Warum eine erfolgreiche Kommunikation die Einwilligung des Adressaten voraussetzt
Spam bedeutet nichts anderes als minderwertiges Dosenfleisch. Dieses Fleisch war in Großbritannien während des Zweiten Weltkriegs von der Rationierung der Lebensmittel ausgenommen und daher weit verbreitet. 1970 schrieben die Komiker von Monty Python einen Sketch rund um Spam. Eine Imbissbude bietet ausschließlich Gerichte mit Spam an: Spiegelei mit Spam, Würstchen mit Spam, Spam mit Spam …
Heute hat sich das Wort Spam eingebürgert als Bezeichnung für ungeliebte Mails, die genauso viel Widerwillen erregen wie das Dosenfleisch. Selbst in der Not möchte man nicht mehr darauf zurück greifen. Spam als Synonym für ungeliebte Massenmails zeigt, dass diese unwirksam sind. Spam funktioniert nicht, denn die Botschaft der Spam-Mails wird ignoriert. Die alten Methoden der Drückerkolonnen lassen sich nicht mehr durchsetzen, weder an der Haustür – noch im Internet.
Spam ist im Grunde nichts Neues. Lange vor der Erfindung des Internets quollen Spam-Nachrichten aus dem Faxgerät, bevorzugt nachts zu Zeiten niedriger Telefontarife. Die ungeliebten Spam-Faxe waren ein Ärgernis, denn sie verbrauchten Papier und Toner. Heute klickt man Spam-Nachrichten einfach weg oder lässt sie automatisch ausfiltern – ein vergleichsweise einfacher Weg, nicht behelligt zu werden.
Auch die Briefe mit der Anschrift “an alle Haushalte” sind nichts anderes als Spam. Heute nimmt Spam im Internet nur deshalb neue Dimensionen an, weil der Versand nichts kostet. Prospekte zu versenden ist hingegen teuer und lohnt sich nur noch für Einzelhandelsgeschäfte, die mit ihren Angeboten werben und auch die nicht-internetaffinen Verbraucher erreichen möchten.
Spam funktioniert also nicht mehr in Zeiten des Mitmachnetzes. Es geht nicht darum, Werbebotschaften im Akkord heraus zu schicken, sondern Kontakte auszubauen und zu kommunizieren. Es geht um Interaktion und Beziehungen, nicht um einseitige Informationskampagnen.
Newsletter, Mittel der Wahl
Den Newsletter halte ich heute für das Mittel der Wahl, um Informationen einem großen, aber ausgewählten Empfängerkreis bekannt zu machen. Die Kunst ist es, zu erreichen, dass meine Newsletter oder Mails gelesen werden. Dazu gibt es eine einfache Möglichkeit: Ich hole offiziell die Erlaubnis des potentiellen Empfängers ein. Wer aktiv einen Newsletter bestellt, wird diesen höchstwahrscheinlich auch lesen. Denn die Inhalte interessieren ihn, sonst hätte er ihn nicht angefordert.
Dies ist nicht nur ein Marketing-Trick, sondern im übrigen auch eine Vorgabe des Gesetzes. Man spricht vom Opt in-Prinzip oder von Permission Marketing. Es bedeutet: Der Empfänger stimmt ausdrücklich zu, dass er eine Werbebotschaft erhalten will. Typischerweise gilt dies für den Versand von Newslettern: Früher wurden sie wahllos an alle erreichbaren Adressen verschickt. Seit 2004 ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt, dass das nicht zulässig ist. Vielmehr muss der Empfänger ausdrücklich zustimmen, dass er den Newsletter erhalten möchte.
Zuvor wurden die Verbraucher mit einer Flut von Newslettern überschwemmt. Die allerersten, die im Netz versandt wurden, hatten noch große Erfolge. Dann sprangen sämtliche Unternehmen auf den fahrenden Zug auf, sie
wollten nachholen, was sie zuvor versäumt hatten, und erreichten das Gegenteil: Ein gnadenloses Überangebot, das etwa 2009 kulminierte. Um ihre Verspätung aufzuholen, gingen die Sender besonders aufdringlich vor. Die Öffnungsrate wurde schlechter, das heißt die Newsletter wurden ungeöffnet gelöscht, es hagelte Beschwerde-Mails und Abmeldungen. Daraus haben viele nun gelernt, auch ich.
Die Gesetzesvorschrift ist also durchaus keine schlechte Nachricht für den Absender und Autor des Newsletters: Denn ein Newsletter, der bewusst bezogen wird, wird aufmerksamer gelesen. Er profitiert von der gesteigerten Akzeptanz und Wirkung. Daher wäre es sogar empfehlenswert, auf die Opt-in-Lösung zu setzen, selbst wenn diese nicht gesetzlich vorgeschieben wäre.
Dennoch: Den Vertriebsprofi stellen die neuen Regeln vor neue Herausforderungen. Auf den ersten Blick erscheint die Hürde hoch, für jede Werbebotschaft die Zustimmung des Adressaten einholen zu müssen. Genauer betrachtet, ist sie es nicht: Denn schon das Angebot eines Goodies ködert den Adressaten.
Den Empfänger ködern
Ein Beispiel: Auf XING bietet jemand ein eBook zum kostenlosen Download an und zwar aufgeteilt in einzelne Kapitel. Jede Woche erscheint ein neues Kapitel. Mit jeder Veröffentlichung wird auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Newsletter zu beziehen. Die meisten Interessenten, die das Buch herunterladen, entscheiden sich im Lauf der Wochen auch für den Newsletter.
Wer die Mailadresse eines potentiellen Kunden erhält, kann zu Recht davon ausgehen, dass dieser an Informationen interessiert ist. Der Newsletter kann an diesen potentiellen Kunden verschickt werden.
Denn wir sind nicht die einzigen, die Informationen an die Adressaten bringen möchten. Viele Menschen sind bemüht, auf sich und ihre Produkte ausmerksam zu machen. Voraussetzung für einen Newsletter, der kein Spam werden soll, ist daher ein erfolgreiches Personal Relation Marketing im Vorfeld – der potentielle Kunde sollte den Absender des Newsletters kennen und ihm vertrauen. Wenn der erste Schritt gemacht und eine persönliche Beziehung aufgebaut wurde, sind die Schleusen für meine Newsletter und auch für weiteren Botschaften geöffnet. Wenn der erste Schritt übergangen wurde, würde ich mit meinem Newsletter mit der Tür ins Haus fallen und eine Ablehnung riskieren. Daher ist es unumgänglich, zunächst eine Beziehung aufzubauen und dann um die Einwilligung zum Erhalt des Newsletters zu bitten.
Es ist gar nicht so schwer, die Einwilligung zu einem Newsletterversand zu erreichen, sofern das Profil des Empfängers aufmerksam studiert wurde. Dort erfahre ich meist alles, was ich wissen muss.
Die Zielpersonen kennenlernen
Wer seine Hausaufgaben erledigt und sich über die Bedürfnisse und Vorlieben seiner Adressaten schlau gemacht hat, kann eine anfängliche Ablehnung des potentiellen Empfängers argumentativ überwinden. Statt sich abblocken zu lassen, verweist der Absender auf die Inhalte des Newsletters – er weiß, dass diese den Empfänger interessieren, da er dessen Profil kennt. Aus einem klaren „Nein“ zum Newsletter wird so ein „vielleicht“ und nach Kenntnis der Inhalte ein „ja, will ich haben“.
Auch dieses Vorgehen zählt jedoch zum Graubereich des Marketing. Am saubersten ist die Opt-in-Lösung. Eine Zustimmung des Empfängers sollte vorliegen, bevor Informationen versandt werden. Wenn sich alle an diese Regel halten, bleibt die Aufmerksamkeit für Mails bestehen.
Wenn nicht, werden Mails allzu schnell als Spam eingeordnet und automatisch von Filtern in den Junk-Ordner verschoben. Doch ein Angebot, dessen Qualität bekannt ist und das bewusst per Opt-in angefordert wurde, landet nicht im Spam.
Spam wird sowohl in der realen Welt wie im Internet immer rüder abgewiesen. Der Verbraucher ist mündig und aufgeklärt und lehnt es ab, mit Spam überschüttet zu werden.
Auch wer einen Newsletter an Empfänger versendet, die diesen angefordert haben, muss damit rechnen, dass Abmeldungen oder Beschwerden als Antwort zurückkommen. Es ist schwierig, den Erfolg eines Newsletterversands richtig einzuschätzen. Als Faustregel gilt: Wenn etwa genauso viele Empfänger positiv wie negativ reagieren, zeigt dies eine gute Akzeptanz des Angebots. Diese Akzeptanz lässt sich zudem gezielt erhöhen.
Informationen von Experten gelten etwas
Informationen, die von Experten kommen, sind glaubhafter als die Informationen Unbekannter. Ein sicherer Weg, sich als Experte bekannt zu machen, ist das Engagement als Moderator auf der Plattform XING. Jede XING-Gruppe hat einen oder mehrere Moderatoren. Die Moderatoren sind allen Mitgliedern der Gruppe bekannt, denn sie laden in die Gruppe ein, sie moderieren die Diskussionen im Forum und versenden die Newsletter.
Auf der Plattform XING ist es möglich, Newsletter ohne die ausdrückliche Zustimmung des Empfängers zu versenden. Dies ist ein Graubereich des bestehenden Rechts: Zwar dürfen Mailings nicht ungefragt an Mailadressen geschickt werden, Mitglieder einer XING-Gruppe bekommen jedoch automatisch den Newsletter der Gruppe zugesandt. Wer sich bei XING als Mitglied einer bestimmten Gruppe anmeldet, hat damit bereits sein Interesse an dem Thema signalisiert. Er weiß also, was er tut.
Der Moderator kann potentielle Interessenten auch aktiv in seine Gruppe einladen. Er ist engagierter und agiert auf einer höheren Ebene als ein einfaches Gruppenmitglied. Auch das signalisiert Kompetenz. So etabliert sich der Moderator als Experte.
Wenn nun der Moderator in seiner Expertenrolle einem Mitglied seiner XING-Gruppe ein Angebot unterbreitet, ist die Reaktion meist positiv: „Freut mich, dass Du an mich gedacht hast.“ Die Information oder das Angebot haben ihren werblichen Charakter verloren. Anders als Werbung nach dem Gießkannenprinzip wird ein solches Angebot häufig dankbar angenommen.
Der XING-Moderator kann einen positiven Kreislauf in Gang setzen, um seinen Expertenstatus weiter zu verbessern. Ich habe zum Beispiel auf meine Webseite ein Verpackungslexikon gestellt. Dann habe ich Menschen aus der Branche eingeladen, am weiteren Ausbau des Lexikons mitzuarbeiten: „Wollt Ihr nicht mitwirken?“ Dieses Angebot wurde gerne akzeptiert, viele fühlen sich einbezogen.
Damit signalisiere ich Offenheit und Transparenz. Und das Verpackungslexikon wurde immer umfangreicher und interessanter. Auch in der Presse wurde die Idee aufgegriffen und darüber berichtet. Ich habe im Netzwerk widerum auf die Presseberichte hingewiesen. So begann ein sich verstärkener Kreislauf und ich war im Gespräch. Als Herausgeber des Verpackungslexikons habe ich Bekanntheit erlangt und meinen Expertenstatus gefestigt.
Wie auch der Erfolg des Online-Lexikon Wikipedia zeigt, möchten sich viele Menschen an den Datenbanken beteiligen und ihr Wissen einbringen. Sie geben ihr Know-How gerne weiter. Hinter den Online-Lexika steckt eine ungeheure Menge Arbeit, die nur durch die Beteiligung Vieler zu schaffen ist.
Grundsätzlich gilt auch in diesem Fall: Werbung, Akquise und Kundenpflege darf nicht als Störung wahrgenommen werden, sondern sie muss als Bereicherung gesehen werden.
Der Kunde und das Mitmach-Netz
Die Zeiten, in denen Kunden ergeben Werbeinformationen lauschten, sind also definitiv vorbei. Wir leben in einem interaktiven Zeitalter. Viele glauben, dass Interaktivität nur im Internet möglich ist. Doch das ist falsch. Auch klassische Werbung kann interaktiv sein, wie Coupon-Aktionen und Gewinnspiele zeigen, die ebenfalls einen aktiven Einsatz des Kunden verlangen.
Sicherlich ist das Internet als Mitmach-Netz ganz besonders gut geeignet, um mit Kunden zu kommunizieren. Alle Maßnahmen, um Kunden zu werben und zu halten, sollten interaktiv sein.
Interaktivität macht Spaß, da der Kunde auf die Angebote reagieren kann. Dies zeigt auch das Angebot, sich am Aufbau des Verpackungslexikons zu beteiligen. Selbst wenn jemand nicht auf das Angebot eingeht, hat er das Gefühl, eingeladen zu sein und sich beteiligen zu können. Damit fühlt sich der Ansprechpartner geehrt, denn ihm wird offensichtlich das nötige Wissen zugetraut. Dass es sich um eine Werbemaßnahme handelt, mit der die Bekanntheit meiner Webseite gesteigert wird, steht nicht im Vordergrund. Das Angebot des Verpackungslexikon aufzubauen und zu nutzen wird nicht als Werbung empfunden ist damit keine Störung.
Wenn Personal Relations genutzt wurden, um die geeigneten Ansprechpartner zu finden, dann können Anbieter und Kunden gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft durchstarten. Denn wenn der Anbieter seine Hausaufgaben gemacht hat und die richtigen Ansprechpartner ausgesucht hat, besteht bei diesen ein aktives Interesse an seinem Angebot. Die aktive Bestätigung “ja, ich habe Interesse” macht dem potentiellen Kunden bewusst, dass es in seinem Interesse liegt, diesen Kontakt zuzulassen und diese Informationen zu beziehen.
Die erfolgreiche Kommunikation setzt also die Einwilligung des Empfängers voraus.
Das Internet nutzt jedoch nicht nur dem Anbieter, sondern auch dem Kunden. Dieser informiert sich im Internet genauso wie in den klassichen Medien. Webseiten, Foren und Blogs bieten eine Fülle von Informationen. Im Gegensatz zu den Informationen der Presse sind die Meldungen im Internet ungefiltert und häufig subjektiv gefärbt. Das bietet Chancen – genauso wie es Gefahren birgt.
Doch eins ist klar: Klassische Werbung allein ist mehr und mehr ein Fall für den Papierkorb. Wer seine potentiellen Kunden zielgerichtet erreichen will, kommt ums Internet nicht mehr herum.