig ist. Vielmehr muss der Empfänger ausdrücklich zustimmen, dass er den Newsletter erhalten möchte.
Zuvor wurden die Verbraucher mit einer Flut von Newslettern überschwemmt. Die allerersten, die im Netz versandt wurden, hatten noch große Erfolge. Dann sprangen sämtliche Unternehmen auf den fahrenden Zug auf, sie

wollten nachholen, was sie zuvor versäumt hatten, und erreichten das Gegenteil: Ein gnadenloses Überangebot, das etwa 2009 kulminierte. Um ihre Verspätung aufzuholen, gingen die Sender besonders aufdringlich vor. Die Öffnungsrate wurde schlechter, das heißt die Newsletter wurden ungeöffnet gelöscht, es hagelte Beschwerde-Mails und Abmeldungen. Daraus haben viele nun gelernt, auch ich.
Die Gesetzesvorschrift ist also durchaus keine schlechte Nachricht für den Absender und Autor des Newsletters: Denn ein Newsletter, der bewusst bezogen wird, wird aufmerksamer gelesen. Er profitiert von der gesteigerten Akzeptanz und Wirkung. Daher wäre es sogar empfehlenswert, auf die Opt-in-Lösung zu setzen, selbst wenn diese nicht gesetzlich vorgeschieben wäre.
Dennoch: Den Vertriebsprofi stellen die neuen Regeln vor neue Herausforderungen. Auf den ersten Blick erscheint die Hürde hoch, für jede Werbebotschaft die Zustimmung des Adressaten einholen zu müssen. Genauer betrachtet, ist sie es nicht: Denn schon das Angebot eines Goodies ködert den Adressaten.

Den Empfänger ködern

Ein Beispiel: Auf XING bietet jemand ein eBook zum kostenlosen Download an und zwar aufgeteilt in einzelne Kapitel. Jede Woche erscheint ein neues Kapitel. Mit jeder Veröffentlichung wird auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Newsletter zu beziehen. Die meisten Interessenten, die das Buch herunterladen, entscheiden sich im Lauf der Wochen auch für den Newsletter.
Wer die Mailadresse eines potentiellen Kunden erhält, kann zu Recht davon ausgehen, dass dieser an Informationen interessiert ist. Der Newsletter kann an diesen potentiellen Kunden verschickt werden.
Denn wir sind nicht die einzigen, die Informationen an die Adressaten bringen möchten. Viele Menschen sind bemüht, auf sich und ihre Produkte ausmerksam zu machen. Voraussetzung für einen Newsletter, der kein Spam werden soll, ist daher ein erfolgreiches Personal Relation Marketing im Vorfeld – der potentielle Kunde sollte den Absender des Newsletters kennen und ihm vertrauen. Wenn der erste Schritt gemacht und eine persönliche Beziehung aufgebaut wurde, sind die Schleusen für meine Newsletter und auch für weiteren Botschaften geöffnet. Wenn der erste Schritt übergangen wurde, würde ich mit meinem Newsletter mit der Tür ins Haus fallen und eine Ablehnung riskieren. Daher ist es unumgänglich, zunächst eine Beziehung aufzubauen und dann um die Einwilligung zum Erhalt des Newsletters zu bitten.
Es ist gar nicht so schwer, die Einwilligung zu einem Newsletterversand zu erreichen, sofern das Profil des Empfängers aufmerksam studiert wurde. Dort erfahre ich meist alles, was ich wissen muss.

Die Zielpersonen kennenlernen

Wer seine Hausaufgaben erledigt und sich über die Bedürfnisse und Vorlieben seiner Adressaten schlau gemacht hat, kann eine anfängliche Ablehnung des potentiellen Empfängers argumentativ überwinden. Statt sich abblocken zu lassen, verweist der Absender auf die Inhalte des Newsletters – er weiß, dass diese den Empfänger interessieren, da er dessen Profil kennt. Aus einem klaren „Nein“ zum Newsletter wird so ein „vielleicht“ und nach Kenntnis der Inhalte ein „ja, will ich haben“.
Auch dieses Vorgehen zählt jedoch zum Graubereich des Marketing. Am saubersten ist die Opt-in-Lösung. Eine Zustimmung des Empfängers sollte vorliegen, bevor Informationen versandt werden. Wenn sich alle an diese Regel halten, bleibt die Aufmerksamkeit für Mails bestehen.

Wenn nicht, werden Mails allzu schnell als Spam eingeordnet und automatisch von Filtern in den Junk-Ordner verschoben. Doch ein Angebot, dessen Qualität bekannt ist und das bewusst per Opt-in angefordert wurde, landet nicht im Spam.
Spam wird sowohl in der realen Welt wie im Internet immer rüder abgewiesen. Der Verbraucher ist mündig und aufgeklärt und lehnt es ab, mit Spam überschüttet zu werden.
Auch wer einen Newsletter an Empfänger versendet, die diesen angefordert haben, muss damit rechnen, dass Abmeldungen oder Beschwerden als Antwort zurückkommen. Es ist schwierig, den Erfolg eines Newsletterversands richtig einzuschätzen. Als Faustregel gilt: Wenn etwa genauso viele Empfänger positiv wie negativ reagieren, zeigt dies eine gute Akzeptanz des Angebots. Diese Akzeptanz lässt sich zudem gezielt erhöhen.

Informationen von Experten gelten etwas

Informationen, die von Experten kommen, sind glaubhafter als die Informationen Unbekannter. Ein sicherer Weg, sich als Experte bekannt zu machen, ist das Engagement als Moderator auf der Plattform XING. Jede XING-Gruppe hat einen oder mehrere Moderatoren. Die Moderatoren sind allen Mitgliedern der Gruppe bekannt, denn sie laden in die Gruppe ein, sie moderieren die Diskussionen im Forum und versenden die Newsletter.
Auf der Plattform XING ist es möglich, Newsletter ohne die ausdrückliche Zustimmung des Empfängers zu versenden. Dies ist ein Graubereich des bestehenden Rechts: Zwar dürfen Mailings nicht ungefragt an Mailadressen geschickt werden, Mitglieder einer XING-Gruppe bekommen jedoch automatisch den Newsletter der Gruppe zugesandt. Wer sich bei XING als Mitglied einer bestimmten Gruppe anmeldet, hat damit bereits sein Interesse an dem Thema signalisiert. Er weiß also, was er tut.
Der Moderator kann potentielle Interessenten auch aktiv in seine Gruppe einladen. Er ist engagierter und agiert auf einer höheren Ebene als ein einfaches Gruppenmitglied. Auch das signalisiert Kompetenz. So etabliert sich der Moderator als Experte.
Wenn nun der Moderator in seiner Expertenrolle einem Mitglied seiner XING-Gruppe ein Angebot unterbreitet, ist die Reaktion meist positiv: „Freut mich, dass Du an mich gedacht hast.“ Die Information oder das Angebot haben ihren werblichen Charakter verloren. Anders als Werbung nach dem Gießkannenprinzip wird ein solches Angebot häufig dankbar angenommen.
Der XING-Moderator kann einen positiven Kreislauf in Gang setzen, um seinen Expertenstatus weiter zu verbessern. Ich habe zum Beispiel auf meine Webseite ein Verpackungslexikon gestellt. Dann habe ich Menschen aus der Branche eingeladen, am weiteren Ausbau des Lexikons mitzuarbeiten: „Wollt Ihr nicht mitwirken?“ Dieses Angebot wurde gerne akzeptiert, viele fühlen sich einbezogen.
Damit signalisiere ich Offenheit und Transparenz. Und das Verpackungslexikon wurde immer umfangreicher und interessanter. Auch in der Presse wurde die Idee aufgegriffen und darüber berichtet. Ich habe im Netzwerk widerum auf die Presseberichte hingewiesen. So begann ein sich verstärkener Kreislauf und ich war im Gespräch. Als Herausgeber des Verpackungslexikons habe ich Bekanntheit erlangt und meinen Expertenstatus gefestigt.
Wie auch der Erfolg des Online-Lexikon Wikipedia zeigt, möchten sich viele Menschen an den Datenbanken beteiligen und ihr Wissen einbringen. Sie geben ihr Know-How gerne weiter. Hinter den Online-Lexika steckt eine ungeheure Menge Arbeit, die nur durch die Beteiligung Vieler zu schaffen ist.

Grundsätzlich gilt auch in diesem Fall: Werbung, Akquise und Kundenpflege darf nicht als Störung wahrgenommen werden, sondern sie muss als Bereicherung gesehen werden.

Der Kunde und das Mitmach-Netz

Die Zeiten, in denen Kunden ergeben Werbeinformationen lauschten, sind also definitiv vorbei. Wir leben in einem interaktiven Zeitalter. Viele glauben, dass Interaktivität nur im Internet möglich ist. Doch das ist falsch. Auch klassische Werbung kann interaktiv sein, wie Coupon-Aktionen und Gewinnspiele zeigen, die ebenfalls einen aktiven Einsatz des Kunden verlangen.
Sicherlich ist das Internet als Mitmach-Netz ganz besonders gut geeignet, um mit Kunden zu kommunizieren. Alle Maßnahmen, um Kunden zu werben und zu halten, sollten interaktiv sein.
Interaktivität macht Spaß, da der Kunde auf die Angebote reagieren kann. Dies zeigt auch das Angebot, sich am Aufbau des Verpackungslexikons zu beteiligen. Selbst wenn jemand nicht auf das Angebot eingeht, hat er das Gefühl, eingeladen zu sein und sich beteiligen zu können. Damit fühlt sich der Ansprechpartner geehrt, denn ihm wird offensichtlich das nötige Wissen zugetraut. Dass es sich um eine Werbemaßnahme handelt, mit der die Bekanntheit meiner Webseite gesteigert wird, steht nicht im Vordergrund. Das Angebot des Verpackungslexikon aufzubauen und zu nutzen wird nicht als Werbung empfunden ist damit keine Störung.
Wenn Personal Relations genutzt wurden, um die geeigneten Ansprechpartner zu finden, dann können Anbieter und Kunden gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft durchstarten. Denn wenn der Anbieter seine Hausaufgaben gemacht hat und die richtigen Ansprechpartner ausgesucht hat, besteht bei diesen ein aktives Interesse an seinem Angebot. Die aktive Bestätigung “ja, ich habe Interesse” macht dem potentiellen Kunden bewusst, dass es in seinem Interesse liegt, diesen Kontakt zuzulassen und diese Informationen zu beziehen.
Die erfolgreiche Kommunikation setzt also die Einwilligung des Empfängers voraus.
Das Internet nutzt jedoch nicht nur dem Anbieter, sondern auch dem Kunden. Dieser informiert sich im Internet genauso wie in den klassichen Medien. Webseiten, Foren und Blogs bieten eine Fülle von Informationen. Im Gegensatz zu den Informationen der Presse sind die Meldungen im Internet ungefiltert und häufig subjektiv gefärbt. Das bietet Chancen – genauso wie es Gefahren birgt.
Doch eins ist klar: Klassische Werbung allein ist mehr und mehr ein Fall für den Papierkorb. Wer seine potentiellen Kunden zielgerichtet erreichen will, kommt ums Internet nicht mehr herum.

Der Aufstieg der sozialen Netzwerke – Teil 2

Gewusst wie

Fast alle Schüler sind heute Mitglied im SchülerVZ und Millionen tummeln sich auf XING, doch sie nutzen ihre Netzwerke in unterschiedlichem Maß. Es gibt regelmäßige User, andere sind nur angemeldet, aber wenig aktiv. Eine Studie (W3B-Studie) der Consulting Fitkau & Maaß im Sommer 2010 ergab, dass 60 Prozent von 7.500 befragten Internetnutzern soziale Netzwerke besuchen, jedoch von diesen 60 Prozent nur 40 Prozent aktiv in den sozialen Netzwerken kommunizieren. Die übrigen beobachten nur passiv, was in den Netzwerken vor sich geht.
Dies ist im Internet nicht anders als bei Modewellen. Manche Schüler sind nur deshalb im Schüler VZ, weil die Klassenkameraden dort sind. Genauso, wie sie sich vor einiger Zeit ein Tamagotchi-Püppchen kauften, weil alle anderen auch eins hatten. Wer nur bei Schüler VZ aktiv ist, weil alle anderen aus der Klasse auch einen Account haben, wird sich früher oder später wieder verabschieden. Auch eine Menge Tamagotchis liegen vergessen in der Schublade. Das ist Schnee von gestern. Wenn also jetzt die Zahl der aktiven Nutzer in sozialen Netzwerken wieder leicht zurückgeht, hat das ähnliche Gründe. Dies ist aber nicht wichtig für die Anwendung der sozialen Netzwerke im Marketing. Denn auch die passiven Nutzer können angesprochen werden.

Um im Internet erfolgreich Geschäfte zu machen, reicht es nicht aus, einfach ein paar Mailings hinaus zu schicken und zu schauen, was passiert. Die neuen sozialen Netzwerke funktionieren nach ihren eigenen Spielregeln. Unerfahrene Nutzer lassen sich dadurch manchmal schnell abschrecken. Sie treten Netzwerken bei, probieren ein bisschen herum, sind erfolglos und verlassen die digitale Welt enttäuscht – dabei bleiben nur Insider, die die neuen Möglichkeiten verstanden haben. Und diese Möglichkeiten sind ungeheuer vielfältig.

Rasante Entwicklung der sozialen Netzwerke

Soziale Netzwerke wie Facebook für private Kontakte oder XING für berufliche Kontakte wachsen rasend schnell. Die Sättigung ist noch lange nicht erreicht. Die bestehenden Netzwerke arbeiten mit Hochdruck daran, neue Bevölkerungsgruppen zu erschließen. Doch die Effekte der ausgefeilten Strategien nehmen sich unbedeutend aus neben der Zahl der Menschen, die auf ganz anderen Wegen auf den fahrenden Zug aufspringen.
Ein Beispiel für eine solch unkonventionelle Entstehung eines Netzwerkes ist das Netzwerk MXit (ausgesprochen: Mix it). Dem weitaus überwiegenden Teil der Bevölkerung von Entwicklungsländern stehen keine Computer zur Verfügung. Handys sind dagegen weit verbreitet. Doch während in den Industriestaaten sich niemand Gedanken macht um die paar Cents macht, die eine SMS kostet, ist genau dieser Preis den Menschen in Entwicklungsländern viel zu hoch. Die Kommunikation per SMS hat sich dort deshalb bisher noch nicht überall durchsetzen können. Trotzdem ist das Bedürfnis, sich mitzuteilen und Einwohner des globalen Dorfes zu werden auch in diesen Ländern riesengroß. (Nach einer Studie der International Telecommunication Union (ITU) der Vereinten Nationen stammen 162 Millionen der 226 Millionen neuen Internetnutzer in diesem Jahr aus Entwicklungsländern.)

Doch alle Menschen haben den Wunsch, miteinander zu kommunizieren, egal, ob sie arm oder reicht sind. Dafür wenden sie einen beträchtlichen Erfindungsreichtum an.

Dies führte zum Siegeszug von MXit: Ein in Südafrika für Handys entwickeltes Spiel ermöglichte das Versenden von Nachrichten zu Bruchteilen eines Cents. Zum Preis einer SMS konnten tausend Mitteilungen versendet werden. Die Menschen haben sofort miteinander kommuniziert, aber nicht um wie ursprünglich vorgesehen miteinander zu spielen. Sondern um miteinander zu kommunizieren. Der Hersteller war klug genug, sich dieser Nutzungsänderung nicht entgegenzustellen. Aus der billigen Alternative zu SMS wurde so in kürzester Zeit führende soziale Netzwerk in Südafrika. Heute ist die Kommunikation per MXit-Kurznachrichten für die Jugend von Ländern wie Afghanistan und Indonesien fester Bestandteil des Alltags.
Facebook, das diese Entwicklung verschlafen hat, ist in diesen Ländern weit abgeschlagen. Die Betreiber von Facebook versuchen derweil, durch eine abgespeckte Version fürs Handy nicht alle Felle davonschwimmen zu lassen.

Die technischen Neuerungen und die ungeheure Kreativität des Menschen bieten fortlaufend neue Möglichkeiten, miteinander in Verbindung zu treten. Im Internet entsteht eine ganze Welt neuer Beziehungen. Die Chancen der digitalen Vernetzung sind noch lange nicht ausgenutzt. Es ist unabsehbar, was noch alles durch die Entwicklung der sozialen online-Netzwerke entstehen wird.

Denn wie das Beispiel Mxit zeigt, gehört es zu den faszinierenden Seiten des Internets, dass Menschen die angebotenenen Technologien für ganz neue Zwecke nutzen, an die die Erfinder überhaupt nicht gedacht hatten. Dies macht das Internet zu einem idealen Spielfeld auch für neue Wege des Business. Herkömmliche Methoden hingegen verlieren ihre Effektivität.

Von der Public Relation zur Personal Relation

Warum ohne persönliche Ansprache nichts mehr läuft

Das Internet birgt eine Fundgrube an Informationen. Es ersetzt Telefonbuch, Adressbuch, Datenbanken und teure Umfragen: Denn im Internet geben viele Menschen freiwillig persönliche Informationen über sich preis. Diese Informationen können genutzt werden, um die Menschen individuell anzusprechen. Damit wird Public Relations zum Auslaufmodell.
Das Vorgehen der klassischen PR-Agenturen ist etwa so effektiv, als würden Sie auf der Suche nach außerirdischem Leben ungerichtet Signale ins All senden: Sie funken und warten ab, ob jemand zuhört. Ein durchschnittlicher fest angestellter Redakteur bekommt an die 1.000 Pressemitteilungen – pro Tag. Die landen nicht etwa in der Zeitung, sondern im Papierkorb.
Unter Public Relations wird jede Form der interessengeleiteten Information verstanden, sie umfasst also weit mehr als die reine Produktwerbung. Ihr Ziel ist es, Sympathie für eine Organisation, ein Unternehmen oder ein Produkt zu wecken und so ein günstiges Umfeld zu schaffen. Sie versucht in einem aufwendigen Verfahren, positive Informationen über den Auftraggeber in der öffentlichen Meinung zu verankern. Dazu werden die klassischen Medien mit den entsprechenden Informationen versorgt. Die Abdruck- bzw. Senderaten sind jedoch in der Regel gering. Die Redakteure seriöser Medien sind sich der PR-Maßnahmen bewusst und versuchen diese zu ignorieren. Die meisten PR-Maßnahmen sind sehr teuer und wenig zielgerichtet. Auch sie funktionieren nach dem Gießkannenprinzip.
Das Internet mit seiner Transparenz an Daten und persönlichen Informationen liefert uns heute ein neues Instrument, um Public Relations durch Personal Relations abzulösen. Grundvoraussetzung für Personal Relations ist es, dass eine persönliche Beziehung vom Sender zum Empfänger aufgebaut wird, und zwar eine positive persönliche Beziehung. Denn nur diese helfen uns weiter. Persönliche Beziehungen können schließlich auch negativ geprägt sein, etwa durch Neid, Missgunst, Ablehnung oder reine Antipathie. – Wir aber wünschen uns eine positive, vertrauensvolle Beziehung des Senders zum Empfänger, damit der Empfänger dem Sender und dessen Botschaft vertraut. Denn Vertrauen ist das A und O der Glaubwürdigkeit.
Der erste Schritt der Personal Relations besteht also darin, die richtigen Empfänger auszuwählen. Denn gelungenes Marketing arbeitet infusionär, nicht inflationär. Um in diesem Beispiel zu bleiben: Für eine Infusion sucht die Krankenschwester zunächst die richtige Vene.
Um die Botschaft an den richtigen Platz zu bringen, sucht Personal Relations zunächst nach dem richtigen Empfänger. Dazu studiert der Sender die Webseite und alle Veröffentlichungen des Unternehmens, das er ansprechen will: Wer ist zuständig für welche Geschäftsbereiche? Wer ist der richtige Ansprechpartner für mein Anliegen? Er stellt sich zusätzlich detailierte Fragen: Welche Ziele hat dieser Ansprechpartner vermutlich? Und was will er auf keinen Fall? Darin besteht die Basisarbeit eines gelungenen Marketings – es kann langweilig und aufwendig sein, ist aber unerlässlich.
Im Internet sind die Profile der Menschen, die wir ansprechen wollen, öffentlich erkennbar. Zunächst werden wir uns also anhand dieser Profile über die Ansprechpartner informieren – sind dies wirklich die potentiellen Kunden, die ich mir wünsche?

Wer mag was?

Um die Frage der Vorlieben zu entscheiden, muss ich mehr über die Menschen wissen, die ich erreichen will. Nichts leichter als das: Einträge in Facebook, XING, Presseartikel in Google und andere Informationen, die im Internet frei verfügbar sind, liefern eine Datenbasis, die den einzelnen meist sehr genau beschreibt. Diese Datenbasis wird jeden Tag umfangreicher. In zehn Jahren wird die Datenbasis so groß sein, dass sie die Lebensgeschichte jedes einzelnen Menschen widerspiegelt. Und die seines sozialen Netzwerks dazu.
Heutzutage machen die Menschen ihre Vorlieben öffentlich. Das ermöglicht es, sie persönlich anzusprechen. Aus Zielgruppen werden Zielpersonen. Die Zielpersonen der Personal Relation.
Solche Zielpersonen über Anzeigenkampagnen anzusprechen, wäre immens teuer, da die Streueffekte zu groß sind. Untersuchungen zeigen, dass sich viele Menschen an eine bestimmte Kampagne erinnern, aber gar nicht wissen, welches Produkt damit beworben wurde. Falls sie die Kampagne überhaupt verstanden haben. So wurde der Werbeslogan „Come in and find out“ der Parfümeriekette Douglas von einer großen Mehrheit als „Komm rein und find wieder raus“ interpretiert – die Kampagne war ein Schlag ins Wasser, obwohl sie aufwendig inszeniert war und den Auftraggeber viele Millionen kostete.
Heute bestimmt nicht mehr das Werbebudget über den Erfolg einer Werbekampagne, sondern die Idee, die dahinter steckt. Simple Filmchen auf YouTube, die eine witzige Werbung transportieren, werden zigtausendmal angeklickt. Ein Video, in dem eine Frau einen zudringlichen Mann mit dem dicken Katalog des Versandhauses Otto auf den Kopf schlug, wurde wie ein guter Witz unter Freunden weiterempfohlen und erreichte hohe Abrufzahlen. Wenn die Idee einer Kampagne stimmt, reden die Leute darüber. Das Beste daran: Ideen kosten nichts.
Empfehlungsmarketing spielt also eine immer größere Rolle. Früher hörten die Menschen darauf, was ihre zwei, drei Freunde ihnen erzählten. Heute sind sie im Internet mit viel mehr Menschen vernetzt – Empfehlungen werden sehr schnell und an sehr viele Freunde weiter gereicht. Der erhobene Daumen in Facebook ist leicht angeklickt. Wer etwas verkaufen möchte, tut daher gut daran, die Erwartungen seiner Kunden nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen. Nur dann werden sie ihre sozialen Netze aktivieren und ihn weiter empfehlen.
Wer viele solcher Kontakte hat, die ihn weiterempfehlen, erspart sich eine teuere Werbekampagne. Wie aber kommt diese Vielzahl an Kontakten zustande? Wer mit Hilfe der sozialen Netzwerke und der Internetprofile potentielle Ansprechpartner gefunden hat, sollte sich nicht scheuen, einen Anlass zu suchen und den ersten Schritt zu unternehmen, um einen Kontakt aufzubauen.
Denn wir wissen: Menschen sind soziale Wesen und grundsätzlich daran interessiert, mit anderen zu kommunizieren.

Wie eine Beziehung entsteht

Zur Personal Relation gehört es, sich Gedanken über die Bedürfnisse und Probleme des Adressaten zu machen, bevor Sie ihn ansprechen und mit Informationen versorgen. Nur wer seine Hausaufgaben gemacht hat und genügend über den Adressaten weiß, kann seine Personal Relations-Kampagne starten. Der Ansprechpartner erhält nun kontinuierlich Informationsangebote. Diese Phase kann einige Monate oder sogar jahrelang dauern, bis die persönliche Beziehung so stark gewachsen und belastbar ist, dass eine geschäftliche Beziehung entstehen kann.
Personal Relation ist kein Gegenpol zu Public Relation. Die Grenzen sind vielmehr fließend. Personal Relation ist gut gemachte Public Relation. Allerdings sollte zwischen klassischer PR und Online-PR unterschieden werden. Beide Formen sollten sich idealerweise ergänzen. PR ist und bleibt ein wichtiges Instrument des Marketing. Gut geschriebene Pressemeldungen werden teils eins zu eins übernommen – Voraussetzung ist allerdings, dass der Redakteur Vertrauen in den Absender hat.
Ich behandele die Redakteure, die über mein Fachgebiet schreiben, genauso aufmerksam wie meine Kunden. Die Journalisten wissen: „Was vom Nabenhauer kommt, ist kein Spam“. Meine Pressemitteilungen werden nicht als werblich wahrgenommen, weil sie Informationen enthalten, die nicht interessengeleitet sind und dem Empfänger nutzen. Das erhöht die Abdruckrate immens.

Vertrauen zählt

Personal Relation kann auf eine einfache Formel gebracht werden: Personal Relation ist PR plus Vertrauen. Ein Empfänger einer Werbebotschaft unterscheidet nicht zwischen Public Relation oder Personal Relation. Er fragt lediglich danach, wie stark er dem Absender der Botschaft trauen kann. Der Absender muss nicht unbedingt eine Person sein, es kann sich auch um ein Unternehmen, um Führungskräfte oder Mitarbeiter einer Firma handeln. Auch Vertrauen in Produkte kann auf diesem Weg aufgebaut werden. Wenn ein Produkt oder ein Absender mehrmals als Qualitätsanbieter wahrgenommen wurde, baut sich langsam Vertrauen auf. Bekannten Produkten oder Menschen wird eher Vertrauen entgegen gebracht. Dieses Vertrauen lässt sich durch geeignete Maßnahmen noch steigern.
Vertrauen entsteht, wenn aus sporadischen Kontakten stetige Kontakte werden. Der erste Moment der Kontaktaufnahme erfordert besonderes Fingerspitzengefühl. Es reicht nicht, einfach jemanden anzurufen und zum Geburtstag zu gratulieren. Der Angerufene wird sich fragen, woher sein Geburtstag bekannt ist: Der Zweck des Anrufs ist zu offensichtlich. Ein ungebetener, bisher unbekannter Anrufer wird als aufdringlich empfunden. Daher ist es wichtig, für die erste Kontaktaufnahme einen Anlass zu finden, der angemessen ist.
Denken Sie dabei an den Adressaten: Wer eine Information besitzt, die den Empfänger wahrscheinlich interessiert, hat gute Karten. Ist dieser erste Schritt getan, wird der weitere Kontakt leichter. Die Kontakte sollten in moderaten zeitlichen Abständen wiederholt werden, bis sie Normalität erreichen und eine Beziehung entstanden ist, die weiter wachsen kann.
Personal Relations ist also nicht beendet, wenn ein Kontakt hergestellt wurde. Sie fängt damit erst an. Denn Beziehungen müssen gepflegt werden, durchaus auch auf persönlicher Ebene. Wenn die Beziehung gewachsen ist, können Sie sich informieren, wie die Ehefrau oder der Partner des Ansprechpartners heißt und wann sie oder er Geburtstag hat. Dann bietet es sich an zu gratulieren oder eine Aufmerksamkeit zu schicken. Diese eher privaten Informationen können entscheidend sein, um der Zensur der Vorzimmerdame zu entgehen. Einen Anrufer mit der Bitte „Ich will nur kurz gratulieren“ wird die Sekretärin gerne durchstellen.
Eine persönliche Beziehung schafft also Vertrauen – und Vertrauen erhöht die Glaubwürdigkeit des Absenders.

Experten verkaufen besser

Besonders glaubwürdig erscheinen Menschen, die als Experten wahrgenommen werden. Daher ist es erstrebenswert, einen Expertenstatus aufzubauen.
Ich selbst habe in den vergangenen Jahren nichts anderes getan, als gezielt meinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Diesen habe ich aktiv beeinflusst, indem ich zum Beispiel auf meiner Webseite ein Verpackungslexikon aufgebaut habe. Als Herausgeber dieses Lexikons habe ich mich nun als Experte für die Verpackungsindustrie profiliert.
Nicht anders arbeiten Stars: Das Management von Michael Jackson hat durchgesetzt, dass Radiostationen ihn als King of Pop ankündigen. Das ist klassische Public Relation. Irgendwann gingen die Radiomoderatoren dazu über, ihn automatisch als King of Pop zu bezeichnen.Der Begriff hat sich verselbstständigt und ist zu einem Synomym für Michael Jackson geworden. Er hatte sich einen Status als King geschaffen, als Experte für Pop. Damit übte er eine Machtposition aus. Dies ist Personal Relation. Das Beispiel zeigt: Irgendwann gehen Personal Relations und Public Relations ineinander über.
Der Expertenstatus verleiht Macht und bürgt dafür, dass die Menschen Vertrauen in den Experten setzen. Wenn ich als Experte für die Verpackungsindustrie heute behaupte, dass die Preise für Verpackungen demnächst steigen werden, ist das glaubwürdig. Mit einer solchen Information schaffe ich Mehrwert für meine Kunden. Meine Strategie zielt darauf ab, weiter an Vertrauen und Bekanntheit zu gewinnen, nicht aber darauf, das Verhalten meiner Kunden zu ändern.
Das Internet ist wie geschaffen dafür, einen Expertenstatus aufzubauen. Dazu genügt es nicht, einen Blog zu schreiben, zu twittern oder als Mitglied bei Facebook angemeldet zu sein. Denn die Nur-Senden-Mentalität gehört zum alten Denken. In der Welt des Mitmach-Internets geht es darum, interessante Inhalte zu schaffen und dann gezielt zu überlegen, auf welchem Kanal diese gesendet werden. Eignet sich besser Print oder Twitter, You Tube oder Facebook? Auf welchem Kanal erreiche ich die Menschen, die ich mit meiner Botschaft ansprechen möchte?
Heutzutage sind die Menschen daran gewöhnt, jederzeit auf alle Dinge zugreifen zu können. Im Netz sind Filme oder Musiktitel rund um die Uhr erreichbar, auch nach Ladenschluss und am Wochenende. Deshalb müssen Angebote heute auf allen Kanälen zu finden sein. Denn wenn der Nutzer eine Information oder eine Ware nicht auf Anhieb bekommen kann, wird er sie bei einem anderen Anbieter suchen.
Experten trumpfen mit einer Karte auf, die “Bekanntheit” heißt. Denn der Mensch orientiert sich gerne an Bekanntem und scheut das Unbekannte. Vor der Wahl zwischen einer Milka- und einer Noname-Schokolade werden die meisten Verbraucher die Markenschokolade wählen, einfach, weil sie den Namen kennen und dieser ihnen Vertrauen einflößt. Daher ist es das Ziel eines Experten, allgemein bekannt zu sein. Der Expertenstatus gekoppelt mit dem Bekanntheitsgrad sorgt für hohes Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Anders ausgedrückt: Wenn ich in einem bestimmten Bereich Vertrauen genieße, bin ich automatisch der Experte für diesen Bereich.
Ein Beispiel für erfolgreiches Personal Marketing lieferte Timothy Ferriss, ein amerikanischer Publizist und Unternehmer, der sein Buch “Die Vier-Stunden-Woche” erfolgreich an die Spitze der Bestsellerlisten katapultierte. Er startete damit, dass er Kontakt zu Bloggern aufnahm, diese persönlich traf und ihnen das Buch zusandte – ausdrücklich ohne um eine Rezension zu bitten. Die Blogger griffen die Ideen des Buches auf und berichteten darüber, so dass Ferriss’ Werk ohne weitere PR sehr erfolgreich wurde. Das sind angewandte Personal Relations. Ferriss identifizierte die Blogger als Ansprechpartner, er baute Beziehungen auf und nutzte diese in seinem Sinn. Entscheidend war dabei, dass die Blogger freiwillig die Rezensionen posteten. Denn Blogger sind der klassischen PR gegenüber besonders kritisch eingestellt.

Weshalb Werbung abgelehnt wird

Warum Postwurfsendungen ungelesen in den Papierkorb wandern

Menschen ticken heute anders als noch vor wenigen Jahren. Sie sind misstrauischer geworden. „Ihnen, Herr Müller, machen wir heute ein ganz besonderes Angebot…“ Der gleiche Herr Müller, der sich vor Jahren durch ein solches Anschreiben geschmeichelt fühlte, ärgert sich heute darüber: Wieder einmal wurde seine Adresse an eine Werbefirma verkauft. Er hat nicht zu Unrecht den Eindruck, dass ihm jemand den Brief mit der personalisierten Anrede schickt, um ihm Geld aus der Tasche zu ziehen.
Die Adressaten der Werbung verweigern sich. Einerseits hat das damit zu tun, dass die Werbesendungen überhand genommen haben. Werbung ist überall. Deshalb reagieren viele Menschen ablehnend darauf. Sie fühlen sich überschüttet von Verkaufsbotschaften und sie schotten sich ab, um ihre Ruhe zu haben. Der „Brief“ wandert unbesehen in die Ablage P, den Papierkorb.
Andererseits stört die Dreistigkeit. Denn auch auf anderen Kanälen werden potentielle Kunden belästigt: Nach Feierabend klingelt das Telefon, eine junge Frau zwitschert etwas von den neuen Tarifen einer Telekommunikationsfirma. Unaufgefordert dringt sie in die Privatsphäre ein. Der erste oder zweite Anruf dieser Art wird vielleicht noch freundlich beantwortet, doch bald werden diese Telefonate nur noch abgewürgt. Wer aus Versehen sogar einmal den Telefonanbieter gewechselt hat, im Glauben, nur den Tarif zu ändern, wird besonders verstimmt reagieren. Denn inzwischen ist bekannt, wie die Masche läuft. Die Menschen sind darauf konditioniert, Werbung immer das Schlechteste zu unterstellen: Geldmacherei ohne adäquaten Gegenwert.
Die Menschen sind mündiger geworden, auch dank des Internets, in dem sie sich rund um die Uhr informieren können. Heute ist niemand mehr den Aussagen der Werbeversprechen ausgeliefert – diese können nachgeprüft werden. Gut, Werbung hat schon immer ein wenig geschwindelt und die Tatsachen geschönt. Das nimmt der Kunde in Kauf. Doch niemand ist bereit, sich komplett veralbern zu lassen. Werbung muss einen Kern an Information enthalten, um zu wirken. Wenn dieser Kern fehlt, die Werbung dafür aber Druck aufbaut, schreckt der Kunde zurück.
Daher müssen sich Werber umstellen. Werbung unterliegt heute neuen Regeln. Die Ansprüche an eine gute Kampagne sind gestiegen. Die meisten der sorgfältig ausgearbeiteten Werbemittel werden nicht beachtet. Werbeblöcke im Fernsehen werden weggezappt oder mit neuester Technik unterdrückt, Postwurfsendungen landen ungelesen im Papierkorb.
Traditionelle Werber tragen selbst die Verantwortung an der Misere. Denn sie haben den Wertewandel der Gesellschaft nicht nachvollzogen und die Grundregeln guter Werbung nicht verstanden. Ihr Kardinalfehler: Sie werben, ohne vorher Interesse zu wecken. Die Inhalte der Werbung haben sich geändert. Früher war Werbung mit Informationsvermittlung kombiniert. Heute konzentriert sich Werbung auf eine witzige Idee oder eine emotionale Botschaft. Das wird akzeptiert. Die Leute sehen die Werbung und amüsieren sich. Werbung dient in diesem Fall der Unterhaltung. Damit optimiert Werbung jedoch nur das Image eines Unternehmens, ohne die Produkte zu verkaufen. Sie erfüllt also nicht ihren Zweck.
Weder emotionaler noch zeitlicher Druck werden akzeptiert. „Kaufen Sie bis Ende des Monats, danach steigt der Preis“ – diese Masche funktioniert nicht mehr. Die Menschen haben nicht mehr das Gefühl, dass sie etwas verpassen, wenn sie auf ein solches Angebot nicht reagieren. Kein Angebot ist einzigartig. Das Internet hat 24 Stunden am Tag geöffnet – und das sieben Tage die Woche. Wer Interesse hat, findet dort stets ein Angebot, dass dem beworbenen ähnelt. Die Menschen sind es leid, von Werbung unter Zeitdruck gesetzt zu werden. Sie fühlen sich von dieser Art Werbung erpresst und machen dicht.
Der Kunde hat dazugelernt. Rücksichtslose und verlogene Werbekampagnen haben dazu geführt, dass der Kunde dem Anbieter die schlechtesten Absichten unterstellt – häufig zu Recht.
Doch der Kunde hat heute neue Instrumente zur Hand. Falsche Werbeversprechen werden unerbittlich aufgedeckt. Früher war es mühsam, sich unabhängige Informationen zu besorgen. Dazu musste man sich durch die Ausgaben der Hefte von Stiftung Warentest arbeiten. Dann boomten die spezialisierten Testzeitschriften. Heute enthält jede Fachzeitschrift einen Testbericht – PC-Zeitschriften veröffentlichen in jeder Ausgabe Ranglisten mit detaillierten Bewertungen. Im Internet sind Informationen zu Produkten und Dienstleistungen noch einfacher zu finden. Portale sammeln Kundenbewertungen, die jeder einsehen kann. Der Verbraucher ist also mündiger und informierter geworden.
Dies hat Konsequenzen für die Unternehmen. Fehler werden gnadenlos und in Windeseile aufgedeckt. Unfreiwillig bekannt wurde im Jahr 2002 das Unternehmen Kryptonite, das Fahrradschlösser herstellt. Im Internet kursierte ein Video, in dem ein Mann ein Schloss dieser Marke mit einem Kuli aufbricht. Und nicht nur das Schloss hatte eine Macke, auch das Krisenmanagement des Unternehmens war mangelhaft. Zuerst hat es gar nicht reagiert, während das Video immer bekannter wurde. Viel zu spät startete das Management eine teure Rückrufaktion und ein – für die Kunden – kostenloses Austauschprogramm. Doch das Image der Marke war ruiniert. Und zwar weltweit. Denn Videobotschaften im Internet haben keine Grenzen. Sie werden in Deutschland genauso wahrgenommen wie in Japan.
Wenn sich ein amerikanischer Autohersteller also wundert, wieso die Markeinführung seinen Ford „Pinto“ in Brasilien zum Fiasko geriet, muss er sich eben auch in der Umgangssprache umhören. So ist ein „Pinto“ ein Spottwort für einen Mann, der von der Natur eher kärglich bedacht wurde. Und ein „Pajero“, wie ein japanischer Mitsubishi heißen sollte, ist im Spanischen einer, der sich mit seinem wie auch immer gewachsenen Teil selbst vergnügt. Beides sicherlich keine Empfehlung für einen Rassewagen.
Allerdings hat das Informationsangebot des Internets für Unternehmer auch eine positive Seite. Denn es hilft genauso, hervorragende Produkte und Dienstleistungen bekannt zu machen.
Also: Wenn ich gut bin, hilft mir das Internet, wenn ich schlecht bin, versenkt es mich in Grund und Boden.
Eine Voraussetzung für gelungene Werbung im Internet ist es, Informationen anzubieten. Denn wenn die Werbung inhaltsleer wird, suchen sich die Menschen ihre Informationen auf anderen Wegen, etwa in Internetforen. Sie lesen Testberichte, Bewertungen von Kunden auf Internetseiten oder klicken sich durch Portale, die Angebote vergleichen.
Während die Werbung immer extremer wurde, sind die Verbraucher mündiger und sensibler geworden. Diese gegenläufigen Trends erschweren es der Werbung immer mehr, ihre Zielgruppen zu überzeugen.

Werbung braucht Personal Relations

Erfolgreiche Werbung funktioniert so: Sie bietet Informationen und weckt damit Interesse. Der Kunde kann bei einer Hotline, über das Internet oder im Laden gezielt nachfragen und sich genauer informieren. Und erst dann, also wenn der Kunde konkret anfragt, wird ein Angebot unterbreitet. Im dritten Schritt verhandeln Kunde und Anbieter, bis sie sich geeinigt haben. Und zuletzt kann das Geschäft besiegelt wird.
Die Qualität eines Angebots und die Qualität der Werbung müssen zusammen passen. Zu dieser Qualität gehört auch die Transparenz: Informationen dürfen nicht selektiv angeboten werden.
Im Prinzip richtig reagierte zum Beispiel McDonalds auf die Kritik von Ernährungsfachleuten, die die Fastfood-Nahrung als ungesund angriffen. Nach langem Zögern druckt McDonalds inzwischen Angaben zum Nährwert auf die Papiersets, die auf den Tabletts liegen. Jetzt kann jeder Kunde selbst nachlesen, wie viele Kalorien ein Hamburger enthält. Doch er muss sehr gute Augen haben, denn die Angaben sind mikroskopisch klein. Und er muss genau nachschauen: Beim Salat bitte das Extra-Dressing und bei den Pommes den Ketchup oder die Mayonnaise hinzurechnen. Ist die Portion klein, mittel oder groß? Dazu bitte die Cola nicht vergessen! Und die „Wahlzutat“ beim Dessert. Also auch hier muss der Verbraucher genau auf das Kleingedruckte achten.
Diese Reaktion war jedoch besser, als die Angaben der Kritiker zu bestreiten oder den Kaloriengehalt der Burger zu verschleiern. McDonalds hat verstanden, dass der Kunde erwachsen geworden ist und selbst entscheiden möchte, wie viele Kalorien er mit welchem Essen zu sich nimmt. Mit dieser Reaktion hat das Unternehmen der Kritik die Spitze gebrochen.
Der Aufstieg der sozialen Netzwerke und die Ablehnung von Werbung sind nur zwei Seiten der gleichen Medaille. Denn soziale Netzwerke schaffen die Voraussetzung für den aktiven und aufgeklärten Kunden, der nicht mehr zuhause auf dem Sofa sitzt und sich von Werbung berieseln lässt. Heute macht sich der Kunde selbst auf den Weg und hält Ausschau nach Angeboten, die seinen Interessen entsprechen. Der Kunde hat sich weiter entwickelt und er ist klüger geworden. Das Verhältnis zwischen Unternehmen und Kunden hat sich umgekehrt: Die Kunden sind selbstbewusst und informieren sich aktiv.
Die sozialen Netzwerke haben zudem die Möglichkeit geschaffen, viele Menschen kennenzulernen und sie zu kontaktieren. Soziale Netzwerke haben die Geschwindigkeit der Kommunikation enorm erhöht.
Daher steht die klassische Werbung vor einem Problem. Schlüssel und Schloss passen nicht mehr zusammen. Die klassiche Werbung hat den falschen Schlüssel in der Hand und wundert sich, dass die Tür zum Verbraucher nicht mehr aufgeht.
Der einzige Weg, Werbung wieder glaubwürdig und erfolgreich zu machen, sind Personal Relations. Wenn Werbung von einem Absender kommt, den man persönlich kennt, wird sie auf jeden Fall wahrgenommen. Werbung muss daher darauf achten, nicht als solche aufzutreten, sondern neben den werbenden Argumenten auch Informationen vermitteln.
Hilfreich ist auch, Werbung mit kostenlosen Angeboten zu verbinden. Das Angebot eines Gratis-Musters wird fast immer angenommen. Im nächsten Schritt folgt ein Schreiben, dass eine neue Auflage des Musterexemplars anbietet – häufig führt dies zu einem Kauf.
Klassische Werbung hat die Möglichkeiten des Internets noch nicht verstanden. Es reicht nicht aus, herkömmliche Werbeformate einfach ins Internet zu übertragen. Die Neuen Medien haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten, die zu beachten sind. Wer im Internet wirbt, hat nicht automatisch eine innovative Kampagne gestartet.

Innovative Werbung ist global und integrativ

Die Unternehmen haben heutzutage keine Kontrolle mehr darüber, wer was wann mit wem kommuniziert. In Windeseile umrunden Nachrichten den Globus, wie auch das geschilderte „Pajero“-Beispiel zeigte. Wenn Nissan ein neues Modell „Pajero“ nennt, klingt das auf Deutsch zunächst nach einer Fantasiebezeichnung. Aber selbst die meisten Deutschen haben inzwischen mitbekommen, dass die Modellbezeichnung auf Spanisch eine obszöne Bedeutung besitzt. Nissan hat sich damit zum Gespött gemacht. Unternehmen sind also gezwungen, ihre Kampagnen global verständlich aufzuziehen. Sie müssen darauf achten, dass ihre Botschaft weltweit verstanden wird.
Im Gegenzug heißt das: Eine innovative Kampagne wird heute immer global gestartet. Dann wird sie auch global erfolgreich sein.
Eine erfolgreiche Werbung berücksichtigt nicht nur die Anforderungen des Internets. Eine reine Online-Kampagne bringt wenig. Denn eine gute Kampagne ist heute immer auch eine integrierte Kampagne: Sie nutzt alle Kanäle.
Damit steigen die Ansprüche an die Qualität der Werbung: Eine Idee muss nicht nur auf dem Plakat oder im TV-Spot funktionieren, sondern auch online und umgekehrt.

Maßgeschneiderte Werbebotschaften für Einzelpersonen

Die sozialen Netzwerke im Internet erlauben es, mit relativ wenig Aufwand persönliche Beziehungen zu einer großen Zahl von Menschen herzustellen. Das heißt nicht, dass man zusammen Kaffee getrunken oder sich überhaupt je gesehen hat. Eine persönliche Bekanntschaft im Netz besteht schon, wenn Menschen miteinander gechattet oder Mails ausgetauscht haben, wenn sie in der gleichen XING-Gruppe aktiv sind oder im gleichen Newsroom.
Diese Art der Personal Relations baut die Beziehungen auf, die es erlauben, Werbebotschaften gezielt an die richtigen Adressaten zu vermitteln und langfristig Geschäftsabschlüsse zu realisieren.
Außerdem ermöglichen die sozialen Netzwerke eine maßgeschneiderte Ansprache der Kunden. Werbung im Internet arbeitet daher nicht mehr mit Zielgruppen, sondern mit Zielpersonen. Jeder Kunde wird persönlich angesprochen, seine individuelle Situation und seine Interessen werden berücksichtigt. Dies praktiziert zum Beispiel der online-Buchhändler amazon erfolgreich, indem er den Kunden anhand ihrer Buchauswahl weitere Kaufvorschläge macht: „Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch folgende Titel erworben:…“
Es gibt also neben all den schlechten auch eine gute Nachricht für die Werber: Heute existiert ein Ort, an dem nahezu jeder immer ansprechbar ist – die sozialen Netzwerke im Internet. Sie sind ein geeignetes Instrument, um Bekanntschaften zu schließen und bekannt zu werden. Also um die Methoden der Personal Relations anzuwenden. Werbung wird nämlich nur dann abgelehnt, wenn der Absender dem Kunden nicht bekannt ist. Solche Werbung besitzt keine Glaubwürdigkeit. Das Grundprinzip erfolgreicher Werbung besteht also darin, Bekanntheit aufzubauen.

Wie Bekanntheit früher funktionierte

Warum es nicht mehr ausreicht, berühmt zu sein

Stars boten früher eine Projektionsfläche. Berühmheiten wie etwa Greta Garbo wurden bewundert. “So will ich auch sein”, schwärmten die Zuschauerinnen und versuchten, ihr Vorbild nachzuahmen. Besonders nach 1930 wurde es eine regelrechte Mode, gewisse Äußerlichkeiten der Schauspielerin zu kopieren. Frauen ließen sich die Haare wie die Garbo schneiden, sie akzentuierten ihre Augen und Wangenknochen durch bestimmte Schatten-Effekte wie ihr Idol. Schmale Augenbrauen und ein nur wenig betonter Mund waren in den frühen Dreißigern zum Schönheitsideal geworden. Die Vanity Fair zeigte 1932 eine Übersicht der angesagtesten Schauspielerinnen, um die teilweise verblüffende Übereinstimmung in Make-Up und Frisur mit Stars wie Marlene Dietrich mit Greta Garbo aufzuzeigen.
Für die Männer waren James Dean oder Marlon Brando ähnliche Idole. Erst als James Dean Blue Jeans trug, trat diese ihren Siegeszug um die Welt an. Und als Marlon Brando in „Endstation Sehnsucht“ im Unterhemd auftrat, wurde das T-Shirt endlich gesellschaftsfähig.
Früher war jeder, der allgemein bekannt war, gleichzeitig auch berühmt. Die Berühmtheit garantierte einen gewissen gesellschaftlichen Status, eine Vorbildfunktion. Doch diese Form der Bekanntheit war eine Einbahnstraße. Die Stars oder Idole standen quasi auf einem Podium und wurden von der Allgemeinheit bewundert. Der Star machte etwas vor, die Leute ahmten ihn nach. Die Kommunikation verlief also einseitig – und Mißverständnisse waren programmiert.
Stars wie etwa Marilyn Monroe vermittelten das Bild eines Sex-Symbols. Dabei strebte die Person Marilyn Monroe danach, als ernsthafte Schauspielerin wahrgenommen zu werden. Mit diesem Zwiespalt wurde die Schönheit nie fertig. Sie litt unter Komplexen und Depressionen. Und ihre Bewunderer? Die wussten nichts davon.
Ein ähnliches Trugbild gab der Schauspieler Rock Hudson ab. Der Womanizer spielte vorwiegend die Rollen des smarten Liebhabers, des Frauenhelden und des Ehemanns. Als Hudson später an AIDS starb, waren seine Fans schockiert: Der Frauenverführer war homosexuell gewesen? Sein Image wurde über Nacht zur Legende.
Diese Beispiele zeigen: Berühmheiten konnten früher ein Bild von sich aufbauen, das nicht im geringsten ihrer Persönlichkeit entsprach. Heute würde dies nicht mehr möglich sein. Die Authentizität der Stars steht im Mittelpunkt. Denn jeder, der in der Öffentlichkeit nur eine Rolle spielt, aber nicht als Persönlichkeit dahinter steht, wird schnell entlarvt. Die Kommunikation mit den Stars läuft heute nämlich in beide Richtungen. Bei Twitter und Facebook wird das Privatleben der Stars kommentiert. Und weil jeder mit seinem Handy Angelina Jolie beim Einkaufen fotografieren und das Video ins Netz stellen kann – kann sich selbst eine Jolie nicht erlauben, in der Öffentlichkeit aus der Rolle zu fallen. Die Öffentlichkeit ist heute überall.

Projektionsfläche für Wünsche

Bekannt war früher, wer im Fernsehen zu sehen war. Die Menschen kannten die Stars zwar nicht in natura, glaubten aber, deren Persönlichkeit zu kennen. Dabei war die Persönlichkeit, die ein Star im Fernsehen vermittelte, nur eine Projektionsfläche für die Wünsche und Vorstellungen ihrer Bewunderer. Auch Schauspieler legten sich eine Persönlichkeit zu, so wie ein Unternehmen mit Blick auf seine Zielgruppe eine Marke aufbaut.
Persönlichkeiten, die ein auf ihr Publikum abgestimmtes Image aufgebaut haben, sind der Rockmusiker Alice Cooper, der als einer der ersten eine spektakuläre Bühnenshow bot, die Band Kiss mit ihrer auffälligen Gesichtsbemalung oder der Heavy Metal-Rocker Ozzy Osbourne, der sein Ringen mit der Alkoholsucht und seine weltweiten Bühnenerfolge in einer Reality Show ins Fernsehen brachte.
Heute wird es immer schwieriger, eine solche Berühmtheit zu erlangen. Aber das ist auch nicht mehr zwingend notwendig. Denn ein Mensch muss nicht unbedingt als Vorbild wirken, um bekannt zu werden. Auch ein negatives Image kann dazu beitragen. So ist etwa der Fußballer Lothar Matthäus bekannt dafür, in jedes Fettnäpfchen zu treten. Frauengeschichten, Rücktritte zur Unzeit und Indiskretionen gegenüber der Presse zementierten seinen Ruf als personifizierte Peinlichkeit. Verona Feldbusch war ebenfalls kein Vorbild für ambitionierte Schauspielerinnen. Aber mit der Rolle des hübschen Blödchens hat sie sich eine ganz spezielle Nische geschaffen: Da kann ihr keine etwas vormachen. Auch Dieter Bohlen spielt bewusst mit seinem Negativ-Image, dessen, der nie ein Blatt vor den Mund nimmt. Damit erhöht er seinen Bekanntheitsgrad immer weiter.
Für diese Stars ist ihr Bekanntheitsgrad das Kapital. Denn bekannte Menschen werden heutzutage viel eher für die nächste Rolle, den nächsten Auftritt oder die nächste Fernsehshow gebucht.
Von dieser Haltung können sich auch Unternehmer eine Scheibe abschneiden: Wer eine Nische findet, in der er einmalig da steht, hat die erste Hürde genommen, um bekannt zu werden. Und Bekanntheit ist in der Wirtschaft genauso wichtig wie im Show-Business.

Bekannt sein ist immer gut

Einmal angenommen, Sie sind im Urlaub, sagen wir in Spanien, und stehen vor der Wahl zwischen dem einheimischen Produkt KAS Naranja und der internationalen Marke Fanta. Beide sind Orangenlimonaden, beide sind kalt, beide haben den gleichen Preis. Was bestellt der deutsche Urlauber? In der Regel die Fanta, weil er weiß, wie sie schmeckt. Der Kunde vermeidet also das Risiko, ein Getränk zu bestellen, das er nicht kennt. Denn die Erfahrung hat ihn gelehrt, dass die Geschmäcker verschieden sind: Der supersüße Tee der Türken etwa entspricht nicht den Vorstellungen des Durchschnittsdeutschen von einem Pfefferminztee.
Ähnlich funktioniert es beim Autokauf. Vor die Wahl gestellt, sich zwischen einem Dacia Logan und einem VW Polo zu entscheiden, würden die meisten Käufer den Polo wählen. Allein deshalb, weil die Marke Volkswagen bekannter ist als die Marke Dacia. Volkswagen steht für Verläßlichkeit, Dacia eher für Billigproduktion. Der Kunde fühlt sich einfach wohler mit einem Produkt, das ihm vertraut erscheint. Er nimmt an, dass er damit keine üble Überraschung erleben wird.
Der Bekanntheitsgrad einer Marke entscheidet also mit über den Verkaufserfolg. Denn der Käufer unterstellt ganz automatisch: Ein bekanntes Produkt ist höherwertiger als ein unbekanntes.
Die Internet-Suchmaschine Google etwa ist viel bekannter als ihr Mitbewerber Bing von Microsoft. Und Google hatte 2009 mit seiner Suchmaschine in Deutschland einen Marktanteil von 89 Prozent, laut Webtrekk Web Analytics. Internetsurfer nehmen also an, dass Google bessere Trefferlisten bringt als andere Suchmaschinen, auch wenn sie dies nicht objektiv begründen können. Damit folgen sie dem menschlichen Herdentrieb: Da, wo viele andere sich tummeln, kann es nicht schlecht sein.
Wie wichtig die Bekanntheit einer Marke für den Verkauf ist, haben amerikanische Werber schon lange erkannt. Deshalb setzen sie auf die AIDA-Formel. Die Initialien stehen für Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Wunsch) und Action (Handlung). Das bedeutet, ein Angebot sollte den Kunden aufmerksam machen, sein Interesse wecken und den Kaufwunsch auslösen, dem dann die abschließende Handlung, also der Kauf, folgt. Leider wird in Werbung und Marketing viel zu häufig gegen diese Formel verstoßen. Ausgerechnet der Punkt „attention“ wird überprungen. Dabei ist er sogar der wichtigste Faktor in dieser Gleichung. Der Kunde kann ja nur dann ein Interesse an etwas entwickeln, wenn er vorher darauf aufmerksam geworden ist. Die Bekanntheit eines Produkts oder einer Marke ist deshalb so wichtig, weil sie der Auslöser für die Aufmerksamkeit ist. Bekanntheit auszustrahlen ist der erste Schritt zum erfolgreichen Verkauf.

Wie Marken funktionieren

Weil der Bekanntheitsgrad eines Produkts essentiell ist für den Verkauf, erfassen ihn Marktforscher systematisch. Sie befragen potentielle Kunden, ob sie ein Produkt oder ein Unternehmen und dessen Wettbewerber kennen. Auf diese Weise können die Unternehmen ihre eigene Bekanntheit im Vergleich mit den Mitbewerbern einschätzen.
Marktforscher unterscheiden bei dieser Analyse zwischen gestützter und ungestützter Bekanntheit. Gestützte Bekanntheit bedeutet, dass der Befragte eine Marke erkennt, wenn er sie sieht. Praktisch kreuzt er die Produkte, die ihm bekannt vorkommen, in einer Liste an. Die ungestützte Bekanntheit hingegen funktioniert ohne jegliche Hilfestellung. Der Kunde nennt spontan den Namen eines Produkts, das er kennt. Für ein Unternehmen ist die spontane Bekanntheit seiner Marken natürlich mehr wert als die gestützte.
In Deutschland gehören Persil, Milka und Maggi zu den bekanntesten Marken. Wie ist das möglich? Die Unternehmen, die ihre Produkte unter diesen Markennamen vertreiben, sind immer und überall präsent. Die lila Kuh von Milka sieht man auf Werbeplakaten, in TV-Spots, im Internet und natürlich in jedem Supermarkt.
Weltweit bekannte Marken transportieren immer ein bestimmtes Image. Wenn sich ein Japaner mit einem Deutschen über Marlboro-Zigaretten unterhält, ist beiden das Bild des Marlboro-Man präsent, der sein Lasso schwingend in den Sonnenuntergang reitet. Das Image der Marke färbt auf den Käufer ab, und dieser identifiziert sich mit ihr. Wenn sich der japanische und der deutsche Raucher einig sind, dass beide am liebsten Marlboro kaufen, verständigen sie sich unterschwellig auch darüber, dass Freiheit für sie ein wichtiger Wert ist.
Auch die Werbung von Coca-Cola spricht ein bestimmtes Lebensgefühl an und signalisiert unbeschwerten Genuss. Ein Ideal, das auf der ganzen Welt verstanden wird.
Alle diese Überlegungen zusammen genommen deuten darauf, dass ein Unternehmen heute seine Marken pflegen muss, um bekannt zu sein. Bekanntheit alleine reicht allerdings nicht. Hinter einer Marke muss immer eine authentische Persönlichkeit stehen, damit das Unternehmen ein positives Image gewinnt und am Markt erfolgreich sein kann.
Zum Beispiel wäre es heute schlicht undenkbar, einen tollen Auftritt als Öko-Firma hinzulegen, gleichzeitig aber an einem veralteten und umweltbelastenden Produktionsverfahren festzuhalten. Wenn der Geschäftsführer einer Öko-Firma sich mit einem Spritschlucker zeigen würde, wäre sein Image dahin. Denn doppelte Standards und Heuchelei werden von der Öffentlichkeit nicht mehr akzeptiert.
Wie schaffen es nun Unternehmen, bekannt zu werden und ein positives Image als authentische Firma aufzubauen? Bekanntheit muss nicht immer Berühmtheit bedeuten. Nicht jeder kann eine Greta Garbo oder ein James Dean werden. Aber es gibt auch Menschen, die in einem bestimmten Umkreis bekannt sind, weil sie Spezialisten für ein bestimmtes Gebiet sind. So kann zum Beispiel ein bestimmter Chirurg als Kniespezialist bekannt werden, ohne berühmt zu sein. Niemand wird ihn auf der Straße erkennen oder seinen Namen auf Anhieb nennen können. Doch wer sich einer Knieoperation unterziehen muss und nach dem besten Chirurgen forscht, wird ganz bestimmt auf den Namen dieses Mannes stoßen. Diese Art von Bekanntheit kann jeder Unternehmer erreichen, denn jedes Produkt ist auf seine Art einzigartig. Es kommt also darauf an, diese Einzigartigkeit herauszustreichen oder eine Nische zu suchen, in der das eigene Angebot einzigartig ist. Der zweite Schritt ist dann, diese Einzigartigkeit bekannt zu machen.
Eine Möglichkeit dazu ist es, eine Adressdatei aufzubauen. Denn jeder, den ich kenne, kennt auch mich. Wenn ich von jemandem eine Visitenkarte erhalte, kenne ich ihn ab jetzt. Zwei Wochen später kann ich mich aber nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern, wenn wir zwischenzeitlich keinen Kontakt mehr hatten. Nehme ich ihn aber in eine Adressdatei auf, lässt sich die Bekanntschaft viel besser aufrechterhalten. Zum Beispiel mit einem Newsletter, der an alle meine Kontakte geht. Das bedeutet, dass ich umso bekannter bin, je umfangreicher meine Adressdatei ist.
Meistens besitzt man jedoch auch Adressen von Menschen, die man noch nie persönlich getroffen hat. Vielleicht hat man deren Anschrift von Bekannten bekommen oder sie im Internet recherchiert. Was ist nun vorteilhafter: Wenn man viele Menschen persönlich kennt oder wenn einen viele Menschen kennen? Auch dazu gibt das moderne Marketing eine passende Antwort.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen