Der Abstieg der klassischen Werbung

Warum Postwurfsendungen ungelesen im Papierkorb landen

Die klassische Werbung ist auf dem Schrumpfkurs. Früher, als sie noch Reklame hieß, hat sie gut funktioniert. Das interessierte Publikum begrüßte die Produkthinweise als wichtige Informationsquelle. Doch die ungeheure Vielzahl an Produkten, die sich heute auf dem Markt tummeln, hat auch einen inflationären Einsatz der klassischen Werbung zur Folge. Werbeblöcke unterbrechen den schönsten Spielfilm. Plakatwände verschandeln die Landschaft. Werbesprüche im Radio bohren sich ins Ohr, obwohl uns die beworbenen Produkte überhaupt nicht interessieren.
Klassische Werbung ist unspezifisch, sie arbeitet nach dem Gießkannenprinzip. Sie macht auch die Leute nass, die gar nicht gewaschen werden wollen. Die Folge: Die Kunden machen dicht.

Das Ende der Postwurfsendung

Die daumendicken Prospekte der örtlichen Supermärkte und die Kuverts mit der Aufschrift „An alle Hausbewohner“ landen mittlerweile alle unbesehen in der Papiertonne. Wenn sie es überhaupt bis da hin geschafft haben. Die große Verbreitung der Aufkleber am Briefkasten mit der mit mehr oder weniger unfreundlichen Aufforderung, keine Werbung einzuwerfen zeigt, wie genervt die Menschen inzwischen auf klassische Werbung reagieren.
Wer Postmailings aussendet, weiß, wie katastrophal niedrig die Rücklaufraten heutzutage sind – im Geschäft genauso wie im Privathaushalt. In den Firmen haben schon die Azubis schnell raus, wie sie auch die hartnäckigste Telefonacquise abwimmeln. Selbst auf den forschen Spruch „Kann ich mal den Robert sprechen?“, mit dem sich clevere Zeitgenossen eine Zeit lang an der Vorzimmerdame vorbeimogeln konnten, fällt heute keiner mehr herein.
Print-Anzeigen haben ebenfalls an Wirkung verloren. Das liegt auch daran, dass bei der beliebten Werbezielgruppe der jungen Bevölkerung Printmedien eine immer geringere Rolle spielen. Die jährlich durchgeführte Allensbacher Computer- und Technik-Analyse zeigt, dass bei der Zielgruppe der 20- bis 39-Jährigen mit Abitur im Zeitraum von 2004 bis 2010 die Zeitung dramatisch an Bedeutung verlor. Nannten 2004 noch 60 Prozent dieser Gruppe die Zeitung als wichtigste Informationsquelle für aktuelle Nachrichten, waren es 2010 nur noch 40 Prozent. Demgegenüber nannten 2004 nur 29 Prozent der gleichen Gruppe das Internet als wichtigste Informationsquelle, sechs Jahre später waren es bereits 58 Prozent, also mehr als die Hälfte.
Dieser Trend ist nicht mehr umkehrbar. Werber, die dennoch weiterhin auf Printmedien setzen, geben eine Studie nach der anderen in Auftrag, um zu erforschen, wie Print wieder wirken kann. Eine Studie jagt die nächste: In der einen heißt es, Testimonials von Prominenten nerven, in der anderen werden Promis als Werbeträger geradezu gefeiert. Durch solchen Aktionismus wird nur verschleiert, dass Print nicht mehr wirkt. Denn der Verbraucher reagiert nicht mehr auf klassische Werbung.
Durch Printwerbung wird eine Menge Geld verbraten, Geld, dass sinnvoller und effektiver in neue Werbeformen in den neuen Medien investiert würde. Häufig wird argumentiert, dass klassische Werbung unterschwellige Botschaften aussende, die der Adressat unbewusst aufnehme. Das ist ein Irrglaube, der kaum auszurotten ist. Dieses Argument ist nur ein Feigenblatt, um zu bemänteln, dass Print nicht mehr wirkt. Die angeblich unterschwellige Wirkung einer Werbeaussage ist schwer zu belegen und auch schwer zu wiederlegen. Wenn sich herumsprechen würde, wie wirkungslos solche vorgeblich unterschwelligen Botschaften wirklich sind, wären die klassischen Agenturen schon längst ausgestorben. Die Ideen der Kreativen sind bisweilen sensationell lustig, aber an das beworbene Produkt erinnert sich kaum jemand.
“Herr Kaiser” aus der Versicherungswerbung im Fernsehen ist den meisten Menschen bekannt, doch kaum jemand kann den Namen der Versicherung benennen, für die Herr Kaiser wirbt. Ähnlich ist es mit dem Spot einer Bausparkasse, in der die Tochter eines Hippies den spießigen Nachbarn beneidet, weil der einen Bausparvertrag hat. An den Spot erinnern sich viele, doch welche Bausparkasse hatte ihn geschaltet?
Genaue Beobachter werden das Gefühl nicht los, dass sich eine Branche selbst feiert, wenn sie ihre lustigsten Spots als Kinofilme herausbringt und mit Genuss in Cannes auf dem roten Teppich promeniert – sich dabei aber einen Teufel darum schert, ob der Absatz der Auftraggeber auch wirklich steigt.
Auch technischer Fortschritt hebelt klassische Werbung aus. Moderne Fernseher verfügen über eine interne Festplatte, die das Fernsehprogramm aufnehmen und es zeitversetzt abspielen lassen – die ungeliebten Werbeblöcke werden dabei ganz automatisch übersprungen. Und die Entwicklung geht noch weiter: Immer weniger Menschen möchten sich auf das Angebot beschränken, das ihnen von den Sendern Woche für Woche präsentiert wird. Auch wenn sie aus dem Angebot von mindestens dreißig Sendern auswählen können – oft genug ist nichts Sehenswertes dabei. Kein Wunder, dass Filme, die aus dem Internet heruntergeladen werden, den klassischen Fernsehabend mehr und mehr ersetzen. So entsteht ein neues Sehverhalten, das die Fernsehwerbung einfach unterläuft: Ich sehe mir das an, was ich will, wann und wo ich will. Kein Mensch schaut sich Werbung freiwillig an.
Dass Werbeblöcke im Fernsehen nicht mehr funktionieren, sehen wir auch daran, dass zunehmend auf Schleichwerbung gesetzt wird. Mit Product Placement werden Markenartikel in die Drehbücher gedrückt. Dieses Vorgehen ist in den angelsächsischen Ländern bereits viel verbreiteter als im streng regulierten Deutschland.
Einzig die Imagewerbung funktioniert noch. Während bei der Produktwerbung die Eigenschaften der Ware im Vordergrund stehen und bei Preiswerbung der im Vergleich günstige Preis, stellt die Imagewerbung das beworbene Produkt in einen bestimmten Zusammenhang. Imagewerbung appelliert allein an das Gefühl. Der Slogan “Enjoy Coca Cola” etwa wirbt nicht mit den Eigenschaften des Getränks. Coca Cola vermittelt mit seinen Anzeigen den Eindruck, dass Cola für Jugendlichkeit, Genuss und Freude steht. Es geht gar nicht darum, ob das Getränk gut schmeckt oder wach macht.
Nur große Unternehmen wie etwa Apple, Ericsson oder Coca Cola können die gigantischen Summen aufbringen, die gute Imagewerbung erfordert. Denn sie funktioniert nur, wenn die Botschaft immer und überall wiederholt wird, denn es gibt keinen logischen oder inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Produkt und der Werbebotschaft. Kleine und mittelständische Unternehmen können sich solche Kampagnen nicht leisten. Außerdem erreicht auch die Imagewerbung nur zum Teil den gewünschten Empfänger. Eine 80jährige sieht zwar den Apple-Spot in der Fernsehwerbung, kann damit aber nichts anfangen – wieder wurden Werbegelder per Gießkanne verteilt, ein teures, oft nutzloses Vorgehen.

Es gibt noch einen weiteren Umstand, der klassischer Werbung den Todesstoß versetzt: die zunehmende Mündigkeit des Verbrauchers. Der Verbraucher ist erwachsen geworden und informiert sich selbst. Den Werbeversprechen traut er längst nicht mehr, denn zu oft ist er enttäuscht worden. Das vielfach beworbene Waschmittel wäscht eben auch nicht weißer als die anderen, das hat der Verbraucher schon gemerkt.

Die Werbung wandert in die digitale Welt

Die Tageszeitungen kämpfen ums Überleben. Ihre Existenz ist von der Schaltung von Werbeanzeigen abhängig. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger ging im Jahr 2009 das Anzeigenvolumen um 16 Prozent zurück. Von einer Erholung war auch 2010 nichts zu spüren. Nicht viel besser ergeht es den Fernsehsendern: Hier nahm das Werbevolumen um durchschnittlich 13 Prozent ab, wie Medienanalysten von Screen Digest ermittelten.
Unter diesem Rückgang leiden die Werbeagenturen. Unternehmen investieren immer weniger in Kampagnen, die klassische Agenturen für Printmedien und Fernsehen entwickeln. Dafür fließen mehr Werbemillionen an Anbieter, die mit der digitalen Welt vertraut sind.
Die großen Gewinner der Werbewelt sind die digitalen Medien. Mobile ads, also Anzeigen, die auf Handys oder andere tragbare Geräte gesendet werden, legten 2009 um 18 Prozent zu. 2009 wurden etwa 80 Prozent mehr Werbekampagnen auf mobile Endgeräte verschickt als 2008, berichtet der Mobile Advertising Circle (MAC) im Bundesverband Digitale Wirtschaft. Auch die klassische Online-Werbung liegt weiter im Aufwärtstrend. Rund 1,6 Milliarden Euro betrug laut Nielsen das Volumen des Online-Werbemarktes 2009 und lag damit um 9,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahres.
Die Werbung wandert also langsam von der analogen in die digitale Welt – die Fachwelt kann das nur bestätigen. 93 Prozent der Agenturen sehen nach Angaben des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA eine derartige Verlagerung. Der Verband schätzt, dass inzwischen rund 20 Prozent der Agenturleistungen im Onlinebereich erbracht werden.
Auf den ersten Blick scheint die Welt der klassischen Werbung mit der Online-Werbung nicht vereinbar. Noch arbeitet der Großteil der Kreativen bei herkömmlichen Agenturen, die sich ausschließlich mit traditioneller Werbung beschäftigen. Sie kennen sich mit den Neuen Medien nicht aus oder lehnen diese sogar als Spielwiese für Teenager ab. Anders als die Digital Natives trauen sie sich nicht, die sozialen Netzwerke einfach mal zu erkunden. Klassische Werber wagen sich nicht in die neue Welt, auch wenn sie viel über deren Möglichkeiten reden. Sie trauen sich nicht ran an den Speck der Werbemillionen, die in Internet-Werbung fließen und in Zukunft noch verstärkter fließen werden. Dabei muss niemand ein Crack in HTML- oder Flash-Programmierung sein, um online Werbung zu machen. Doch er muss sich mit den ungeschriebenen Regeln des Internets auskennen, um dort erfolgreich Kunden zu gewinnen.
Auf der anderen Seite treten eine Menge junger Werber an den Start, die die herkömmliche Werbung verachten und meinen, alles besser zu können, weil sie ausschließlich auf das Internet und seine Möglichkeiten setzen. Die Digital Natives verkennen, welche Möglichkeiten die herkömmliche Werbung bietet. Es ist falsch, das Rad wieder neu zu erfinden. Denn die beiden Welten der klassischen Werbung und des Internets lassen sich vorteilhaft miteinander kombinieren und verschmelzen. Doch dazu muss man die Gesetzmäßigkeiten des Mitmachnetzes und der sozialen Netzwerke gut kennen.
Es reicht nicht aus, mit den Methoden der klassischen Werbung ins Internet zu wechseln. Viele Werber setzen auf alten Wein in neuen Schläuchen und übertragen die Methoden der klassichen Werbung eins zu eins ins Internet. Das funktioniert aber nicht. Es ist einfallslos, anstelle eines Brief-Mailings nun eine Menge Mails zu versenden. Damit wird das Gießkannenprinzip nur fortgesetzt.
Das Internet wiederholt gerade im Zeitraffer die Geschichte der herkömmlichen Werbung. Damit werden deren Methoden jedoch nicht effektiver. Natürlich ist es preiswerter, Mailings per Mail zu versenden als per Brief. Doch der Empfänger nimmt sie deshalb noch lange nicht besser wahr. In der Frühzeit des Internets waren animierte Werbefiguren noch lustig, jetzt aber nerven die Einblendungen, die sich vor die Webseiten schieben, sogar noch mehr als Printanzeigen oder Fernsehspots. Genauso, wie der Verbraucher Anzeigen in Zeitungen einfach überblättert, klickt er Werbeeinblendungen auf Webseiten weg.

Das Beste zweier Welten

Klassische Werbung verliert an Boden, doch sie wird dadurch noch lange nicht überflüssig. Es ist ein Fehler, im Überschwang der Begeisterung über die Möglichkeiten der neuen sozialen Netzwerke die klassischen Methoden über Bord zu werfen. Das hieße nur, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Vielmehr dienen die klassischen Methoden dem modernen Marketing als wichtiger Baustein. Die klassische Werbung findet einen neuen Platz als Bestandteil der integrierten Kampagnen.
Es geht gar nicht darum, sich für die eine oder die andere Form der Werbung zu entscheiden. Richtig ist, die Vorteile beider Welten zu vereinen. Erst die Kombination der beiden Vorgehensweisen wirkt unschlagbar. Diese Kombi-Wirkung der Werbewelten wird noch nicht ausreichend erkannt. An Hochschulen ist diese Lehrmeinung bisher nicht vertreten, so dass die nachfolgende Generation der Werber auf learning by doing angewiesen ist.

Information – das Gold der Werbung

Menschen sind gierig nach Information. Diese finden sie nicht in der klassischen Werbung, in der häufig übertriebene Aussagen gemacht werden. Niemand vertraut mehr den Werbeversprechen. Hingegen suchen die Verbraucher aktiv nach unabhängigen Informationen. Sie lesen im Internet, was andere von einem Buch halten. Sie registrieren die Bewertungen anderer Hotelgäste, bevor sie buchen. Die Kunden durchforsten das Netz regelrecht auf der Suche nach handfesten Informationen. Damit ist der Verbraucher unabhängig geworden. Mit einigen wenigen Klicks kann er Werbeversprechen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen.
Ein guter Ansatz für Online-Werbung ist daher, Informationen gratis zur Verfügung zu stellen, etwa Kostenrechner, Vergleichstests, Hinweise auf Internettools oder ähnliches. Dies zieht Menschen auf eine Webseite, die auf der Suche nach Informationen sind. Die Nutzer der Webseite registrieren, wer ihnen dieses kostenlose Angebot zur Verfügung stellt. Wenn es ihnen gut gefallen hat, bestellen sie eventuell den Newsletter, der auf der Seite angeboten wird.
Die klassische Werbung hat ausgedient. Doch ein Ende ist immer auch ein Anfang: Neue Werbeformen werden die alten ablösen.

Dich will ich kennenlernen

Warum Leuchttürme keinen Aufwand bei der Kundensuche treiben müssen

Partner gesucht? Die sicherste Methode, um auf einer Party jemanden kennen zu lernen, ist es, sich die Haare knallrot zu färben und ein T-Shirt zu tragen, auf dem steht: „Sprich mich an, ich bin zu schüchtern, jemand anzusprechen.“ Warum das funktioniert? – Weil die auffällige Haarfarbe Interesse weckt und das T-Shirt einen Weg zeigt, wie der Kontakt aufzunehmen ist. Es sind also zwei Bedingungen, die diese Masche erfolgreich machen.
Wenn eine dieser beiden Kriterien fehlt, scheitert die Kontaktanbahnung. Natürlich würde ich gerne Präsident Barack Obama kennen lernen, sehe aber keinen gangbaren Weg dafür. Wenn mir aber jemand die Telefonnummer von Obama mit einer kurzen Empfehlung geben würde, würde ich zu einer passenden Tageszeit dort anrufen.
Eine Person muss interessant sein, um den Wunsch zu wecken, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Im ersten Fall sind dies die roten Haare, bei Obama seine steile politische Karriere und sein herausragendes Charisma.
Es kann allerdings auch vorkommen, dass eine Person Interesse weckt, die wir gar nicht kennen. Zum Beispiel gibt es bei XING einen Moderator, der die größte Gruppe des Netzwerks leitet. Es handelt sich um die Gruppe „Vertrieb und Verkauf“, die inzwischen mehr als 77.000 Mitglieder hat. Den Moderator würde ich gerne kennen lernen, obwohl ich kaum etwas über ihn weiß. In diesem Fall interessiert mich eine Sache, nämlich die überaus beliebte XING-Gruppe. Der Mensch, der diese Gruppe moderiert, ist damit zugleich für mich interessant: Wie hat er es geschafft, diese Gruppe so attraktiv zu machen? Es gibt Dutzende von Gruppen zum Thema Marketing bei XING, doch diese scheint besonders erfolgreich zu sein.
Auch würde ich mich sofort für ein Seminar anmelden, dass den Titel trägt „Wie es Bill Gates gelungen ist, in drei Wochen sein Einkommen zu verfünffachen.“ Hier interessiert mich der Inhalt des Seminars. Es wäre mir hingegen nahezu egal, wer das Seminar leitet.

Wie wird ein Unternehmen interessant?

Genau wie Personen können Unternehmen das Interesse anderer Menschen wecken. Und auch die Unternehmen können beide Wege nutzen: Sie können entweder eine spannende Person oder eine aufregende Sache anbieten.
Als die Geschäfte schlecht liefen, holte Apple Steve Jobs zurück ins Unternehmen. Die Person Steve Jobs faszinierte die Öffentlichkeit derart, dass das Interesse an Apple schlagartig zunahm. Allein durch seine Persönlichkeit, sein Charisma, seine Geschichte. Die Produkte waren zunächst die gleichen geblieben.
Welche Themen gerade als besonders interessant gelten, hängt von Modeströmungen ab. Ein Unternehmen, das mit seinem Angebot im Trend liegt, kann sich damit leicht präsentieren. Ein Unternehmen aber, das nur eben so zurecht kommt, sollte überlegen, wie es am besten an den Trend anknüpfen kann: Eher durch eine Sache oder durch eine Person?
Wer in der Sache nichts zu bieten hat, was ihn von anderen unterscheidet, sollte auf die handelnden Personen setzen. Diese Möglichkeit kann jeder nutzen, also auch ein kleines oder mittleres Unternehmen. Heizungsbauer Martin Müller etwa könnte eine Pressemeldung herausgeben: „Heizungsunternehmen Müller hat Bill Clinton als Berater gewonnen“. Schon ist das Interesse geweckt. Die Botschaft muss dann allerdings durch den Inhalt gedeckt sein: Vielleicht hat sich Bill Clinton gerade zum Wert des Klimaschutzes geäußert, und das Heizungsunternehmen bietet besonders ressourcenschonende Heizungsanlagen an. Damit wäre der Zusammenhang hergestellt und begründet.
Wer keine Person vorzuweisen hat, die interessant erscheint, sollte auf eine Sache setzen. So könnte ein Mittelständler damit werben, das erste Unternehmen weltweit zu sein, das alle in Deutschland verfügbaren Zertifizierungen abgeschlossen hat. Zertifizierungen für ökologische, soziale und handwerkliche Standards: von ISO 9001 über ISO 2000 bis hin zum Nachhaltigkeitspreis. Dieses Unternehmen wirbt also mit 100 Prozent Qualität.
Die Aussage, mit der geworben wird, muss natürlich zur Branche passen. Der Heizungsbauer könnte auch sagen: „Bei uns stehen morgen zehn nackte Models vor der Tür.“ Das würde sicherlich auch Interesse wecken, den Kundenkreis aber letztlich nicht vergrößern. Schaumschlägerei führt nicht weiter, denn gefragt sind Inhalte.

Kontaktwege anbieten

Genau wie auf der Party muss auch im Geschäftsleben der zweite Schritt geklärt sein: Wie komme ich nun ins Gespräch, wenn das Interesse geweckt ist? Voraussetzung dafür ist, dass die Adressen und alle Daten bekannt und leicht verfügbar sind. Wer eine einfache Möglichkeit zur Kontaktaufnahme anbietet, erhöht die Chancen, dass sich jemand bei ihm meldet.
Es klingt vielleicht banal, aber die Kunden müssen wissen, auf welcher Weise sie ein Unternehmen erreichen. Heute gehören zu den Kontaktdaten unbedingt die Telefon- und Faxnummer, die Postanschrift und die Mailadresse. Am besten korrespondiert diese mit der Homepage, auf der sich jeder Kunde einen Überblick über die Geschäftsbereiche schaffen kann. Damit ist die Adresse einfach zu finden, ein Klick genügt und das passende Fenster öffnet sich.
Natürlich steht unter jeder E-Mail eine Signatur mit meiner kompletten Adresse. Ob ich dabei nun weitere Kontaktmöglichkeiten und Netzwerke wie XING-Profil oder Facebook angebe, ist Geschmacksache. Ich persönlich erwähne diese Angaben nur sehr dezent. Aus einem einfachen Grund: Für mich ist es komfortabler, E-Mails zu bekommen, als Mails über den XING-Account.
Ohne elektronische Post geht es nicht mehr. Der rasante Aufstieg der Mail hängt vor allem mit der Geschwindigkeit der Übertragung zusammen: Sie bietet eine schnelle Möglichkeit, einen persönlich adressierten Brief zu schreiben. Außerdem erleichtert die Mail Menschen die Kontaktaufnahme, denen es schwer fällt, sich am Telefon auszudrücken. Wer eine Mail schreibt, kann sich Zeit lassen, am Text zu feilen. Die Mail erspart die Verlegenheit, am Telefon nach Formulierungen zu suchen, die einem nicht auf der Zunge liegen. Und anders als beim Telefonat müssen beim Mailwechsel nicht beide Personen gleichzeitig Zeit haben. All diese Vorteile haben zur weiten Verbreitung der Mail beigetragen.
Die Mail ist also unabdingbar als Kontaktangabe. Ein Skype-Name oder ein Chatangebot sind bei regional tätigen Unternehmen aktuell noch nicht notwendig, denn diese Kontaktwege sind in den meisten Branchen noch nicht weit verbreitet.

Vorlieben der Kunden akzeptieren

Ein Unternehmer kann seinen Kunden mitteilen, auf welchem Weg er am liebsten kommuniziert. Schlauer ist es jedoch, sich nach den Vorlieben der Kunden zu richten.
Zunächst ist es am besten, immer auf dem Kanal zu antworten, auf dem man angesprochen wurde. Ein Kunde, der ein Angebot per Mail erbittet, erhält es auch per Mail. Ein anderer Kunde, der per Fax anfragt, bekommt die Antwort per Fax. Das Verhalten der Kunden wird also gespiegelt. Dies sollte eigentlich im Geschäftsleben selbstverständlich sein.
Direkt danach zu fragen ist der zweite Weg, die bevorzugten Kommunikationskanäle der Kunden kennen zu lernen. Ich habe meine Kunden gefragt, ob sie lieber per Mail, Telefon oder Fax angesprochen werden wollen. Sie haben sich jeweils für eine der Möglichkeiten entschieden, und zwar ziemlich genau gedrittelt. Das zeigt, dass keiner dieser drei Kommunikationskanäle überflüssig ist.
Dem Kunden sollte überlassen bleiben, welchen Weg der Kontaktaufnahme er wählt. Die Wahl sollte auch nicht eingeschränkt werden, etwa, beispielsweise indem ich das Faxgerät abschalte. Die Daten über die Kundenvorlieben habe ich notiert, dazu zusätzliche Angaben wie „nie freitags anrufen“ oder ähnliches. Alle im Unternehmen halten sich strikt an die Vorgaben: Kunden, die eine Mail bevorzugen, haben wir seither nicht wieder angerufen, sondern stets per Mail angesprochen. Die Erfahrungen damit sind sehr gut.
Wenn jemand telefonisch schlecht zu erreichen ist, dafür aber nachts Mails versendet, nehme ich an, dass er sehr beschäftigt ist und wenig Zeit hat. Ich werde daher nicht wegen einer beliebigen Frage bei ihm anrufen, um ihm keine Zeit zu stehlen. Um das richtig einzuschätzen, wird ein wenig Fingerspitzengefühl benötigt. Jeder Mensch hat die Anlage, andere Menschen richtig einzuschätzen. Man kann diese Sensibilität aber auch trainieren. Wer sich unsicher ist, ob er richtig liegt, fragt einfach nach: „Kann es sein, dass Sie sehr beschäftigt sind?“
Wer nicht weiß, wie ein bestimmter Kunde auf eine Mail reagiert, kann schreiben: „Ich hoffe, es war für Sie in Ordnung, eine Mail zu erhalten. Wenn Sie möchten, können wir auch gerne telefonieren.“ Wenn nun der Kunde wenig später anruft, sollte man die Nachfrage nicht vergessen: „Möchten Sie in Zukunft direkt angerufen werden oder erhalten Sie unsere Angebote lieber weiterhin per Mail?“
Leider ist es im Geschäftsleben nicht selbstverständlich, sich in andere hineinzuversetzen. Doch gerade diese Sensibilität ist ein wichtiger Baustein des Erfolgs.

Ein Profil aufbauen

Wenn Ihre potentiellen Kunden all Ihre Kontaktdaten haben, sich aber nicht melden, hat das meist einen einfachen Grund: Sie haben das Interesse Ihrer Kunden noch nicht geweckt.
Wie Sie es wecken können, lässt sich mit einem einfachen Beispiel zeigen: Wen würden Sie lieber kennen lernen, den Schauspieler George Clooney oder den Schauspieler Hans Maier? Sicherlich den Weltstar Clooney. Warum? Weil Sie einiges über ihn wissen oder zu wissen glauben, hingegen von Hans Maier noch nie gehört haben. Es könnte sein, dass Sie sich bei einem Treffen mit Maier viel besser amüsieren würden als mit Clooney, aber das wissen Sie vorher nicht. Eine Information über einen Menschen zu besitzen, macht diesen also interessanter als einen Menschen, über den Sie nichts wissen.
Genauso ist es bei der Person mit den knallroten Haaren auf der Party. Entweder halten Sie diese für einen Spinner oder Sie finden sie interessant. Das Entscheidende ist, dass die Person Aufmerksamkeit erregt, weil sie ein Profil besitzt. Durch diese Aufmerksamkeit ist ihre Chance größer, zu gewinnen. Ein bekannter Verkaufstrainer, Martin Limbeck, sagte einmal: „Nicht gekauft hat der Kunde schon“, also wenn ich auffalle, stehen meine Chancen 50 Prozent zu 50 Prozent. Wenn ich jedoch nicht aufffalle, sind sie viel geringer.
Das Profil einer Persönlichkeit oder einer Marke entsteht durch die Zusammenfügung einiger markanter Charakterzüge. Diese Eigenschaften sollten gut zu der Person passen und sich möglichst deutlich von denen anderer Personen abheben. So garantiert das Profil Aufmerksamkeit.
Erinnern Sie sich noch an Thomas Anders? Herr Anders ist ein kommerziell erfolgreicher deutscher Popsänger, der einst viel berühmter war als Dieter Bohlen. Anders und Bohlen gründeten gemeinsam die Band Modern Talking und hatten beachtliche Erfolge: Thomas Anders stand dabei im Vordergrund, er trug ein mächtiges „Nora“-Kettchen, das Gesicht wurde eingerahmt von einer dunklen Lockenpracht. Bohlen klimperte im Hintergrund auf dem umgehängten Keyboard herum.
Aber erst seit Bohlen im Fernsehen eine Casting-Show moderiert und heftige Sprüche klopft, wurde er zur Marke. Er hat sich ein Profil gegeben, eckig und unnachahmlich. Jeder kennt inzwischen Dieter Bohlen, selbst wenn er sich nicht für Musik interessieren sollte. Bohlen hat seine Show, seinen Kanal gefunden und wirbt dabei – vor allem für sich selbst.
Das ist ein geniales Konzept: Jemanden zu finden, hier den Fernsehsender, der einem auch noch dafür bezahlt, dass man seine eigene PR machen darf. Nebenbei entdeckt Bohlen natürlich auch junge Talente, die wiederum seinen Ruf mehren, indem sie in die Welt hinaus gehen und sein Loblieb singen. Auch Prominente wie Verona Feldbusch oder Heidi Klum arbeiten sorgfältig an ihrem Auftritt, unterstützt durch das Fernsehen. Jede hat sich ein eindeutiges Profil gegeben. Sie wurden interessant und haben Zulauf.
Das heißt im Klartext: Ich muss interessant sein, damit die Menschen auf mich zukommen. Und interessant werde ich, wenn ich ein Profil besitze.
Mein eigenes Profil besteht beispielsweise darin, dass ich offfen, ehrlich und transparent auftrete. Ich bin sehr präsent. Mein Kundenkreis und meine Umsatzzahlen sind für jeden einsehbar, der sich dafür interessiert. Dies sind die Gründe, warum ich häufig höre: „Mensch, Sie sind ja sehr aktiv und unternehmen viel für Ihr Marketing“. Oder etwas erstaunt und bewundernd: „Sie haben für Ihr Alter ja schon richtig viel aufgebaut“.
Woher kommt dieses Image? Ich gebe den Menschen die Möglichkeit, eine Menge Informationen über mich in Erfahrung zu bringen. Diese Informationen wirken wie Mosaiksteinchen, die sich zu einem Profil zusammen setzen. Auch dieses Buch, das Sie im Moment lesen, ist eines der Steinchen. Denn auch über diese Lektüre erfahren Sie mehr über mich und meine Marketingmethoden.
Wenn das Profil einmal herausgearbeitet ist, sollte es immer wieder nach außen demonstriert werden. In der Kommunikation sollten immer nur Botschaften verwendet werden, die zum eigenen Profil passen. Wenn Dieter Bohlen sich plötzlich kameradschaftlich und sympathisch geben würde, würde dies nicht zu seinem Profil als markanter Sprücheklopfer passen.
Ein gut geschärftes Profil hilft anderen Menschen, mich einzuschätzen. Insofern erleichtert es die Kontaktaufnahme, denn alle wissen, was Sie von mir zu erwarten haben. Genauso ist es bei der Person auf der Party, die ihre Haare knallrot gefärbt hat: Sie sendet damit auch Informationen über ihr Profil. Mit den roten Haaren legt sie fest, wie sie wirken möchte. Man würde damit eher von ihr erwarten, dass sie Popmusik hört als Klassik. Ein Gespräch über Tee wäre wahrscheinlich passender als eines über Jahrgangssekt. Das Profil ist also ein hilfreiches Mittel für eine erfolgreiche Kommunikation. Denn es signalisiert dem Gegenüber, mit wem er es zu tun hat.

Kommunikation für alle und keinen

Warum Kommunikation ohne Gegenseitigkeit auf Dauer nicht funktionieren kann

Der Mensch ist kein Einsiedler, sondern ein soziales Wesen. Deshalb reden die Menschen gerne miteinander und tauschen sich gerne aus. Einen anderen anzusprechen, den wir noch nicht oder nicht gut kennen, ist allerdings heikel: Die Kommunikation kann nur gelingen, wenn ein passender Aufhänger oder ein anderer guter Einstieg gefunden wird.
Am besten sucht man einen Anlass, der den anderen interessiert. Ist dieser gefunden, kann man auch tun, was normalerweise als unhöflich gilt: Mit der Tür ins Haus fallen und etwas anbieten. Bei dem Angebot sollte es sich aber um einen kostenlosen Service oder eine besondere Information handeln, nicht um eine kostenpflichtige Ware. Denn mit einem Kaufangebot wäre der Empfänger beim ersten Kontakt überfordert. Der erste Kontakt sollte also auf die Interessen des Empfängers zugeschnitten sein, einen passenden Aufhänger besitzen und mit einem kostenlosen Geschenk garniert sein. Dann ist er auch willkommen.
Der erste Schritt zur Kontaktaufnahme könnte sein, dass ich jemanden auf mein eBook aufmerksam mache mit der Bemerkung: „Das könnte Sie interessieren.“ Wer das Buch anfordert, erhält später eine neue Mail mit der Anfrage: „Könnten wir auch in anderen Bereichen zusammen arbeiten?“ Dies ist eine höfliche Art, um eine Beziehung aufzubauen. Wer so vorgeht, wird auch bei der Kaltakquise – also der Kontaktaufnahme zu bisher Fremden – erfolgreich sein.

Nie wieder Kaltakquise

Soziale Netzwerke ersparen die ungeliebte Kaltakquise. Wer hängt sich schon gerne den ganzen Tag ans Telefon, um bei 50 Telefonaten 49 unfreundliche Abfuhren zu erleben und vielleicht einen einzigen Erfolg zu verbuchen. Kaltakquise ist auch für die Umworbenen unerfreulich, denn meist empfinden sie diese als belästigend und zeitraubend.
Malings in sozialen Netzwerken bieten einen idealen Ersatz. Zum einen gilt auch hier das Gesetz der zeitversetzten Kommunikation: Die Mailings werden wahrgenommen, wenn der Empfänger Zeit für sie hat. Darüber hinaus ist für den Sender eine ablehnende Antwort per Mail leichter zu ertragen als eine persönliche Zurückweisung am Telefon. Dies ist ein Grund, warum sich gerade Freiberufler in den sozialen Netzwerken engagieren: Sie sind häufig auf aktive Akquise angewiesen.
Auch Facebook und Twitter bieten neue Möglichkeiten der Werbung. Wenn ein Freund Ihnen ein Produkt oder ein Unternehmen auf Facebook empfiehlt, hat das eine andere Glaubwürdigkeit als ein Fernsehspot. Die Empfehlungen von Freunden sind in der Tat so glaubwürdig, dass Kriminelle sie sich bereits zu nutze machten, um die Daten von Millionen Nutzern auszuspähen. 2010 fanden erstmals gezielte Attacken auf Facebook statt, indem eine Software über Empfehlungen weiter verbreitet wurde. Die Software machte angeblich auf partnersuchende Facebook-Mitglieder aufmerksam, spionierte aber in Wirklichkeit aus, wer mit wem vernetzt ist, um Mailadressen zu sammeln. Doch das sind unliebsame Einzelfälle, die das System selbst nicht in Frage stellen.
Der Nachrichtendienst Twitter erlaubt es, neue Ideen oder Angebote zur Diskussion zu stellen. Die Nutzer diskutieren und zeigen Schwachstellen oder Fehler auf. Sowohl der Sender profitiert von dieser öffentlichen Testphase, als auch der Empfänger. Er kann filtern, wessen Nachrichten er folgen möchte – und empfängt nur die Informationen, die ihn wirklich interessieren.

Haben oder Soll auf dem Beziehungskonto?

Bei jeder Kontaktaufnahme wird ein neues Beziehungskonto eröffnet. Wichtig ist daher, dass ich nicht gleich mit der Variante „Nehmen“ ins Haus falle. Nehmen ohne zu geben funktioniert nicht. Dies ist übrigens auch der Grund, warum Spam so unbeliebt ist: Hier wird zwar etwas angeboten, aber es handelt sich nur scheinbar um ein Angebot. In Wirklichkeit nimmt Spam etwas, es raubt nämlich Zeit. Beim Spam handelt es sich also um ein Nehmen, nicht um ein Geben. Daher sollte jeder vermeiden, seine Angebote wie Spam klingen zu lassen.
Dies hört sich simpel an, doch in der Geschäftswelt wird nur zu häufig mit Angeboten geworben, die eigentlich keine sind. Wenn ich einen Anruf erhalte mit der Anfrage, ob ich ein Angebot für eine Autoversicherung einholen möchte, fühle ich mich belästigt. Ich werde noch nicht einmal gefragt, ob ich überhaupt Interesse an einer Autoversicherung habe. Was kann mir der Anrufer bieten, was meine aktuelle Autoversicherung nicht hat? Ein solcher Anruf klingt wie ein „Geben“, ist aber im Grunde ein „Nehmen“. Mir wird Zeit gestohlen.
Besser wäre es, das Angebot mit einer echten Gabe zu kombinieren, etwa einem Gutschein für einen neuen Verbandskasten: „Mit uns sind Sie immer auf der sicheren Seite!“ – „Holen Sie ein Angebot von uns ein und Sie erhalten einen Gutschein, egal, ob Sie eine Versicherung abschließen oder nicht.“ Hier ist der Kunde immer der Gewinner, ob das Geschäft zustande kommt oder nicht. Eine solche Kontaktaufnahme würde nicht als Störung empfunden, selbst wenn klar ist, dass der Anrufer im Grunde etwas erreichen will. Er möchte einen neuen Abschluss für seine Versicherung.
Ich selbst achte darauf, dass ich potentiellen Kunden zunächst etwas gebe. In Zeiten des Internets ist es sehr einfach geworden, kostenlose Give-aways zu erstellen, zum Beispiel ein PDF, eine CD mit Tools oder ein eBook. Diese Veröffentlichungen können Informationen enthalten, die für den Empfänger nützlich sind. Jeder hat in seinem Fachgebiet Kenntnisse, die seine Kunden nicht besitzen. Daher kann jeder für seinen Geschäftsbereich Themen finden, die er in kostenlosen PDFs oder eBooks veröffentlichen kann. Der Aufwand ist gering, der Effekt groß.
Außerdem versende ich Gutscheine für Workshops. Auch das bereitet mir wenig Mühe. Der Workshop gibt ebenfalls Einblicke in mein Fachgebiet. Gleichzeitig positioniere ich mich durch das Angebot von Workshops als Experte, was wiederum meine Glaubwürdigkeit erhöht. Nach einem gewissen Zeitraum, durchaus auch mal nach einem ganzen Jahr, frage ich beim Empfänger nach, ob Interesse an dem Workshop besteht. Ich lege dazu passende Termine auf, die ich anbieten kann. Gleichzeitig sage ich: „Es würde mich freuen, wenn Sie an mich denken, sollten Sie ein neues Angebot im Bereich der Verpackungsfolien brauchen.“ Das ist eine ganz sanfte Vorgehensweise, um das eigene Angebot zu bewerben. Dadurch fühlt sich niemand überfahren oder genervt.

Interesse wecken

Wir alle kennen die Situation auf einem südländischen Basar, wenn nicht aus eigenem Erleben dann zumindest aus Filmen. Dort bewerben die Verkäufer ihre Ware sehr offensiv, sie sprechen die Kunden an oder zupfen sogar am Hemdsärmel: „Deutsch? Niederländer? – Do you speak englisch?“ In der Regel fühlen wir uns als Mitteleuropäer belästigt, wenn die Verkäufer so massiv um unsere Aufmerksamkeit buhlen.

Wenn ich aber an einem Stand stehen bleibe und frage: „Was ist das für eine Frucht?“ und der Verkäufer sagt: „Eine Maracuja, bitte probieren Sie!“, fühle ich mich nicht mehr belästigt. Da ich Interesse gezeigt habe, ist es folgerichtig, dass der Verkäufer mir ein Angebot macht. Er darf nun sogar sagen: „Hier habe ich eine ganz besondere Ananas, möchten Sie die auch kosten?“ Wenn mir die Früchte schmecken, werde ich nun an diesem Stand kaufen, da schon ein Kontakt besteht. Ich würde mich nicht abwenden und anschließend am Stand nebenan Maracuja und Ananas erstehen. Denn das wäre grob unhöflich.
Außerdem müsste ich am zweiten Stand wieder einen neuen Kontakt zum Verkäufer aufbauen, was eine umständliche Vorgehensweise wäre. Nein, ich werde bei dem Obsthändler kaufen, der mich so freundlich seine Früchte probieren ließ. Der Unterschied zur vorherigen Situation besteht darin, dass ich selbst aktiv Interesse an den Waren des Obsthändlers gezeigt habe. Das Interesse des potentiellen Kunden ist eine elementare Voraussetzung für den Geschäftsabschluss.

Wie sich ein gutes Angebot von Spam unterscheidet

Im Internet ist die Situation ähnlich: Spam wird an alle möglichen Empfänger versendet und als Belästigung empfunden. Damit ähnelt Spam den Verkäufern, die unaufgefordert mögliche Kunden belästigen. Spam bedeutet, jemanden mit Werbung zuzumüllen. Es handelt sich um die reine Aufforderung, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, ohne vorher das Interesse des Empfängers abzufragen.
Viagra-Werbung etwa erhalten alle Mail-Besitzer ohne Ansehen von Alter und Geschlecht. Dies macht sie so ärgerlich. Sinnvoller wäre es, diese Werbung nur an die Besucher einer Webseite mit Informationen über Erektionsstörungen zu senden.
Wer Viagra-Werbung an eine Nonne im Kloster sendet, muss sich nicht über mangelnde Resonanz wundern. Weder die Nonne noch deren Bekanntenkreis wird vermutlich Bedarf an Viagra haben.
Kommunikation bleibt eingleisig, wenn der Empfänger kein Interesse an der Information hat. Der Absender sollte sich im Vorfeld über die Interessen des Empfängers informieren. Die besagte Nonne, die sich zufällig in ein Rotlichtviertel verirrt hat, wird von den Türstehern dennoch nicht angesprochen. Es ist einfach zu deutlich, dass es keinen Sinn macht, sie in den Nachtclub einzuladen. Bevor ich also als Verkäufer aktiv auf einen potentiellen Kunden zugehe, sollte ich mich fragen, ob mein Angebot passt.
Zu wem mein Angebot passt, kann ich auf einfache Weise in Erfahrung bringen: Ich frage einfach den Empfänger, ob er Interesse daran hat. Das ist der Grundsatz des Permission Marketing. Permission Marketing holt erst die Zustimmung der potentiellen Kunden ein, bevor ein Angebot unterbreitet wird. Diese Zustimmung kann natürlich auch mit sanftem Zwang eingeholt werden, aber das macht wenig Sinn.
Besser ist es, ein verlockendes Angebot zu offerieren. Ein Obstverkäufer etwa könnte eine Schale mit aufgeschnittenen Früchten an seinen Stand stellen. Jeder darf zugreifen, unter der Bedingung, dass er seine Visitenkarte hinterlässt. Wenn jemand aber an dem Obststand vorbeigeht, schnell eine der aufgeschnittenen Früchte schnappt und keine Visitenkarte hinterlässt, wäre das nicht in Ordnung. Auch wenn jemand mehrere Früchte probiert, dann aber weitergeht und woanders kauft, würde das nicht gerne gesehen werden.
Ein solches Verhalten könnte der Obstverkäufer verhindern, indem er sagt: „Wenn du zurück kommst und bei mir kaufst, bekommst du die Ananas zum halben Preis.“ Ein Verkäufer, der nur anbietet, aber nicht nimmt, macht etwas falsch. Der Verkäufer sollte auch nehmen, nämlich die Kontaktdaten der Interessenten für sein Produkt. Das ist Permission Marketing.

Im zweiten Schritt die Kontaktdaten

Die erste Kontaktaufnahme sollte dazu führen, dass die Kontaktdaten übermittelt werden. Dies ist ein offener Deal: Der potentielle Kunde bekommt eine Information, der Verkäufer erhält die Kontaktdaten.
Genau so gehe ich selbst vor. Ich gebe zunächst etwas, zum Beispiel ein eBook oder ein PDF, erbitte dann über das Opt-in Verfahren vom anderen seine Mailadresse. Wenn ich die Mailadresse bekommen habe und er mir ausdrücklich bestätigt hat, dass er einverstanden ist, weitere Informationen zu erhalten, kann ich ihm diese senden. Zu einem späteren Zeitpunkt auch ein erstes interessantes Angebot, unverbindlich versteht sich. Nun folgt meist eine längere Phase, in der ich durch anhaltende Kontakte systematisch auf das Beziehungskonto einzahle, bis schließlich ein Geschäft abgeschlossen wird.
Beziehungskonten können auch vom Kunden genährt werden. In dem Fall gibt der Kunde etwas und der Verkäufer empfängt. Einer meiner Kunden erzählte mir beispielsweise: „Wussten Sie schon, Ihr Mitbewerber hat gerade seine Preise drastisch erhöht.“ – „Ist mir neu, danke für die Information.“ Für mich war diese Information natürlich Gold wert. Ich war dem Kunden, der mich über die Aktion des Mitbewerbers informierte, zu Dank verpflichtet.
Denn beim nächsten Kunden konnte ich diese Information sofort gewinnbringend einsetzen: „Haben Sie schon gehört, dass unser Mitbewerber die Preise erhöht hat? Bei uns kaufen Sie selbstverständlich zum alten Preis.“ Schon war das Geschäft gemacht. Auch hier habe ich auf das Beziehungskonto eingezahlt, denn der Kunde ist froh, nicht beim teureren Mitbewerber zu kaufen. Das Guthaben auf beiden Beziehungskonten wurde erhöht.
Diese Beziehungskonten pflege ich systematisch. Indem ich zuerst einzahle, erbitte ich die Erlaubnis, ein Angebot unterbreiten zu dürfen. So ist auch bei Erstkontakten die Form gewahrt: Der Kunde erhält etwas, bevor etwas von ihm gefordert wird. Die kostenlose Gabe ist der Türöffner. Die Einwilligung des Kunden, seine Kontaktdaten herauszugeben, führt zum zweiten Schritt: einem Angebot. Das Angebot trifft nun auf offene Ohren, da der Kunde den Absender bereits kennt und ihm gegenüber positiv eingestellt ist. Ein Angebot ist außerdem nicht bedrängend, denn es muss nicht unbedingt sofort zum Geschäftsabschluss führen.
Auf diese Weise pflege ich die Beziehungen zu meinen Kunden. Dabei steht die Freiwilligkeit des Kunden immer im Vordergrund: Ob er Informationen von mir erhalten möchte, ist seine Entscheidung. Ohne die Einwilligung des Kunden wären meine Angebote reiner Spam.
Bisher habe ich gezeigt, wie man geschickt auf Kunden zugeht. Es gibt aber auch Unternehmen, die nicht hinter ihren Kunden herlaufen, sondern durch ihre Positionierung die Kunden anlocken.

Bekannte hoch zwei

Warum Bekannte zweiter Ordnung so effektiv sind

Sie können 62.500 Vertriebsmitarbeiter beschäftigen, die Ihre Endkunden und deren Bedürfnisse bestens kennen. Wie das? Ganz einfach: Jeder Mensch hat durchschnittlich 250 Bekannte. Diese Bekannten haben wiederum 250 Bekannte. 250 hoch zwei oder 250 mal 250 ergibt 62.500 Kontakte, die Sie nutzen können.
Diese vielversprechende Möglichkeit ist erst durch das Internet entstanden. Früher kannte ich die Bekannten meiner Bekannten nicht oder nur aus deren Erzählungen. Heute sind die Kontakte meiner Bekannten in den sozialen Netzwerken sichtbar, ein Klick genügt und ich lande auf deren Profil. Diese Transparenz verschafft dem Marketing völlig neue Perspektiven. Wir können die Kontaktnetzwerke nun aktivieren, um unsere Angebote weiter zu empfehlen. Natürlich sind dabei einige Spielregeln zu beachten.
Zunächst ein Negativ-Beispiel, ein Exempel, wie es gerade nicht funktioniert: Ich erhielt vor einiger Zeit den Anruf eines Kunden, der mir erzählte, jemand habe sich bei ihm als ein enger Bekannter von mir ausgegeben. Der Kunde war jedoch stutzig geworden, weil dieser Mensch meinen Namen verwechselte, er sprach von Norbert und nicht von Robert Nabenhauer. Als ich hörte, um wen es sich handelte, musste ich lachen: „Das ist kein Bekannter von mir, das ist einer meiner Mitbewerber.“ Der Anrufer war froh, mir davon erzählt zu haben. Und enttäuscht, dass er hintergangen worden war. Er sagte: „Dieser Mensch ist für mich gestorben.“
Heute wird es schwieriger, sich als Bekannter von irgendjemanden auszugeben, da die sozialen Netzwerke im Internet einsehbar sind. Zudem kann per Mail schnell nachgefragt werden, ob eine angebliche Referenz echt ist.
Die Bekanntschaften hoch zwei können genutzt werden, aber nicht die Bekanntschaft hoch x. Es wird behauptet, dass alle Menschen über nur 20 Ecken miteinander verwandt sind. Trotzdem könnte nun nicht jeder daher kommen und etwa Barack Obama anrufen – mit dem Hinweis auf eine weitläufige, abstrakte Verwandtschaft. Wenn jemand aber den persönlichen Assistenten von Obama kennt, würde dieser Zwischenschritt ausreichen, um an den Präsidenten heranzutreten. Die Aussage „wir haben einen gemeinsamen Bekannten“ schafft sofort Nähe und Vertrautheit.

Bekannte gewinnen

Wer ist überhaupt mein Bekannter? Zu einem Bekannten besteht eine emotionale Bindung. Diese emotionale Nähe hat zunächst einmal nichts mit örtlicher Nähe zu tun. Mein Cousin fünften Grades kann zwei Häuser weiter wohnen, dennoch ist er mir weniger vertraut als der eigene Bruder, der in einer anderen, weit entfernten Stadt lebt.
Auch Menschen, die ich nicht persönlich kenne, können meine Bekannten sein. Ich habe zum Beispiel einige witzige Videos auf meinem Rechner gespeichert. Die meisten dieser Videos hat mir jemand geschickt, den ich noch nie gesehen habe. Dennoch ist mir der Absender vertraut: als die Person, die immer die witzigen Videos schickt. Vielleicht stammen einige der Videos auf meinem Computer sogar von jemand anders, doch da ich gewohnt bin, humorvolle Videos immer von dem gleichen Absender zu bekommen, ordne ich diesem auch die wenigen anderen Filmchen zu, die aus anderer Quelle stammen. Für mich wirkt der Versender der Komik-Videos wie ein direkter Bekannter.

Auch mit Bekannten, die wir schon einmal getroffen haben, sind wir nicht unbedingt vertrauter als mit jemanden, den wir aus unserem geschäftlichen Umfeld kennen. Denn ein Schulkamerad, mit dem wir vor 30 Jahren die gleiche Schulbank drückten, den wir aber nur noch alle zehn Jahre beim Abitreffen sehen, weiß wenig über unseren aktuellen Alltag. Ein Kollege hingegen, den wir nur aus einem beruflich orientierten Forum kennen, kann uns sehr vertraut vorkommen.
Entscheidend ist also die Vertrautheit, nicht die Tatsache, ob man sich schon einmal real begegnet ist.

Schwache Bindungen, starke Netzwerke

Die Beziehungen zu den Bekannten meiner Bekannten sind zwar nicht gerade intim, dennoch sind die sozialen Netzwerke belastbar und effektiv. Jemanden zu kennen, muss nicht immer eine persönliche Bekanntschaft bedeuten. Zum einen sind Bekannte Menschen, die wir mal getroffen haben, die aber nicht unsere Freunde sind. Zum anderen spricht man von Bekannten im Sinne von „bekannter Experten für etwas.“
Unternehmen können sich die sozialen Netzwerke zunutze machen, indem sie Empfehlungsmarketing online betreiben. Systematisch wird diese Methode von den sozialen Netzwerken selbst genutzt. XING etwa verleiht allen Mitgliedern, die weitere Mitglieder werben, einige Monate kostenlose Premium-Mitgliedschaft.
Doch im allgemeinen wird das Marketing über die Bekannten der Bekannten unterschätzt. Dabei eignet es sich auch für kleine und mittlere Unternehmen, da es nicht viel Aufwand erfordert und nachgerade preiswert ist. Einfache Werbeinstrumente sind Referenzen oder Rezensionen sowie Gutscheinaktionen.
Referenzen von Kunden bieten auch Dienstleistern eine Möglichkeit, ihr Angebot zu bewerben.
Rezensionen von Publikationen stellen eine Bewertung von unabhängiger Seite dar und werden daher als glaubwürdig wahrgenommen. Wie die Flut an Rezensionen zeigt, werden diese auch gerne geschrieben: Denn viele Menschen haben ein Interesse daran, ihre Meinung mitzuteilen.
Das Teilen von Gutscheinen erhöht das Interesse, die Mitteilung des Absenders wahrzunehmen beziehungsweise weiter zu geben.
Dazu ein aktuelles Beispiel. In einem US-Blog über das Backen fand ich folgende Gutscheinaktion: Der Hersteller von Haushaltswaren schenkte der Bloggerin einen Gutschein über 50 Dollar, mit der Bedingung, in ihrem Blog über die Aktion zu berichten. Außerdem erhielt die Bloggerin einen weiteren Gutschein über 50 Dollar, den sie an einen Leser ihres Blogs weiter geben durfte. Bei einer solchen Aktion gewinnen alle: der Hersteller, weil er bekannter wird. Die Bloggerin, weil sie den Gutschein erhält und gleichzeitig durch die Vergabe des Gutscheins für ihren eigenen Blog wirbt. Der Empfänger des zweiten Gutscheins freut sich ebenfalls: 50 Dollar sind 50 Dollar.
Doch noch sind sich viele Unternehmen der starken Wirkung der online-Netzwerke nicht bewusst. Sie werden noch längst nicht überall strategisch eingesetzt.

Ich selbst hingegen nutze diese Möglichkeit offensiv. Mit einem Newsletter, mit PR und in den sozialen Netzwerken schaffe ich Möglichkeiten für meine Kunden, sich miteinander und natürlich auch über mein Unternehmen zu unterhalten. Dieser Dialog ist ein Service für meine Kunden. Allerdings kann ich nicht ausschließen, dass auch meine Mitbewerber die von mir geschaffenen Plattformen, etwa die Gruppen in XING, für ihre eigene Werbung nutzen. Die Vorteile der Methode überwiegen dennoch.

Bekannte von Bekannten für sich arbeiten lassen

Die sozialen Netzwerke benutze ich für ein systematisches Empfehlungsmarketing. Früher funktionierte Empfehlungsmarketing so: Man fragte einen Bekannten nach zwei Adressen von Leuten, die vermutlich am eigenen Angebot Interesse haben. Dann rief man diese beiden an. Das ist arbeitsaufwendig und wenig Erfolg versprechend.
Heute haben wir andere Möglichkeiten. Die sozialen Netzwerke bieten sich an: Jeder Mittelständler, auch der Handwerker von nebenan kann sie nutzen. Es braucht wenig Grundkenntnisse oder Kapital. Nur den Willen, sich mit diesen neuen Werkzeugen des Empfehlungsmarketings zu beschäftigen.
So könnte etwa ein Klempner jeden Kunden nach getaner Arbeit fragen, ob er mit seinem Service zufrieden war. Wenn 90 Prozent der Kunden zufrieden waren, kann der Klempner damit werben, zum Beispiel auf seiner Homepage: „90 Prozent zufriedene Kunden!“. Wenn sich lediglich die Hälfte der Kunden zufrieden äußerte, sollte er nachfragen, woran das liegt. Dann hat er die Chance, seinen Service zielgerichtet zu verbessern.
Systematisch genutzt wird das Empfehlungsmarketing im Internet bisher nur von Bewertungsportalen. Diese bieten den Verbrauchern eine Möglichkeit, einen Dialog zu führen. Die Verbraucher fühlen sich endlich ernst genommen. Für die Unternehmen sind die Portale eine hervorragende Möglichkeit, eine unvoreingenommene Rückmeldung zu bekommen.
Wenn nun viele Unternehmen die sozialen Netzwerke nutzen würden, um eigene Kampagnen zu verbreiten, wären die Empfänger nach einer Weile überfordert. Dies würde jedoch vermutlich nicht passieren. Denn mit 250 Bekannten von 250 Bekannten haben Sie 62.500 Vertriebsmitarbeiter, die alles über den Endkunden wissen und für Sie die Zielgruppe filtern. Das Filtern ist wichtig, denn es verhindert, dass Informationen an diejenigen weitergegeben werden, die sich nicht für diese Informationen interessieren.
Jemand, der eine bestimmte Sache oder Person weiter empfiehlt, wird sich gut überlegen, ob der Empfänger die Nachricht wirklich zu schätzen weiß. Wenn jemand unnütze oder uninteressante Empfehlungen ausspricht, fällt dies auf ihn zurück. Daher werden Empfehlungen sorgfältig geprüft, bevor sie an einen ausgesuchten Kreis von Empfängern weiter geleitet werden. Diese Empfänger werden also nicht mit Werbung überschüttet.
Die zielgerichtete, gefilterte Weitergabe von Informationen an interessierte Empfänger wird nicht als Werbung empfunden. Allenfalls wird jemand, der allgemein mit zu vielen Mails überschüttet wird, die Absender bitten, ihn nicht mehr anzumailen. Da sich die Absage auf die Mails bezieht und nicht auf die Person des Absenders, beeinträchtigt diese Bitte, nicht belästigt zu werden, die persönliche Beziehung nicht.
Ähnlich wie die Informationsvermittlung in Online-Netzwerken funktioniert die Weitergabe von Adressen bestimmter Zielgruppen. Junge Eltern erhalten zum Geburtstermin Werbegeschenke von Herstellern von Babynahrung. Wer die Adressen der Eltern und die Geburtstermine weitergibt, selektiert hier für die Nahrungsmittelhersteller die Zielgruppe. Auch Menschen, die gerade umgezogen sind, erhalten mit der Ummeldebestätigung der Post eine Menge Werbung: Und tatsächlich sind auch nützliche Hinweise dabei. Das Ausfiltern bestimmter Personengruppen funktioniert zuverlässig: Einem 80-Jährigen wird niemand die Werbung für eine Alterssicherung zusenden.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Es ist für jeden möglich, die sozialen Netzwerke zu nutzen. Wenig effizient ist es jedoch, einfach die Bekannten erster Ordnung um Weiterleitung einer Nachricht zu bitten. Sie haben vielleicht keine Zeit oder kein eigenes Interesse, die Botschaft oder Empfehlung weiter zu geben. Daher hilft ein einfacher Trick: Man bitte seine Bekannten um Erlaubnis, sich direkt selbst an deren Bekannte wenden zu dürfen. Die meisten Menschen haben nichts dagegen. XING ist eine wunderbare Plattform für solche Aktionen. Da in der Regel sichtbar ist, wer welche Kontakte hat, kann man also schon vorher einschätzen, welche neuen Bekanntschaften sich ergeben können.
Ich selbst allerdings zeige meine Kontakte auf XING nicht öffentlich, denn ich bin mir deren Wert bewusst. Die Kraft der Möglichkeiten dieses Netzwerkes kenne ich nur zu gut, deshalb gebe ich die Namen nicht preis.
Doch helfe ich gerne weiter, wenn ich direkt gefragt werde: „Kennst Du jemand, der xy weiß?“ Dann gehe ich folgendermaßen vor: Ich sende meinem Bekannten die Adresse desjenigen, der ihm vermutlich weiterhelfen wird. Dazu setze ich denjenigen in Kopie, den ich empfehle. Damit schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: Ich zahle gleichzeitig auf zwei Beziehungskonten ein. Ich habe zum einen dem geholfen, der den Experten suchte, zum anderen habe ich den Experten weiterempfohlen. Wenn ich diesen nicht davon in Kenntnis setzen würde, würde er eventuell nie erfahren, wer ihm diesen potientiellen Kunden geschickt hat. Und er ist besser vorbereitet, sollte sich dieser melden. Meine Empfehlung ist also doppelt wirksam.
Wenn meine Kontakte auf XING öffentlich einsehbar wären, hätte sich mein Bekannter eventuell selbst direkt an den gesuchten Experten gewendet, dessen Namen er auf meiner Kontaktliste fand. In diesem Fall wäre mir die Chance entgangen, auf die beiden Beziehungskonten einzuzahlen.
Vorsicht ist allerdings bei der Weitergabe von Informationen geboten, die sehr persönlich oder tabubeladen sind. Da ist Diskretion und Fingerspitzengefühl gefragt. So würde ich ungern jemand Dritten in Kopie setzen, wenn ich einen Arzt oder einen Schuldnerberater weiter empfehle – der Empfänger möchte schließlich nicht, dass andere Menschen von seiner Krankheit oder seinen Finanzproblemen erfahren. Ein solcher Fehltritt würde das Beziehungskonto nicht aufladen, sondern vermutlich die gesamte Beziehung zerstören.
Beziehungen leben von Kommunikation. Indem wir uns miteinander unterhalten, erneuern wir unsere Bekanntschaften und erfahren, was den anderen bewegt. Diese Kommunikation bildet die Grundlage für das Marketing im Internet.

Geben und Nehmen

Warum das Beziehungskonto stets ausgeglichen sein muss

Das Austauschen von Geschenken gehört zum Kitt, der die Gesellschaft zusammen hält. Sie ist nichts anderes als ein gigantisches Geflecht von Menschen, die miteinander durch Geben und Nehmen verbunden sind. Daher halten alle Kulturen dieser Welt Zeremonien des Schenkens ab, mit denen sie die menschlichen Beziehungen festigen. In der abendländischen Kultur sind Weihnachten und die Geburtstage besonders bedeutend.
Berühmt wurde die rituelle Schenkzeremonie der Indianer an der Nordwestküste Amerikas am Pazifik, das so genannte Potlatch. Beim Potlatch kam dem die größte Ehre zuteil, der die meisten Geschenke machte. Nicht selten verschenkte ein Häuptling dabei seine gesamten Besitztümer, um sich Ehre und Ansehen zu sichern.
Das zeigt, dass der Geber nicht uneigennützig handelt. Er spekuliert auf eine Gegengabe oder – wie bei den Indianern – auf einen nicht-materiellen Nutzen, also Ansehen und Ruhm. Selbst diese eigennützigen Hintergedanken mindern jedoch nicht das Ansehen dessen, der gibt. „Do ut des“ sagten die Römer: „Ich gebe, damit Du gibst“.
Im Privatleben findet ebenfalls ein lebhafter Austausch statt. Ein Ehemann übernimmt eilfertig den Abwasch, danach kündigt er an, dass er gerne den Abend vor dem Fernseher verbringen würde, um ein Fußballspiel zu sehen. Die Frau kann ihm das nun schlecht abschlagen, denn sie hat ja vorher Hilfe bekommen. Das Geschäft kann auch vergrößert werden: Sagen wir, der Mann sorgt unaufgefordert einen Monat lang für den Einkauf und das Abendessen, bittet dann aber um Verständnis, dass er ein Wochenende mit seinen Kumpels auf Motorradtour gehen will. Auch diesen Wunsch muss ihm die Frau nun erfüllen, denn er hat vorher fleißig auf das Beziehungskonto eingezahlt.

Geschäftsabschlüsse durch Geben und Nehmen

Die gleiche Regel gilt im Business: Geben und Nehmen bilden die Grundlage für langfristige, belastbare Geschäftsbeziehungen. Ein Verkäufer kann einen Mitbewerber ausstechen, obwohl der Mitbewerber vergleichbare Ware günstiger anbietet. Wie funktioniert das ohne Bestechung oder andere krumme Wege? Das Geschäft kann gelingen, wenn zuvor eine Vertrauensbeziehung aufgebaut wurde. Eine solche Beziehung entsteht durch einen ständigen Prozess des Gebens und Nehmens.
Die Gabe muss dabei nicht materiell sein. Wenn ich einen potentiellen Kunden fünf Jahre lang besuche, wenn ich Dutzende von Gesprächen mit ihm führe, ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem es zu einem Geschäftsabschluss kommt. Ich habe zunächst etwas gegeben, denn ich habe durch die Besuche und Gespräche in die Beziehung investiert, als Gegengabe nehme ich den Abschluss entgegen.
Diese „Gabe“ der Kontaktpflege kann sogar direkt angesprochen werden: „Ich komme jetzt schon fünf Jahre her, nach all den Vorgesprächen sollten wir jetzt ein Geschäft machen.“
Der Kunde seinerseits sagt sich: „Wieso habe ich jetzt fünf Jahre mit dem geredet? Das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein.“ Auf diese Weise rechtfertigt er vor sich selbst, wieso er dem Geschäft zustimmt.
Diese kleinen Geschäfte sind im privaten wie im wirtschaftlichen Bereich völlig akzeptiert. Niemand nimmt Anstoß daran, wenn ein Gebender auch mal nehmen möchte. Dies wird nicht mit Manipulation verwechselt.

Gutmütige und Erbsenzähler

Dabei ist das Beziehungskonto, auf dem Geben und Nehmen verbucht werden, nie exakt ausgeglichen. Mal gibt der eine mehr, mal der andere.
Dieses Ungleichgewicht darf jedoch nicht auf Dauer bestehen. Die Gesellschaft stempelt jemanden, der gerne gibt, als naiven Altruisten ab. Hingegen wird der, der stets nimmt, als knickeriger Erbsenzähler gebrandmarkt. Es ist gesellschaftlich nicht akzeptiert, wenn ein Beziehungskonto zu lange unausgeglichen bleibt.
Beide Extreme treten auch im Geschäftsleben auf und sind wenig erfolgsversprechend. Der Geizkragen ist unbeliebt und wird einen Teil seiner Kunden auf die Dauer verlieren.
Denn nur auf den ersten Blick scheint die Erbsenzählerei in der Wirtschaft von Vorteil zu sein: Bestes Beispiel ist Ignacio López, in den 90er Jahren Chefeinkäufer von Volkswagen. Er war einer der ersten, der den Zulieferern die Daumenschrauben anlegte und ihnen Verträge aufzwang, die jährliche Preissenkungen für die Zulieferteile vorsahen. Heute ist von López nichts mehr zu hören. Der Mann hat in der Branche kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Sein Vorgehen war allzu rabiat. Der schlechte Ruf von López dagegen hängt Volkswagen bis heute nach. Der Konzern wird immer noch als Preisdrücker angesehen.
Im Geschäftsleben sollte man sich generell vor Partnern hüten, die nie geben und immer nur nehmen. Ein Kunde, der die Preise immer drückt, ein Kunde, an dem ich nichts verdiene, wird zusätzlich bald mit Reklamationen kommen, um weitere Rabatte herauszuschlagen. Die Erbsenzählerei ist nur ein Anzeichen dafür, dass die Beziehung nicht stimmt.
Hingegen kann der Altruist schnell vor dem Konkurs stehen: Wer nur gibt, ohne auch zu nehmen, wird scheitern. Er wird sein Kostenmanagement nicht im Griff haben. Der ideale Geschäftspartner gibt und nimmt gleichermaßen. Ein ausgewogenes Verhältnis ist wichtig, um langfristig erfolgreich zu sein.
Tragfähige Beziehungen entstehen zwischen Partnern, die einander bekannt sich, deren Beziehungskonto auf Dauer ausgeglichen ist und die daher Vertrauen zueinander haben. So kann die auf den ersten Blick kuriose Situation eintreten, dass ein Einkäufer bei seinem angestammten Zulieferer bleibt, auch wenn ein anderer einen Preis anbietet, der Einsparungen von 2.000 Euro pro Jahr ermöglicht. Wenn der Einkäufer nur auf den Preis achten würde, würde er die Beziehung eindimensional betrachten. Ein kluger Einkäufer hingegen bedenkt, dass er nicht weiß, wie die Zusammenarbeit mit dem neuen Zulieferer aussieht. Welche Qualität liefert der neue Anbieter? Und wie wird er reagieren, wenn der Einkäufer vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten kommt? Ist ein Aufschub der Zahlungen möglich? Wird Vertrauen bestehen? Diese Überlegungen zeigen, wie wichtig die Beziehungspflege in der Wirtschaft ist.
Wenn ein Einkäufer nach jahrelangen Geschäftskontakten den Zulieferer wechselt, fühlt sich der frühere Zulieferer vor den Kopf gestoßen. Selbst wenn sich die Wege der beiden Ex-Partner Jahre später wieder kreuzen, wird ihr Verhältnis gestört bleiben. Der geschasste Zulieferer wird bei einer erneuten Anfrage höhere Preise berechnen, weil er dem Einkäufer sein untreues Verhalten nachträgt.
Eine Geschäftsbeziehung hingegen, die seit 20 Jahren besteht, ist wirtschaftlich und angenehm. Hier wissen beide Seiten, dass sie sich vertrauen können: Sie wissen, wie sie miteinander umgehen können und was sie erwartet. Zwar steigt die Effizienz der Beziehung nach einer Weile nicht mehr weiter an, doch beide Parteien fühlen sich wohl in der aktuellen Situation. Es entsteht ein gefühlter Mehrwert.
Solche Beziehungen können wachsen, wenn man stetig auf ein Beziehungskonto einzahlt. Dabei lässt sich das Geben und Nehmen bewusst steuern. Wer von Anfang an viel gibt, hat einen klaren Vorsprung.

Der Joker

Ein Beziehungskonto, auf das stetig eingezahlt wurde, kann irgendwann auch abgeräumt werden. Wenn Verhandlungen stocken, ziehe ich manchmal bewusst diesen Joker: „Ich berate Sie jetzt seit zehn Jahren, ich bin immer für Sie da, auch wenn es mir nicht nützt – und jetzt feilschen Sie um 3,50 Euro?“ Der Geschäftspartner hat dem meist nichts entgegen zu setzen. Er ist oft sogar peinlich berührt über seine Knickerigkeit. Und in der Regel einigen wir uns dann preislich in der Mitte.
Die Einzahlungen auf das Beziehungskonto müssen nicht zwingend auch teuer sein. Wenn ich Ihnen jahrelang Zeit und gute Tipps schenke, kann das mehr wert sein als einmal im Leben ein gratis Computer. Das Geschenk des Gerätes ist bald vergessen, auch wenn es in Euro gerechnet viel wertvoller ist als die dauernde Zuwendung.
Das Beispiel zeigt, dass es um ein jahrelang konstantes Einzahlen geht. Der Empfänger lernt, dass er dem Geber langfristig vertrauen kann.
Als Gaben gelten auch Informationen oder Beratung. Das Internet macht heute das Geben leichter, so können wir zum Beispiel kostenlose PDFs mit Informationen zum Download anbieten – eine Gabe, die wenig Mühe und kaum Kosten erfordert, dem Empfänger aber großen Nutzen bietet.
Das gemeinsame Beziehungskonto und seine Bilanz ist bei jeder Begegnung vorhanden, so dass ich häufiger davon zehren kann. Für eine einmalige Leistung kann ich einmal vom Konto abbuchen. Für eine dauerhafte Leistung kann ich mehrmals davon abbuchen. Wichtig ist jedoch, dass bereits vor dem Verkaufsprozess auf das Beziehungskonto eingezahlt wurde. Die Bekanntschaft muss zunächst aufgebaut werden, dann kaufen die Kunden von Bekannten:
Natürlich kann nicht nur der Vertreter dem Einkäufer etwas geben und so ins Beziehungskonto einzahlen. Auch der Einkäufer kann geben: Zum Beispiel bietet er einem neuen Zulieferer einen ersten Probeauftrag an. Der Vertriebler des Zulieferers wird nun sein ganzes Unternehmen darauf eichen, diesen Auftrag besonders gut und zuverlässig abzuwickeln. Denn er hat nicht nur die Chance, einen neuen Kunden zu bekommen, er weiß auch das Vertrauen zu schätzen, dass der Einkäufer ihm entgegengebracht hat. Dieser Vertrauensvorschuss war die Gabe des Einkäufers. Der Zulieferer ist bemüht, ihn nicht zu enttäuschen. Die gute Leistung beim Probeauftrag ist seine Gegengabe.
Und auch der Einkäufer gewinnt: Er hat seine Erfahrung erweitert. Vielleicht arbeitet der neue Zulieferer in einem Detail anders als der bisherige. Eventuell sind etwa seine Abrechnungen übersichtlicher. Indem sich der Einkäufer auf Neues eingelassen hat, hat er seinen Horizont erweitert. Durch dieses Geben und Nehmen entsteht eine neue Beziehung, die mit jeder Einzahlung auf das Beziehungskonto belastbarer wird.
Wie sehr das Geben und Nehmen eine Geschäftsbeziehung fördert, wird leider häufig vergessen.

Kaffee und Kuchen

Früher war es Usus, einem Verkäufer, der mit einem Angebot ins Haus kommt, einen Kaffee oder ein anderes Getränk anzubieten. Dieses Ritual geht leider nach und nach verloren. Vermutlich, weil das Ansehen der Verkäufer gelitten hat: „Ein Klinkenputzer muss nicht noch einen Kaffee abstauben…“ Wer so denkt vergisst, dass beim Verkaufsabschluss neben den reinen Preisverhandlungen auch stets die emotionale Ebene mitspielt. Wer dem Vertreter nicht einmal einen Kaffee reicht, verbaut sich die Chance, mehr zu erfahren und eine gute Beziehung aufzubauen.
Hingegen gibt es andere Unternehmen, die eine ganze Kaffeetafel bereit stellen, mit Gebäck oder Schokoriegeln und einer Schale voller Obst. Das ist keineswegs übertrieben. Der Verkäufer, der vielleicht gerade eine Stunde Auto gefahren ist, um diesen Kunden zu besuchen, greift gerne zu. Er missversteht die Einladung nicht als Bestechung. Er spürt natürlich die Absicht hinter der Einladung, fühlt sich aber dennoch respektiert und wertgeschätzt. Vermutlich wird dieses Unternehmen bessere Konditionen eingeräumt bekommen als jenes, das nicht einmal ein Wasser anbietet.
Das Geben und Nehmen wird erleichtert, wenn ein Unternehmen eine bekannte Marke aufbauen kann. Eine Marke vermittelt dem Kunden eine Art Heimatgefühl. Denn der Mensch schreckt allgemein vor Unbekannten zurück. Er fühlt sich wohler mit Bekanntem als mit Unbekanntem. Ein Hotel, das man schon jahrelang besucht, wird wieder gebucht, obwohl die Zimmer vielleicht ein bisschen laut sind. Wer weiß, welche Nachteile in einem anderen Hotel bestehen – das Risiko ist unkalkulierbar. Möglicherweise ist dort etwa das Essen nicht gut oder das Personal unfreundlich. Das Bekannte hat den Vorteil, vertraut zu sein.
Ich selbst bin neugierig und probiere hin und wieder neue Restaurants aus. Es kann ein wirklicher Glücksgriff werden. Aber natürlich kann ich auch hereinfallen, übrigens ungeachtet der Kritiken und Bewertungen im Internet. Vielleicht schmeckt das Essen, aber der Raum ist turnhallengroß und laut wie ein Jahrmarkt? Unbekannte Orte und Situationen sind in jedem Fall anstrengend, und so besuche ich viel öfter mein Stammlokal. Denn da weiß ich, was mich erwartet.
Genauso ist es im Geschäftsleben: Wer schon länger miteinander arbeitet, kennt auch die Macken und Fehler des Partners. Sie werden hingenommen oder durch eigenes Handeln vorsorglich ausgebügelt. Es ist unkompliziert, ein Geschäft miteinander abzuschließen, wenn man sich kennt. Mit einem Unbekannten hingegen muss ich erst einmal warm werden. Fehltritte werden ihm nicht so schnell verziehen, weil noch kein Beziehungskonto besteht, auf dem etwaige Fehler durch Guthaben wieder ausgeglichen werden.
Der Trick ist also, den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern. Der Kunde wird sich gerne mit bekannten Personen einlassen, um ein Geschäft abzuschließen. Optimale Instrumente, um die eigene Bekanntheit zu steigern, bieten die sozialen Netzwerke im Internet.

Sein und Tun

Warum erst beim Tun Anziehungskraft entsteht

Leuchttürme ohne Lichtsignale sind für sich genommen hübsche Ausflugsziele. Eine Funktion erhalten sie aber erst, wenn sie regelmäßig Lichtblitze aussenden – denn nur dann können sich die Schiffe an ihnen orientieren.
Auch in der Wirtschaft müssen Leuchttürme Signale aussenden. Sie geben etwas, um später etwas anderes zu nehmen. Ich zum Beispiel schenke jedem meiner Kunden beim Kundenbesuch etwas – und sei es nur einen Kugelschreiber oder einen Schreibblock. Diese haben allerdings einen aussagekräftigen Aufdruck, etwa die Domain meiner XING-Gruppe. Damit hat der Kunde etwas Handfestes, was er nutzen kann und ihn gleichzeitig an mich erinnert.
Mir ist es wichtig, stets etwas zu geben. Und ich weiß: Langfristig kommt auch wieder etwas zu mir zurück. Meine Gaben sind aber nur selten materiell. Häufiger biete ich an, kostenfreie Seminare zu halten. Auch Zeit, Wissen oder Engagement sind Gaben. Welche genau der Leuchtturm wählt, kommt auf den Zusammenhang an. Wer aber solche Gaben regelmäßig schenkt, tut viel, um die emotionalen Bindungen zwischen Geber und Empfänger zu stärken. So viel, dass sie eines Tages stabil genug sind, um sich für geschäftliche Beziehungen zu eignen.
Diese Möglichkeit steht jedem Unternehmen offen. Dienstleister können mit immateriellen Gaben punkten. Eine Autowerkstatt etwa könnte jedem Kunden, der seinen Wagen zur Wartung bringt, eine Kurzschulung in wichtigen Pflegearbeiten geben. Wie fühle ich Frostschutzmittel nach? Wo sitzen die Sicherungen? Solche Tipps bilden eine gute Investition in die Kundenzufriedenheit und damit in die Kundenbindung.
Es sind die kleinen Signale, die die Beziehung zum Kunden erhalten. Eine gut gemachte Webseite zu haben genügt zum Beispiel nicht, um als Leuchtturm dauerhaft erkannt zu werden. Eine gelungene Webseite ist die Basis – diese sollte aber regelmäßig aktualisiert werden. Damit zeigt der Leuchtturm, dass er Veränderungen des Marktes wahrnimmt und auf sie reagiert. Letztendlich entsteht durch die dauernde Aktualisierung einer Webseite ein permanentes Management der Kontakte, denn Internetuser reagieren nicht auf tote Seiten. Auf Änderungen aber schon: Sie kommentieren sie oder fordern Informationen an.
Wer Signale aussendet, will bestimmte Reaktionen hervorrufen. Deshalb sollte sich jeder Leuchtturm zunächst die Frage stellen, welche Signale zu ihm passen. Nicht jedem Unternehmen steht jedes beliebige Signal zur Verfügung. Ein Start-up etwa kann schlecht mit langjähriger Erfahrung trumpfen. Das widerspricht der menschlichen Logik, macht misstrauisch und sollte daher nicht einmal versucht werden. An erster Stelle steht also ein Selbst-Check. Was will ich erreichen? Wo liegen meine Schwächen, wo meine Stärken und wo sind meine Grenzen?
Ein kritischer Check fördert womöglich viele Schwächen zum Vorschein. Aber mit einer kleinen Portion Unferfrorenheit lassen sich selbst die scheinbar größten Schwächen in Stärken verwandeln.
Als junger Vertriebler sprach ich einmal beim Lebensmittel-Discounter Lidl vor. Der Einkäufer fragte mich nach Referenzen. „Noch habe ich keine, aber demnächst kann ich Sie als Kunden vorweisen“, antwortete ich. Und relativ schnell stellte ich fest: Frechheit siegt! Der Einkäufer war von meiner Antwort angetan und beauftragte mich. Was ich aus dieser Situation gelernt habe: Unerfahrenheit kann man auch als Unbeschwertheit auslegen. Ein Start-up kann damit argumentieren, dass es flexibler arbeitet als ein alteingesessenes Unternehmen, weil seine Strukturen noch nicht verkrustet sind. Und schon hat sich die vermeintliche Schwäche in einen Vorteil verwandelt.
Ein Leuchtturm-Unternehmen, das aus seinen Schwächen Stärken machen will, würde auftreten wie die Autovermietung Avis, die nach Hertz die beste Marktposition hat. Avis wirbt mit dem Slogan: „We are No. 2, we try harder.” Der Autovermieter kokettiert damit, dass er eben – noch – nicht Marktführer ist. Implizit sagt der Slogan aus: „Wir sind noch nicht Nummer eins, deshalb versuchen wir, unseren Job besonders gut zu machen. Und sind damit eigentlich viel besser als die Nummer Eins.“

Die Stabilität eines Leuchtturms

Auch ohne Signale auszusenden, vermittelt ein Leuchtturm Stabilität. Denn ein Leuchtturm ändert seinen Standpunkt nicht, wie folgender Witz illustriert:
Ein Schiff erhält den Funkspruch: „Sie befinden sich auf Kollisionskurs.“
Der Kapitän antwortet: „Weichen Sie aus, wir sind ein Kriegsschiff.“
Darauf empfängt er den Funkspruch: „Wir können nicht ausweichen, wir sind ein Leuchtturm.“
Ein Leuchtturm ist ein Fixpunkt und dient anderen zur Orientierung. Das bedeutet jedoch nicht, dass Leuchttürme stur nach Schema F handeln. Vom ehemaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer sind die Worte überliefert: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ Damit zeigte der erste Kanzler der Bundesrepublik, dass er flexibel war. Statt einzuräumen, dass er sich opportunistisch verhalten hatte, betonte er seinen Standpunkt. In diesem Fall lag die Stabilität in der Flexibilität.
Leuchttürme sind Unternehmen oder Personen, auf die man sich verlassen kann. Nicht im Sinne von Pünktlichkeit, sondern in dem Sinne, dass sie ihre Rolle zuverlässig spielen und dass sie die Erwartungen, die an sie gestellt werden, erfüllen. Wenn etwa Alice Schwarzer bei einer Talkshow erscheint, ist von vornherein klar, dass es zu Kontroversen kommen wird. Von Apples Neuprodukten erwartet jeder ein cooles Design – und von der Telekom eher behäbige Waren.
Unternehmen, die eine Leuchtturm-Rolle ausüben, bieten also ein verlässliches Bild in der Öffentlichkeit. Auch wenn sie gerade keine Signale aussenden. Natürlich müssen Unternehmen Signale aussenden, um zum Leuchtturm zu werden. Das bedeutet aber nicht, dass Leuchttürme andauernd etwas geben müssen, um ihre Rolle zu bewahren. Denn auch im einfachen Sein liegt eine zuverlässige Beständigkeit. Für ein Kind ist der eigene Vater immer ein Leuchtturm, allein schon durch seine Anwesenheit. Daher muss es gar nicht so anstrengend sein, die Leuchtturm-Funktion auszuüben.

Künstliche Verknappung

„Willst Du was gelten, mach Dich selten“, sagt der Volksmund. Neben dem Aussenden von Signalen und der Beständigkeit gibt es einen dritten Weg, sich als Leuchtturm zu etablieren: die künstliche Verknappung. Diese Strategie nutzen vor allem Personen, um sich als Leuchtturm zu etablieren.
Werner Bahlsen ist einer der Unternehmer, die diese Strategie verfolgen: Der Chef der traditionsreichen Keksfirma meidet bewusst die Öffentlichkeit. So gibt es auch Musiker, die nur vom Studio aus arbeiten und nie auf Konzerttour gehen. Und bei Apple tritt stets nur CEO und Mitgründer Steve Jobs öffentlich auf – auch das selten und nur in sorgfältig arrangierten Bühnenshows. Seine Auftritte werden zu Events hochstilisiert, die sowohl die Apple-Fangemeinde als auch die Presse andächtig verfolgen.
Unternehmen wählen diese Strategie, wenn sie Sondereditionen auflegen. Der Kamerahersteller Leica bringt regelmäßig limitierte Editionen seiner Fotoapparate auf den Markt, die zum Beispiel in einer besonderen Farbe oder mit einem besonderen Leder ausgestattet und nur in einer geringen Auflage verfügbar sind. Sammler legen sich die Kameras zu in dem Bewusstsein, etwas Exklusives zu erwerben oder etwas, dessen Wert womöglich steigen wird.
Allerdings funktioniert die Strategie des „Sich-rar-machens“ bei Personen besser als bei Produkten. Denn heutzutage lassen sich Kunden durch die Ankündigung eines knappen Angebots nur selten unter Druck setzen. Sie gehen davon aus, dass das vermeintlich knappe Angebot schon wenig später bei Ebay oder anderen Anbietern erhältlich sein wird. Für das iPhone standen die Käufer noch Schlange, für das iPad schon nicht mehr. Auch für Sonderangebote von Aldi stehen die Kunden nicht mehr vor Ladenöffnung an, obwohl die Produktqualität hoch und die Preise der Aktionsartikel günstig sind. Der Kunde reagiert bei Produkten einfach nicht mehr auf die Strategie der künstlichen Verknappung.
Leuchtturm-Unternehmen sollten daher sorgfältig prüfen, ob diese Strategie für sie die richtige ist. Denn selbst kleine Fehler können große Auswirkungen haben. Wenn etwa ein neuer Mitarbeiter eine Mail an einen Kunden versendet, ohne eine Signatur eingerichtet zu haben, kann dies zu unangenehmen Rückfragen führen. Der Kunde ist irritiert und fragt sich „Arbeitet dieser Mensch wirklich bei Ihnen oder ist das eine Spam-Mail?“ Selbst wenn ein Rückruf das Missverständnis ausräumt, bleibt beim Kunden das Gefühl zurück, dass bei diesem Unternehmen nicht alles im Lot ist. Ein scheinbar kleines Versehen kann große Folgen nach sich ziehen.

Der kleine Unterschied

Unternehmen können nicht nur ihren Namen, sondern auch ihre Produkte zum Leuchten bringen. Zu diesem Ziel kommen sie manchmal mit ganz einfachen Strategien. Eine von ihnen besteht darin, dem potentiellen Kunden Entscheidungen zu erleichtern.
Menschen möchten sich orientieren, bevor sie eine Entscheidung treffen. Deshalb hängen Restaurants eine Speisekarte vor die Tür: Der Kunde schaut, welche Speisen zur Auswahl stehen und in welcher Preiskategorie sie liegen. Auf dieser Basis entscheidet er sich, ob er eintreten möchte oder nicht.
Fast Food-Restaurents funktionieren deshalb so gut, weil der Kunde sich noch leichter orientieren kann als in traditionellen Lokalen. Ein Becher Cola wird zum Beispiel in drei Größen angeboten: klein, mittel oder groß. Wie viele Milliliter ein Becher enthält, ist dabei völlig irrelevant. Früher enthielt die kleine Cola bei McDonalds 0,2 Liter, dann 0,25 Liter, jetzt 0,3 Liter. Diese Angaben machen dem Kunden die Entscheidung allerdings nicht wesentlich leichter. Deshalb wird die Cola einfach in drei Größen verkauft, das versteht jeder.
Wer dort einen Burger bestellt, bekommt in der Regel die Nachfrage: „Mit kleiner oder großer Portion Pommes?“. Diese Angebote sorgen für Zusatzverkäufe. Die Kunden bekommen durch die Alternativfrage den Eindruck, sie hätten einen großen Entscheidungsspielraum – dabei wären sie vielleicht gar nicht darauf gekommen, noch Pommes Frites zu bestellen.

Entscheidend bei dieser Strategie ist, dass die angebotenen Alternativen verständlich sind. Im Internet werben Anbieter häufig mit einem Standard-, einem Premium- und einem Goldzugang. Was genau der Unterschied ist? Das kann sich kein Mensch vorstellen. Erst nach Lektüre der Geschäftsbedingungen ist klar, welche Vorteile die einzelnen Angebote enthalten. Diese Strategie ist eindeutig zu kompliziert, um zu funktionieren.
McDonalds macht den Kunden in letzter Zeit die Entscheidungen noch einfacher – und schraubt damit den Umsatz hoch. Bestellt jemand ein Menü, so wird automatisch das Maxi-Menü bereitet. Früher wurde der Kunde noch gefragt: „Möchten Sie das Medium- oder das Maxi-Menü?“ Falls er heute das kleinere möchte, muss der Kunde dies von sich aus sagen.

Schwarz oder Weiß

Ein zweiter Weg, sich von anderen Unternehmen abzuheben und zum Leuchtturm aufzusteigen ist eine radikale Einschränkung des Angebots. Inn-N-Out, eine Burger-Kette aus den USA, bietet lediglich zwei Burger an, den Hamburger und den Cheeseburger. Diese beiden Sorten werden außerdem in zwei Größen verkauft. Der Erfolg ist sensationell, und zwar deshalb, weil die Entscheidung sehr stark erleichtert wurde. Der Kunde wählt praktisch nur zwischen Schwarz und Weiß, das ganze Spektrum der Grauwerte wird ausgeblendet.
Auf jeden Fall wird eine solche Strategie erfolgreicher als das Mittelmaß sein. Analysieren Sie zunächst Ihre Zielgruppe, um zu ermitteln, ob der Weg einer künstlichen Verknappung für Sie geeignet ist. Denn auch das Gegenteil, eine enorm große Auswahl, kann eine wirkungsvolle Strategie sein.
Stellen Sie sich die fiktive Pizzeria „Antonio“ vor, die lediglich zwei Pizzen anbietet: die schlichte Pizza Margherita und die Pizza Speciale „mit allem“. Daneben öffnet Pizzeria „Bella“, die 100 verschiedene Pizzen auf der Speisekarte hat, darunter sogar eine Sorte mit Straußenfleisch. Welche Pizzeria werden die Kunden bevorzugen? Meine Überzeugung: Beide Angebote werden funktionieren. Beide Pizzerien heben sich von allen anderen Restaurants der Umgebung ab. Pizzeria Antonio wird aufgrund der Spezialisierung sehr niedrige Preise nehmen, Pizzeria Bella wird aufgrund der ungeheuer großen und ausgefallenen Auswahl relativ hohe Preise erzielen müssen. Und jede wird auf ihre Kosten kommen. Denn beide Wege sind gangbar und auf jeden Fall besser als das Mittelmaß.
Auch für einen simplen Imbiss lässt sich diese Strategie umsetzen. Ein Grillwagen, der nur Hähnchen im Angebot hat, fährt besser als einer, der Hähnchen und Bratwurst anbietet. Zwar ist die Auswahl eingeschränkt, doch der Kunde empfindet das als Spezialisierung: „Hähnchen? Da kenne ich einen, der hat die allerbesten.“
Weitet ein Anbieter das Angebot zu stark aus, riskiert er, dass es beliebig wirkt. Ein Caterer, der indische, türkische und italienische Gerichte anbietet, wirkt nicht besonders vertrauenswürdig. Und ein Imbiss, der Hähnchen, Pizza und Bratwurst im Angebot hat, bleibt auf seinen Würsten sitzen. Denn die nicht verkauften Würstchen bleiben auf dem Grill liegen und bieten einen abschreckenden Anblick. Wer also beliebig ist, kann kein Leuchtturm werden.

Verkaufen ja, aber nicht um jeden Preis

Die kleinen Gaben, die das Vertrauen der Kunden stetig erhöhen, sind wirkungsvoller als die Verkäufe unter allen Umständen zu forcieren, wie etwa beim Power-Selling. Natürlich kann man versuchen, mit hohem Aufwand ein Produkt in den Markt zu pressen. Doch das Risiko, dass potentielle Kunden den Werbeaufwand und den Verkaufsdruck als unangenehm empfinden, ist sehr hoch. Es kann sogar passieren, dass der Kunde komplett abblockt.
Ich vergleiche Power-Selling mit einem Sportler, der übertrieben viel trainiert. Wenn er sich dabei eine Muskelzerrung zuzieht, kann er diese vielleicht noch überspielen, riskiert jedoch auch, dass der Muskel beschädigt wird. Dann muss er letztlich eine lange Ruhepause zur Heilung einlegen. Ein solches Vorgehen setzt deshalb den langfristigen Erfolg aufs Spiel.
Power-Selling ist nichts für Leuchtturm-Unternehmen. Viel erfolgversprechender ist ein gut durchdachte Strategie, die ohne Übertreibung auskommt. Denn es geht nicht darum, beim Kunden mit der Tür ins Haus zu fallen. Ein Leuchtturm-Unternehmen läuft seinen Kunden nicht hinterher, sondern setzt auf Stabilität, auf einen zuverlässigen Auftritt und auf das stetige Aussenden von Signalen. Dann kommen die Kunden selbst zum Leuchtturm – nicht umgekehrt. Dieser Weg verlangt zwar einen gewissen Aufwand, doch keine Überanstrengung. Und bringt zudem dauerhaft Erfolg.
Wer diese Meisterklasse des Verkaufens beherrscht, muss nicht ständig Kaltakquise betreiben und neue Kunden anbeamen. Die klassischen Methoden des Marketing, die vermeintliche Kunden nach dem Gießkannenprinzip ansprechen, vertreiben gleichzeitig auch viele Interessenten: Denn sie sind genervt sind von der dauernden Werbung. Ein Leuchtturm-Unternehmen vermeidet diese Falle. Seine Methoden sind elegant und wirkungsvoll zugleich. Dazu gehört auch, sich zurückzulehnen und abzuwarten, bis die Kunden auf die stetigen Signale des Unternehmens reagieren. Leuchtturm-Unternehmer sind die Großmeister des Verkaufs, ohne sich übermäßig Mühe zu geben. Sie investieren in Kontakte statt in Werbegeschenke.

Leuchttürme

Warum Leuchttürme Macht ausüben

Neuerdings ist es schick geworden, Angebote nicht mehr mit Preisen zu versehen, sondern die Käufer bezahlen zu lassen, was sie möchten. Die „Weinerei“ in Berlin war eines der ersten Lokale, das das Prinzip „Pay what you want“ nutzte. Ein Gast der Weinerei orientiert sich beim Bezahlen am Wert des Weines in vergleichbaren Lokalen. Was würde aber passieren, wenn niemand mehr sein Angebot beziffert? – Dann würde dieser Vergleichswert verlorengehen. Und das Prinzip „Pay what you want“ würde nicht mehr funktionieren, weil die Kunden keine Orientierung mehr hätten.
Orientierung ist eine gefragte Größe. Auf Partys scharen sich alle um den Witzeerzähler, um denjenigen, der den Ton angibt oder die Gruppe unterhält – denn niemand will alleine in der Ecke stehen. So ist es auch im Business-Bereich. Twitter ist das beste Beispiel dafür, dass die Menschen Orientierung suchen. Sie tragen sich als Follower von Usern ein, von denen sie annehmen, dass diese ein paar Schritte weiter sind als sie selbst.
Im Geschäftsleben ist es von Vorteil, als Experte für ein bestimmtes Thema bekannt zu sein. Um wirkliche Umsätze zu generieren, reicht der Expertenstatus allein jedoch nicht aus. Ein Experte ist gut in einer Sache, doch sein Expertentum ist auf sein Thema begrenzt. Um darüber hinaus attraktiv zu wirken, muss sich das Experten-Wissen zusätzlich mit der eigenen Persönlichkeit verbinden. Idealerweise entsteht durch diese Kombination der Effekt eines Leuchtturms, an dem sich alle orientieren.
Um zum Weinhandel zurückzukehren: Hier wird besonders deutlich, dass Kunden Orientierung benötigen. Denn nur wenige Menschen kennen sich mit Wein gut aus. Die große Mehrheit der Käufer orientiert sich schlichtweg am Preis: Ein Wein, der mehr als acht Euro kostet, kann nicht allzu schlecht sein. Hier übernimmt der Preis die Funktion des Leuchtturms.
Auch Personen können eine Leuchtturmfunktion ausüben. Manche Menschen werden einfach als Vorbilder angesehen. Im Musikbereich leuchtet Bob Marley zum Beispiel immer noch ganz hell, obwohl er schon seit den Achtzigern nicht mehr lebt. Er hat den Reggae salonfähig gemacht – und damit eine ganz neue Musikrichtung etabliert, der junge Musiker heute noch folgen.

Anleitung gesucht

Der Mensch ist ein Herdentier, das Orientierung sucht. Deshalb gibt es Wortführer, Gruppenführer, Klassensprecher etc. In hierarchischen Organisationen wie dem Militär ist sogar offiziell festgelegt, wer der Ranghöchste ist: Nach dem Offizier haben sich alle anderen zu richten.
Im zivilen Leben ist die Leuchtturmfunktion nicht ausdrücklich zugewiesen. Die Menschen suchen sich ihre Leuchttürme selbst. Wen wählen sie dabei als Vorbilder?
Menschliche Leuchttürme müssen bestimmte Kriterien erfüllen: Sie müssen bekannt sein, Persönlichkeit zeigen und erreichbar sein. Ein Mensch mit Ecken und Kanten wirkt authentischer und überzeugender als eine aalglatte Person, die in allem dem Mainstream folgt. Die Leute wollen einem Leuchtturm folgen – nicht einem Fachidioten. Daher reicht es nicht aus, in einem abgegrenzten Bereich als Experte zu gelten, wenn man Anziehungskraft ausstrahlen möchte. Außerdem kommt das Kriterium der Erreichbarkeit dazu: Wer sich als Trendsetter positionieren will, aber isoliert in seiner Wohnung sitzt, wird unmöglich als Vorbild anerkannt. Ein Leuchtturm muss greifbar sein und etwas darstellen. Schließlich macht ein Leuchtturm nichts anderes, als mit seinen Lichtsignalen Nachrichten auszusenden.
In der Wirtschaft übernehmen Unternehmen die Funktion des Leuchtturms. Google ist ein solches Leuchtturm-Unternehmen, an dem sich andere orientieren. Davon zeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass es bereits ein Buch gibt mit dem Titel: Was würde Google tun? Wie man von den Erfolgsstrategien des Internet-Giganten profitiert. Das zeigt Schwarz auf Weiß, wie stark die Ausstrahlungskraft dieses Unternehmens ist.

Die Vorteile der Leuchtturm-Rolle

Ob Einzelpersonen oder Unternehmen – wer die Rolle des Leuchtturms spielt, kann seine Ziele mit Hilfe dieses Sonderstatus erreichen. In der Wirtschaft handelt es sich meist um das Ziel gesteigerter Verkaufszahlen, um die beste Position am Markt, um Macht und Einfluss.
Sicher kann die Vorbildrolle auch dazu benutzt werden, das eigene Ego zu befriedigen. In diesem Fall sind äußere Ziele unwichtig: Es geht hauptsächlich um die eigene Bekanntheit.
Andere Menschen mit Leuchtturm-Qualität nutzen ihren Einfluss, um etwas zu bewegen. Die Schauspielerin Angelina Jolie etwa engagiert sich als Sonderbotschafterin des UN-Flüchtlingshilfswerks für Flüchtlinge weltweit. Angelina Jolie würde ihre Rolle als Leuchtturm nicht so perfekt ausfüllen, wenn sie lediglich bekannt wäre. Um als Leuchtturm zu wirken, muss sie mindestens einen Teil ihrer Persönlichkeit zeigen. Sie beherzigt diese Regel und zeigt öffentlich ihr Engagement für Benachteiligte. Damit signalisiert sie, dass sie ein mitfühlender Mensch ist.
Bekanntheit ist sicherlich bereits die halbe Miete, aber zur Leuchtturm-Funktion gehört ebenso, dass das Vorbild sich Ziele setzt – und einen Teil davon öffentlich macht. Der Wunsch, etwas zu bewegen, ist nämlich ein wichtiger Bestandteil einer Persönlichkeit. Nicht umsonst statten Drehbuchschreiber die Helden ihrer Filme mit einem starken Wunsch und einem kräftigen Willen aus. Auf dem Weg, diesen Wunsch in die Wirklichkeit zu überführen, überstehen die Helden viele Abenteuer und zeigen ihren starken Charakter.

Wer ist der Leuchtturm?

Leuchtturm-Charaktere gab es schon immer. Bereits in der Steinzeit, als der Mensch noch mit Fellen bekleidet war, gab es schon einen Anführer, der sagte, wo es lang geht. Heute kann jeder ein Leuchtturm sein. Er muss nicht in Blockbustern mitgespielt haben. Er muss nur auf seinem Feld alle anderen überragen und sich auf seinem Platz als unangefochtener Experte behaupten. Gleiches gilt für Unternehmen. Wer an Spielzeug-Eisenbahnen denkt, dem fällt der Name „Märklin“ ein. Wer an Dübel denkt, sieht schon den Schriftzug: „Fischer“.
Wer gerade die Position eines Leuchtturms besitzt, ist ganz leicht festzustellen. Bei einer kritischen Frage während einer Sitzung drehen alle ihren Kopf zum: Leuchtturm. Wenn Meinungen gefragt sind, befassen sich alle mit dem Beitrag und den Ideen des: Leuchtturms. Selbst auf Schulklassen lässt sich das Modell übertragen. Derjenige, der darüber entscheidet, was in ist und was nicht, ist einmal wieder: der Leuchtturm.
In einer Online-Community erkennt man eine Leuchtturm-Persönlichkeit daran, dass sie in den verschiedensten Kanälen eine hohe Anzahl an Kontakten hat. Also in Newslettern, Blogs und in den sozialen Netzwerken. Und egal, wo man sich im Netz bewegt: Immer wieder stößt man auf diesen einen Namen. Überall hat der Leuchtturm sich verewigt, wird zitiert, hat seine Duftmarke hinterlassen. So erreicht er, dass andere Menschen sich an ihm orientieren. Denn wenn eine Person auf allen Kanälen präsent ist, nehmen die anderen automatisch an: Der weiß Bescheid!
Menschen vertrauen bekannten Personen und Marken lieber als Unbekannten. Daher genießt eine Leuchtturm-Persönlichkeit Einfluss oder sogar Macht: Sie wird von allen relevanten Menschen gesehen und kann vor versammeltem Publikum ihre Ziele verfolgen, zum Beispiel die Marktposition des eigenen Unternehmens ausbauen.

Freiwillige und unfreiwillige Leuchttürme

Nicht jeder Leuchtturm übernimmt diese Rolle aktiv und freiwillig. Manche Leuchttürme schalten sogar absichtlich das Licht aus.
Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sind die am häufigsten genannten Namen auf die Frage: Welcher Fußballspieler aus der Nationalmannschaft fällt Ihnen als Erstes ein? Viel seltener wird Miroslav Klose genannt. Dabei ist er derjenige, der vielleicht am häufigsten die Rolle des Leuchtturms innerhalb der Mannschaft übenimmt. Wenn es um Interna geht, ist er oft genug derjenige, der aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Erfahrung die Richtung vorgibt. Doch nach außen möchte er nicht als Spielführer auftreten. Vielleicht ist ihm diese Rolle einfach zu anstrengend. Ständig in der Öffentlichkeit präsent zu sein, erfordert schließlich zusätzliche Kraft.
Während Klose freiwillig darauf verzichtet, die Leuchtturm-Rolle der Nationalmannschaft zu übernehmen, verfehlen andere unfreiwillig das Ziel, als Leuchtturm erkannt zu werden. Die Rockgruppe Slade etwa war mit 17 Top-Twenty-Hits die erfolgreichste Musikgruppe Englands in den 70er Jahren, und sie wird heute trotzdem nicht mehr als Leuchtturm wahrgenommen. Die Rolling Stones hingegen sind heute noch bekannt, obwohl sie zu Zeiten des Slade-Erfolgs weniger Platten verkauften. Slade hat inzwischen nur noch den Ruf einer Oldie-Band. Die Rocker haben es verpasst, eine führende Rolle einzunehmen – vermutlich aufgrund eines ungeschickten Managements.
Leuchttürme haben also mehr Einfluss und Macht als ihre Mitbewerber. Sie werden automatisch als erfolgreicher wahrgenommen, obwohl dies vielleicht gar nicht zutrifft.
Manche stolpern eher unfreiwillig in die Rolle des Leuchtturms. Beispiele für unfreiwillige Leuchttürme sind etwa Blogger, die sich einer plötzlich entwickelnden Bekanntheit erfreuen. Schlagartig sind sie und ihre Themen in aller Munde. Doch: Wenn sie dann jedoch nicht weiterhin Content liefern, ist es schnell wieder vorbei mit der Bekanntheit. Sie verglühen am Himmel wie eine Sternschnuppe. Beharrlichkeit ist also die Voraussetzung dafür, den Leuchtturmstatus dauerhaft zu halten.
Wenn ein Leuchtturm die Erwartungen der Öffentlichkeit nicht erfüllt, wird er in der Regel angegriffen. Auch deshalb ist es anstrengend, ein Leuchtturm zu bleiben. Wer diesen Status behalten möchte, muss unaufhörlich daran arbeiten.

Unternehmen als Leuchttürme

Was passiert, wenn ein Unternehmen der Leuchtturm ist? Dann hat es einen riesengroßen Vorteil, denn nun kommen die Kunden von ganz alleine zu ihm – und kaufen!
Die erste Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg ist also, dass ein Unternehmen als Leuchtturm sichtbar ist. Wenn es seinen Ruf als Experte für eine bestimmte Marktnische zementiert hat, dann ist es leicht auffindbar. Der Ruf wird schrittweise aufgebaut, indem ein bestimmtes Profil herausgestellt wird, das zur Persönlichkeit des Unternehmers passt. Dabei ist es wichtig zu kontrollieren, welche Informationen über den Leuchtturm preisgegeben werden, um das Profil gezielt zu formen. Streuverluste bei der Kommunikation sind kontraproduktiv und dürfen deshalb nicht riskiert werden. Alle Kommunkationsmaßnahmen konzentrieren sich vielmehr darauf, das Profil des Leuchtturm-Unternehmens nach außen darzustellen.
Über welche Kanäle das Unternehmen kommuniziert, ist dabei völlig nebensächlich. Denn der Leuchtturm ist immer sichtbar, egal aus welcher Perspektive. Ein Leuchtturm, auf den das nicht zutrifft, verschwendet sein Potential oder will absichtlich von einem bestimmten Segment der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. Das wiederum würde sein Ziel torpedieren. Denn Voraussetzung für gelungenes PreSales Marketing ist, als Leuchtturm wahrgenommen zu werden.
Wenn alle Schritte des PreSales Marketing beherzigt werden, stellt sich der Geschäftserfolg automatisch ein. Das ist, als würde man Wasser in einen Trichter gießen. Das Glas füllt sich, wenn jemand oben Wasser in den Trichter gibt. Genauso wird sich Ihre Kundenkartei füllen, wenn Sie die Maßnahmen des Pre-Sales-Trichters anwenden.
Ein Beispiel für den automatischen Erfolg von Leuchtturm-Unternehmen bildet der Dauererfolg des Buches „Simplify your life” von Werner Tiki Küstenmacher und Lothar Seiwert. Das Buch liegt zurzeit in der 15. Auflage vor. Es wurden über zwei Millionen Exemplare in 20 Sprachen verkauft. Außerdem haben die Autoren zahlreiche Merchandising-Artikel zu dem Buch auf den Markt gebracht, wie etwa Kalender oder Hörbücher. Für das Thema “Vereinfachen” werden die beiden nun ganz klar als Leuchttürme wahrgenommen. Wenn sie als nächstes ein Buch etwa über Tiere in Australien geschrieben hätten, wäre das ein kapitaler Fehler gewesen. Aber die Leuchtturm-Autoren haben auch weiterhin alles richtig gemacht: Ihr neues Buch heißt „Simplify your time. Einfach Zeit haben“. Auch dieses Buch ist gleich nach Erscheinen zum Bestseller geworden – und zwar auf Grund der Tatsache, dass die Autoren bereits so bekannt waren.
Der gleiche Mechanismus steht auch hinter dem Dauererfolg von Musikern wie Shakira, Madonna oder Robbie Williams. Ihre Fans, die ungeduldig auf die neue CD warten, geben so viele Vorbestellungen auf, dass diese schon kurz nach Erscheinen auf die Nummer Eins klettert. Unentschiedene Käufer schauen dann auf die Charts und greifen in der Regel auch zum neuen Robbie Williams. Er steht ja ganz oben im Top – also muss er gut sein. Und wenn der Stein einmal rollt, ist er kaum noch zu stoppen. Denn jeder orientiert sich an den meistverkauften Titeln. Deshalb bleiben diese Hits oftmals monatelang an der Spitze der Charts.
Einen solchen Kreislauf des Erfolgs kann jeder herbeiführen, wenn er die Regeln des PreSales Marketing verfolgt und sich und sein Unternehmen zum Leuchtturm macht. Der Leuchtturm-Unternehmer weiß genau, was er tun und was er lieber unterlassen soll, um seiner Rolle gerecht zu werden: immer mit dem Ziel im Blick, Kunden wie ein Magnet anzuziehen. Automatisch und ohne viel Mühe aufzuwenden.

Zwei Seiten einer Medaille

Warum Bekanntheit ohne Persönlichkeit auf Dauer nicht möglich ist

„Was denken die anderen über mich?“ ist eine häufig mit Sorge gestellte Frage. Auch Unternehmen sollten sich regelmäßig fragen: „Wie wirkt mein Unternehmen auf andere?“ Denn nicht nur Menschen, auch Unternehmen besitzen eine Persönlichkeit. Die Persönlichkeit eines Menschen entsteht aus der Summe seiner Erfahrungen, seiner Charaktereigenschaften und seiner Fähigkeiten. Ein Unternehmen besitzt all dies nicht? Doch!
Die Persönlichkeit eines Menschen oder eines Unternehmens bildet die Grundlage für dessen Image in der Öffentlichkeit. Das Image ist das Abbild, das eine Persönlichkeit in den Köpfen anderer erzeugt. Heute müssen wir uns nicht damit zu begnügen, ein mehr oder weniger zufälliges Image zu tragen. Wir können dieses selbst erzeugen und beeinflussen. Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, tun gut daran, ihr Image – den Eindruck, den ihre Persönlichkeit in der Öffentlichkeit hinterlässt – sorgfältig zu kontrollieren und sogar im positiven Sinne zu manipulieren. Es reicht nicht aus, als Marke bekannt zu sein. Denn Bekanntheit setzt voraus, eine Persönlichkeit zu besitzen und diese auch sichtbar zu machen. Dafür ist es notwendig, auch Persönliches preiszugeben.

Das menschliche Gesicht der Unternehmen

Microsoft hat lange Zeit darauf verzichtet, in Fernsehspots präsent zu sein. Heute hat auch das weltumspannende Softwarehaus begriffen, wie wichtig es ist, Gesicht zu zeigen. In einem You-Tube-Video erklärt Microsoft-Chef Steve Ballmer „I love this company“. Er springt auf der Bühne hin und her und schreit seine Begeisterung über sein Unternehmen heraus. Für alle, die sich fragen, was das soll: Das Video wurde mehr als drei Millionen mal angeschaut.
Ebenfalls erfolgreich war ein Spot von BMW, in dem der Designchef selbst erklärt, warum er die Linienführung des neuen Modells in dieser Weise gestaltet hat. Ein solcher Spot ist für jeden Autoliebhaber interessant. Und der Kunde fühlt sich ernstgenommen: Der Chefdesigner persönlich richtet sich an ihn. Deshalb ist ein solcher Spot deutlich wirkungsvoller als Werbung, die einfach nur behauptet, das neue Modell sehe gut aus.
Weniger glücklich war hingegen der Versuch des Internet-Providers 1&1, dessen Leiter Kundenzufriedenheit Marcell D’Avis in einem Werbespot verspricht, persönlich den Internet-Zugang bei einem Kunden zu regeln. Inzwischen kursiert das Video in mehreren veralberten Formen im Internet. Kein Wunder: Der Auftritt von D’Avis ist einfach unglaubwürdig. Statt unhaltbare Versprechen abzugeben, wäre er deutlich erfolgreicher gewesen, hätte er seinem Unternehmen ein menschliches Gesicht geben. Etwa indem er 20 Mitarbeiter des Call Centers persönlich vorgestellt hätte. Eine solche Maßnahme würde ein Unternehmen wie 1&1 greifbarer machen.
Wenn es um das menschliche Gesicht von Unternehmen geht, gilt folgende Faustregel: Die Persönlichkeit eines Unternehmens und sein Image sollten möglichst zusammenfallen. Bei BMW etwa stimmen Image und Persönlichkeit überein: Die Marke steht für den Slogan „Freude am Fahren“. Die Telekom hingegen hat bei vielen Kunden das Image eines Saftladens erworben, bei dem die eine Hand nicht weiß, was die andere tun. Das ist sicher nicht im Sinne des Unternehmens.
Fallen Image und Persönlichkeit zusammen, stellt sich als nächstes die Frage: Wie lassen sich diese nach außen kommunizieren? Wichtig ist auch hier, authentisch zu bleiben. Bei McDonalds zum Beispiel gibt es keine festgelegte Anrede, die die Mitarbeiter auswendig lernen. Vielmehr werden diese angehalten, spontan zu reagieren. Der Grund erschließt sich von allein: Menschen wollen mit Menschen kommunizieren, nicht mit gedrillten Automaten oder mit Institutionen.
Auch eine Anfrage an die Service-Hotline sollte nicht mit einem anonymen Textbaustein beantwortet werden, sondern mit der personalisierten Mail eines bestimmten Mitarbeiters der Servicestelle. Denn auch online möchte der Kunde mit einem Menschen im Gespräch sein, der zumindest in Konturen als solcher erkennbar ist. Der menschliche Faktor muss nicht in jedem Fall in Form einer bestimmten Person erkennbar sein, doch sollten die Sprache und die Aktion spüren lassen, dass ein Mensch hinter der Online-Kommunikation steht. Schon mit solchen kleinen Gesten können Unternehmen ein menschliches Gesicht zeigen.

Persönlichkeit ist gefragt

Bekannt sein ohne Persönlichkeit zu zeigen, ist heute nicht mehr möglich. Ein öffentliches Image funktioniert nur, wenn eine greifbare Persönlichkeit dahinter erkennbar ist. Als Robert Nabenhauer versuche ich immer, so authentisch wie möglich aufzutreten. Ich bin der Sohn eines Handwerkers und habe nie studiert, und ich versuche nicht, meine Herkunft zu verschleiern. Im Gegenteil: Ich stehe für Grundwerte wie das ehrliche Handwerk. So tickt auch meine Firma, und sie muss sich nicht verstecken.
Doch auch in Sachen Persönlichkeit ist Augenmaß gefragt. Intime Dinge preiszugeben ist weder erforderlich noch gern gesehen. So interessiert es niemanden, ob der Mitarbeiter eines Kaufhauses in einer Beziehung lebt oder wie diese gestaltet ist. Auch wenn man einen Geschäftskollegen duzt, heißt das nicht, dass man mit ihm bestens befreundet ist. Nur ein bestimmter Teil der eigenen Persönlichkeit eignet sich dazu, öffentlich gemacht zu werden. Welche Aspekte dies sind, hängt von der Branche und der Tätigkeit ab. Ein Banker würde bei XING nicht unbedingt seine kulinarischen Vorlieben einstellen – ein Koch hingegen schon.
Weil Persönlichkeit heute wichtig ist, kann man sich kein beliebiges Image zulegen. Wer das versucht, wird scheitern. Denn Image und Persönlichkeit müssen zusammen passen. Dieter Bohlen etwa macht unter anderem Werbung für Würstchen. So sehr die Wurstfirma ihre Hoffnung in den Promi setzen mag: Deutsche Würstchen passen einfach nicht zu Bohlens Image. Vom braun gebrannten Bohlen mit Villa auf Mallorca erwartet man eher, dass er Hummer speist – oder Paella. Und weil Bohlen nicht authentisch wirkt, ist die Werbung wirkungslos.
Die Menschen haben ein sehr genaues Gespür dafür entwickelt, was ehrlich gemeint ist und was nicht. Und sie haben es satt, etwas vorgespielt zu bekommen. Gerade in Zeiten, in denen auch unliebsame Wahrheiten durch Blogs und Foren verbreitet werden, können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, ein Image vor sich her zu tragen, dass nicht mit der Realität übereinstimmt.
Jeder weiß zum Beispiel, dass das Essen bei McDonalds nicht gesundheitsfördernd ist. Daher wäre es Unsinn, wenn der Fast Food-Anbieter mit Gesundheitswochen werben würde. Die Menschen würden den inneren Widerspruch vielleicht nicht bewusst, aber auf jeden Fall unterschwellig wahrnehmen. Viel ehrlicher und authentischer wäre eine Kampagne, die geradeaus die Botschaft rüberbringt: „Das Essen bei McDonalds ist nicht gesund, aber es schmeckt.“
Auch ein Haarwuchsmittel im oberen Preisbereich sollte offen damit umgehen, dass es teuer ist: „Unser Mittel ist zwar teuer, aber extrem wirksam“ – das wäre die richtige Herangehensweise. Da Haarwuchsmittel den Ruf haben, nicht viel zu bringen, würde das Versprechen, ein wirksames Mittel zu verkaufen, den hohen Preis rechtfertigen.

Ehrlich währt am längsten

Die Persönlichkeit eines Unternehmens lässt sich den Kunden mit einfachen Mitteln nahebringen. Ich selbst sende mit jeder meiner Mails ein Foto von mir mit. So kann sich der Empfänger im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von seinem Ansprechpartner machen. Auf der Unternehmens-Homepage sind ebenfalls alle meine Mitarbeiter zu sehen – vom Geschäftsführer bis hin zur studentischen Hilfskraft. Natürlich zwingt mich niemand, die Positionen öffentlich zu machen. Aber ich mache sie öffentlich und widerstehe dabei der Versuchung, die studentischen Hilfskräfte als festangestellte Mitarbeiter vorzustellen. Denn ich will nicht vortäuschen, dass mein Unternehmen größer ist, als es ist.
Außerdem ist mein Lebenslauf auf der Webseite zu finden. Denn bei jedem meiner potentiellen Kunden bewerbe ich mich praktisch um einen Auftrag. Und ich finde, dass jeder Kunde das gute Recht hat, zu wissen, mit wem er Geschäfte macht.
Meiner Erfahrung nach kommt eine authentische Persönlichkeit immer positiv rüber. Wer zum Beispiel Dialekt spricht, sollte nicht versuchen, krampfhaft Hochdeutsch zu formulieren. Sich zu verstellen, nützt in der Regel gar nichts. Der regionale Einschlag wird früher oder später trotzdem durchschimmern. Vielmehr sollte er die Möglichkeit nutzen, mit seinem Dialekt authentisch zu wirken.
Gleiches gilt für Kleidung und Auftritt. Natürlich tritt man im Geschäftsleben mit Anzug und Krawatte auf. Und ja, es ist selbstverständlich, den Dresscode einzuhalten. Doch dazu müssen nicht die goldenen Manschettenknöpfe oder die dicke Rolex gehören, wenn diese nicht zur eigenen Persönlichkeit passen. Innerhalb des Dresscodes gibt es meistens genügend Spielraum, die eigene Individualität auszudrücken. Wichtig ist dabei nur, die positiven Elemente der Persönlichkeit hervorzuheben. Denn daraus bildet sich das Image im Kopf des Kunden.
Bei aller Ehrlichkeit ist es also wichtig, die Kontrolle über den Prozess der Imagebildung zu behalten. Gut kontrollierbar sind die Aspekte der Persönlichkeit, die nach außen getragen werden. Diese zeigt sich zum Beispiel im Sprachstil und in der Tonalität der Mails, die man versendet. Hier besteht allerdings ein Graubereich. Der Absender kann nicht vollkommen beeinflussen, wie seine Botschaft beim Empfänger ankommt. Gerade Mailtexte werden von Kunden manchmal falsch verstanden. Seriös und angemessen ist es, auf ein solches Missverständnis ehrlich und authentisch zu reagieren. Es genügt ein Hinweis wie: „Tut mir leid, dass da etwas falsch rübergekommen ist. Danke für den Hinweis, andere Kunden haben das vielleicht auch falsch interpretiert. Ich werde dies klarstellen.“

Das Gesicht nach außen

Für Unternehmen wird es zunehmend wichtiger, ein positives Image auszustrahlen. Denn das Image wird heute viel bewusster wahrgenommen: Im Internet können die Kunden ihre Eindrücke über ein bestimmtes Unternehmen austauschen – im Positiven wie im Negativen.
Außerdem sind die Märkte gesättigt. Früher hatte der Kunde bei Erfrischungsgetränken die Wahl zwischen Cola, Pepsi und Sinalco. Heute werben eine Menge mehr Marken um seine Aufmerksamkeit. Je geringer die objektiven Unterschiede zwischen den Produkten sind, desto mehr Bedeutung bekommen die subjektiven, also das Lebensgefühl, mit dem die Produkte aufgeladen sind.
Inzwischen hat die Bedeutung des Images sogar noch weiter zugenommen: Kunden möchten mit Menschen zusammenarbeiten, die auf ihrer Wellenlänge liegen. Sie werden immer sensibler und stellen angesichts des riesigen Angebots immer höhere Ansprüche. Statt Cola oder Pepsi werden sie vielleicht Bionade bestellen, wenn sie sich als Vertreter eines nachhaltigen Lebensstils einschätzen. Der Geschmack spielt dabei eine untergeordnete Rolle, es geht um das Lebensgefühl, das das Getränk vermittelt.
Emotionen spielen eine große Rolle, vor allem aber der Wunsch, in einer weitgehend technisierten Welt als Mensch wahrgenommen zu werden. Die Kunden möchten einem Ansprechpartner in die Augen sehen, und nicht von einer seelenlosen Maschine abgefertigt werden.
Jemand, der sagt: „Ich bin schon seit 30 Jahren Kunde bei Ihnen“, möchte ein Lob für seine Markentreue hören. Er erwartet eine Antwort im Stil von: „Das ist ja großartig, dass Sie schon so lange zu uns kommen.“ Diese Antwort gibt ihm die Gewissheit, dass er nicht nur als ein Kunde unter vielen, sondern als ein ganz besonders treuer Stammkunde behandelt wird. Er möchte also nicht nur das Unternehmen als Persönlichkeit auffassen, sondern auch selbst als Persönlichkeit wahrgenommen werden.
Sogar im Gasthof sind die Gäste anspruchsvoller geworden. Sie sind gut informiert und lassen sich nicht mehr abfertigen mit Sprüchen wie „Draußen nur Kännchen“. Heute gehören Cappuccino, Espresso, Latte Macchiato etc. neben dem normalen Kaffe zu einem ordentlichen Angebot einfach dazu – egal ob drinnen oder auf der Terrasse.
Erfolgreiche Firmen beherzigen diese Wünsche. Und sie machen sich diese Haltung bewusst zunutze. Denn sie wissen: Wenn sie die richtige Ausstrahlung haben, werden Kunden gerne bei ihnen einkaufen. Der Kunde wählt die Unternehmen aus, bei denen er sich verstanden fühlt.

Vielen persönlich bekannt oder persönlich Vielen bekannt?

Warum Leuchtturm-Unternehmen mit ihren Kunden im Dialog stehen

Was ist erfolgversprechender: Wenn ein Lehrer vor der versammelten Elternschaft über die Unarten seiner Klasse klagt oder wenn er mit jedem Elternpaar die Besonderheiten des jeweiligen Schülers bespricht? Vermutlich die zweite Variante. Denn Einzelgespräche sind persönlich und können persönlich geführt werden. Das gleiche gilt für die Wirtschaft: Unternehmen erfahren viel mehr über die Ansprüche und Erwartungen ihrer Kunden, wenn sie mit ihnen in Dialog treten. Dank des Internets ist es ein Kinderspiel geworden, die Kunden direkt anzusprechen. Deshalb nutzen immer mehr Unternehmen die neuen technischen Möglichkeiten.
Kommunikation ist heute keine Einbahnstraße mehr. Sie funktioniert nach anderen Regeln als noch vor ein paar Jahren. Werbliche Kommunikation war früher nach dem Muster „one-to-many“ gestrickt: Ein Unternehmen verkündete seine Werbebotschaft und viele lauschten. Doch dieses Modell ist längst überholt. Viel verbreiteter ist heute die „eins-zu-eins“-Kommunikation, das heißt, dass ein Unternehmen direkt zu seinen jeweiligen Kunden spricht.
Soziale Netzwerke bieten eine ideale Plattform sowohl für „one-to-many“- als auch für „one-to-one“-Kontakte. Wenn ein Moderator eine Mitteilung an eine Gruppe von Abonnenten, an seine Follower, Fans oder Freunde sendet, dann entsteht eine „one-to-many“-Situation. Wenn aber ein Empfänger der Nachricht dem Moderator direkt antwortet oder von sich aus Kontakt zu ihm aufnimmt, kommuniziert er nach dem Muster „one-to-one“. Denn der Kontakt ist direkt, individuell und persönlich. Diese Sprünge, die in den sozialen Netzwerke möglich sind, zeigen: In Wirklichkeit sind die beiden Kommunikationsformen nicht so scharf voneinender getrennt. Sie existieren nicht nebeneinander, sondern gehen fließend ineinander über.
Auch auf Blogs finden sich Mischformen der beiden Kommunikationsarten. Wenn ein Blogger auf den Kommentar eines Lesers antwortet, richtet er sich zwar persönlich an diesen einen Leser, aber seine Antwort ist auch für alle anderen Blog-User sichtbar. Die „one-to-one“-Kommunikation ist also gleichzeitig eine „one-to-many“-Kommunikation. Ähnliches gilt für die Internet-Foren. Ein Forumsmitglied stellt eine Frage, auf die andere antworten – jeder kann den Dialog verfolgen und seinerseits kommentieren.

Eine anonyme Gemeinschaft von Nickname-Trägern

Ob auf Facebook, bei Twitter oder auf Internet-Foren: Überall dort, wo eine „one-to-many“-Kommunikation möglich ist, wollen manche ihre Identität bedeckt halten. Deshalb laufen etwa die Dialoge auf den Foren weder anonym noch personalisiert ab, sondern in der Regel in einer dritten Form: per Nickname. Jedes Forumsmitglied wählt sich einen fiktiven Namen, unter dem er im Forum bekannt sein möchte. Unter jungen Internet-Usern ist dies eine völlig normale und akzeptierte Umgangsform, während ältere Leute auch im Internet eher unter ihrem bürgerlichen Namen auftreten.
Selbst die Kommunikation per Mail bietet die Möglichkeit, anonym zu bleiben. Denn meine Mail muss nicht immer Vorname-Nachname@provider lauten, sie kann auch Userxyz@provider heißen.
Damit stellt sich auch für Unternehmen die Frage: Welche Form der Kommunikation wollen wir mit unseren Kunden pflegen?

Die meisten Unternehmen streben heute danach, zu jedem einzelnen Kunden den direkten Kontakt herzustellen. Daher steht sogar auf jedem Joghurt-Becher eine Telefonnummer, die der Kunde bei Wünschen oder Beschwerden anrufen kann. Durch Umfragen wird versucht, persönlich mit dem Kunden in Kontakt zu treten. Waren Umfragen in der Regel früher anonym, wird der Kunde heute immer um die Angabe seiner Kontaktdaten gebeten. Oder es werden Preise verlost, um unter diesem Vorwand die Adressdaten der Kunden zu erhalten und diese dann direkt anzusprechen.
Doch die „one-to-one“-Kommunikation ist nicht der einzige Weg, einen guten Draht zum Kunden aufzubauen. Eine große Chance, Kundenzufriedenheit zu erzeugen, liegt darin, auf die Fragen der Kunden öffentlich zu antworten. Einige Unternehmen unterhalten daher eigene Foren oder veröffentlichen zumindest häufig Informationen auf einer FAQ-Seite.
Sogar Krankenhäuser wählen diesen Weg, da sie immer häufiger mit Mitbewerbern um Patienten konkurrieren. So bietet etwa eine auf Tinnitus-Behandlung spezialisierte Klinik den Patienten ein online-Forum, das von den Ärzten der Klinik moderiert wird. Den Patienten wird damit ein Raum geboten, in dem sie ihre Erfahrungen austauschen können.
Auch Anbieter von Software oder Host-Provider richten häufig Foren ein. In diesen Foren geben die Kunden ihre Erfahrungen weiter, zum Beispiel, wie eine Software auf einem seltenen Betriebssystem wie Linux läuft. So helfen sich die Kunden untereinander. Auf diese Weise profitiert nicht nur derjenige, der die Frage gestellt hat, sondern auch andere Kunden.
In diesem Fall ist die „one-to-many“-Kommunikation im Forum der „one-to-one“-Kommunikation deutlich überlegen: Denn wenn die Fragen in Mails oder bei einem Telefonat beantwortet würden, hätten andere Kunden nichts davon. Ein solcher Service ist einfach zu realisieren – und trägt unweigerlich zu einem positiven Markenbild bei. Die Kunden fühlen sich ernst genommen und verstanden, denn das Unternehmen geht auf ihre Fragen ein. Zudem bleibt die Möglichkeit bestehen, zum Hörer zu greifen und das Unternehmen anzurufen.
Mit der Kommunikation über Foren signalisiert ein Unternehmen, dass es sich für seine Kunden interessiert. Diese spüren das und so entsteht eine ganz neue Qualität der Beziehung.

Aus Fehlern lernen

Im Internet spricht sich alles schnell herum. Auch Kritik an einem Produkt oder Unternehmen. Die User twittern, wenn sie sich über etwas ärgern, sie schreiben negative Erfahrungsberichte und geben schlechte Bewertungen ab. Früher musste ein unzufriedener Kunde seinen Ärger über ein Produkt oder ein Unternehmen herunterschlucken. Allenfalls erzählte er seinen Bekannten davon. Wer so weit ging, dass er sich bei einem Hersteller direkt beschwerte, musste sich allzu oft für seine Kritik rechtfertigen. Doch damit ist Schluss. Denn heute kann der unzufriedene Kunde übers Internet in alle Welt herausposaunen, was ihn an welchem Produkt genau stört.
Das mag zunächst erschreckend klingen. Für die Unternehmen liegt darin aber eine große Chance. Denn der Ärger eines Kunden ist eine Art Hilferuf: Der Kunde beschwert sich und will ernst genommen werden! Und das Unternehmen kann sich glücklich schätzen: Aus der Kritik des Kunden kann es lernen, was es künftig zu verbessern gilt.
Früher stimmten die Kunden mit den Füßen ab: Sie kauften einfach woanders. Das Unternehmen erfuhr nichts davon, außer, dass eventuell die Verkaufszahlen sanken. Heute haben die Unternehmen die Chance, die Gründe für die

Unzufriedenheit ihrer Kunden zu erfahren. Sie müssen nur lernen, mit der Kritik richtig umzugehen.
Ein Unternehmen, das sich auf die Kommunikation mit seinen Kunden einlässt, sollte gut vorbereitet sein. Wer die Gepflogenheiten der Neuen Medien nicht kennt, verursacht schnell ein Kommunikations-Desaster. Die Deutsche Bahn etwa landete einen Fehlstart mit ihrem Facebook-Auftritt. Statt Fans zu gewinnen, erntete sie eine Menge negativer Kommentare. Die Facebook-User ließen ihrem Ärger über unpünktliche Züge und den geplanten Bahnhofsumbau in Stuttgart freien Lauf. Wie reagierte die Deutsche Bahn? Gar nicht. Nach neun Stunden Facebook-Mitgliedschaft hatte die Bahn insgesamt 37 Posts, von denen sie nur sechs selbst geschrieben hatte. Dabei hatte sie nur ein einziges Mal auf den Post eines Users geantwortet. In Blogger-Kreisen machte sich das Unternehmen damit völlig lächerlich, denn die Gepflogenheiten im Internet erfordern eine dauernde Präsenz und zeitnahes Antworten.
Das Beispiel Deutsche Bahn zeigt: Unternehmen können sich nicht mehr leisten, Fehler einfach auszusitzen, zu vertuschen oder die Kritik der Kunden zu ignorieren. Denn mit dem Internet haben diese ein mächtiges Werkzeug an der Hand, mit dem sie ihre Meinung auf der ganzen Welt verbreiten können. Deshalb reagieren Unternehmen inzwischen durchaus sensibel auf die Kritik ihrer Kunden.
Als bei einem bestimmten Toyota-Modell in den USA die Fußmatte unter das Gaspedal geraten konnte, worauf das Gaspedal verklemmte, reagierte der Autohersteller mit einer weltweiten Rückrufaktion. Weiterhin wurden acht Millionen Autos auf dem ganzen Globus auf Kosten Toyotas in Werkstätten untersucht.

Der gute Ruf im Internet

Nicht nur Kritik, auch Lob spricht sich im Internet schnell herum. Darin liegt eine noch größere Chance für Unternehmen: Wer in einem sozialen Netzwerk empfohlen wird, hat in Sachen Glaubwürdigkeit schon gepunktet.
Wem würden Sie eher vertrauen: einem Werbespot oder der Empfehlung eines Bekannten aus dem gemeinsamen sozialen Netzwerk im Internet? Die Empfehlungen von Bekannten sind meist die, denen man eher glaubt. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, in den Netzwerken präsent zu sein und viele Bekannte zu gewinnen.
Für jedes Fachgebiet gibt es inzwischen spezialisierte Internet-Foren. Die User, die häufig in einem Forum aktiv sind, können sich gegenseitig ziemlich gut einschätzen, da die Art der Postings einiges über die Absender verrät. Dadurch gewinnen die Informationen in den Foren einen noch höheren Wert: Selbst wenn die User sich nicht persönlich kennen, können sie doch einschätzen, wem zu vertrauen ist. Wenn ein User, der immer zuverlässige Informationen sendet, nun den Namen Ihres Unternehmens positiv bewertet und Ihre Produkte empfiehlt, hat das einen höheren Wert als eine Anzeige, die einfach überblättert wird.
Auch in den Neuen Medien gelten die Regeln der Etikette. Dazu gehört, die Kunden zu beachten und ernst zu nehmen. Keine Resonanz zu bekommen ist unangenehm – und jeder hasst diese Situation. Daher sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dem anderen zuzuhören. Doch gerade bei der Online-Kommunikation wird diese simple Regel häufig missachtet.
Für Unternehmen bedeutet Zuhören: die eigene Zielgruppe im Internet kennenzulernen. Wie verhalten sich die potentiellen Kunden dort? In welchem Stil kommunizieren sie miteinander? Welche Fragen und Probleme bewegen sie? Ein Unternehmen, das seine Kunden kennt, wird erfolgreicher sein als der ignorante Mitbewerber, denn eskann seine Kommunikation an die Wünsche der Kunden anpassen. Pflegen die Kunden einen eher lässigen Stil, kann das Unternehmen sich auch in diesem Ton an sie wenden.
Ein Unternehmen muss nicht mühsam das gesamte Internet nach Kunden durchforsten. Vielmehr kann es mit Hilfe der Neuen Medien selbst die Plattformen schaffen, auf der es mit seinen Kunden kommuniziert. So ist es relativ einfach, auf XING eine Gruppe zu einem Thema einzurichten, das zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört. Für mein Verpackungsunternehmen habe ich beispielsweise die XING-Gruppe „Folienverpackungen“ geschaffen. Diese moderiere ich und daher kenne ich meine Kunden.
Wer für seinen Teil der Wirtschaft kein Forum findet, tut gut daran, eines zu gründen. Als Betreiber eines Forums profiliert er sich wiederum und steigert seine Bekanntheit.
Allerdings gibt es Ausnahmen. Unternehmen, die ein Produkt vertreiben, das besonders tabuisiert oder exklusiv ist, sollten sich nicht auf die „one-to-many“-Kommunkation per Plattform verlassen. Hier ist vielmehr das „one-to-one“-Gespräch angesagt. Denn niemand möchte öffentlich etwa über Kondome diskutieren. Auch der Maybach-Fahrer möchte anonym bleiben. Denn als Nutzer eines elitären Produkts möchte er keinen Neid zu erzeugen, indem er die Aufmerksamkeit der Massen erregt. Außerdem hält er sich ohnehin für so wichtig, dass er eine individuelle Kommunikation erwartet. Daher sollte er vom Unternehmen unter allen Umständen persönlich angesprochen werden.
In der Wirtschaft ist es also wie beim Elternsprechtag: Manches sollte am besten für alle geklärt werden. Anderes wiederum gehört nicht an die Öffentlichkeit. Die Eltern des Klassenclowns wollen nicht vor den anderen Eltern ermahnt werden, ihren Nachwuchs besser unter Kontrolle zu bekommen. Aber wann die Zeugnisse ausgegeben werden, sollten alle erfahren dürfen.

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